Emsgrab. Wolfgang Santjer

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Emsgrab - Wolfgang Santjer

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brauchten jeweils lange, um sich wieder aufeinander einzustellen. Die lange Abwesenheit von zu Hause war Henk ihm immer schwerer gefallen, und die Entwicklung der beiden Kinder hatte er die meiste Zeit versäumt. Deshalb war er froh, dass er nun diesen Job an Bord des Baggers hatte. Jetzt war er wenigstens alle sieben Tage zu Hause.

      Henk de Olde machte den Saugbagger zum Ablegen bereit. Die Besatzung hatte die Festmacher gelöst und Henk steuerte zunächst ins Fahrwasser und nahm Kurs auf die Weekeborger Bucht. Eine Strecke von neun Kilometern auf der Ems. Die Bucht lag etwa drei Kilometer hinter der Jann-Berghaus-Brücke.

      Nach etwa einer Viertelstunde rief Henk über UKW-Funk die Brückenbesatzung. »Leer Bridge für Bagger Arne Monsing in Bergfahrt – kommen!« Die Durchfahrtshöhe der Brücke reichte für den Bagger nicht aus, deswegen musste die Klappe geöffnet werden.

      Brückenwärter Andreas Schröder meldete sich: »Leer Bridge hört.«

      »Ich bin in zehn Minuten bei euch und benötige eine Öffnung.«

      »Okay, kommt man ran.«

      Henk de Olde hielt seinen Bagger auf Abstand zur Brücke. Sollte ein technisches Problem beim Öffnen entstehen, hatte er genug Platz, um ein Wendemanöver einzuleiten.

      Vor einigen Jahren hatten sie beobachtet, wie der Kapitän eines Seeschiffes zu dicht an die Brücke gefahren war. Aufgrund eines technischen Defektes hatte sich die Brücke nicht sofort öffnen lassen. Durch den starken Flutstrom war das Seeschiff aus dem Ruder gelaufen. Irgendwie war es dem Kapitän gelungen, sein Schiff zwischen den Leitdalben der Brücke zu drehen. In diesem Moment hatte sie sich endlich gehoben, und das Schiff war rückwärts durch die Brücke gefahren.

      Der Bagger hatte sich damals hinter dem Seeschiff befunden und hatte als zweites Fahrzeug die Brücke passieren sollen. Der Baggerbesatzung hatten die Haare zu Berge gestanden, als sie die verzweifelten Manöver der Seeschiffsführung beobachtet hatten. Damals war es fast zu einer folgeschweren Kollision mit dem Klappteil gekommen.

      Die Brücke wurde deswegen immer sehr frühzeitig geöffnet. Die etwas längere Öffnungszeit war für die Autofahrer sicher besser zu ertragen als ein monatelanger Totalausfall der Brücke.

      Henk de Olde saß auf seinem Steuerstuhl und beobachtete, wie die Autos vor den Schranken hielten. Die Klappe hob sich und die grünen Signallampen gaben schließlich die Durchfahrt frei. Langsam manövrierte er den Bagger durch die Brücke.

      »Danke für die Öffnung. Bis zum nächsten Mal.«

      Nach den Jahren kannte man sich und hörte schon an der Stimme, wer auf der anderen Seite des Funkgerätes war. »Kein Problem, Henk«, kam es von der Brücke zurück. »Gute Fahrt.«

      Henk hatte in der kostenlosen Sonntagszeitung gelesen, dass sich Autofahrer über die ständigen Öffnungen der Brücke aufregten. Verständnis hatte er für diese Leute nicht. Die Schranken der alten Jann-Berghaus-Brücke hatten damals aufgrund der niedrigeren Durchfahrtshöhe öfter geschlossen werden müssen. Henk konnte sich noch gut an den umständlichen Öffnungs-Mechanismus der alten Brücke erinnern. Auch die reine Öffnungszeit war durch die neue Brücke verkürzt worden.

      Als sich vor etwa zehn Jahren ein Pfeiler der alten Brücke gefährlich zur Seite geneigt hatte, hatte man die Gelegenheit ergriffen und gleich eine ganz neue Brücke gebaut. Dass man damit auch eine größere Brückenöffnung erreicht hatte, störte die Verantwortlichen der Cruise Liner Werft ganz bestimmt nicht – jetzt konnten noch mächtigere Kreuzfahrtschiffe gebaut werden …

      Diesen letzten Gedanken behielt er besser für sich. Nicht zuletzt sein Job hing von der Werft ab.

      Das Ruderhaus des Baggers wurde hydraulisch hochgefahren. Nun hatte Henk von hier oben einen wunderbaren Ausblick über die Flusslandschaft und beobachtete den Nebel, der langsam über den Feldern aufstieg.

      An der neuen Einsatzstelle senkte Schiffsführer Henk de Olde das Saugrohr an der Backbordseite des Baggers auf den Flussgrund.

      Im Gegensatz zu den Baggern der älteren Generation, den sogenannten Eimerkettenbaggern, wurde bei den neuen der Flussgrund mit starken Düsen zunächst gelöst und gleichzeitig aufgesaugt. Abgesehen davon, dass damit auch Organismen vom Grund gelöst wurden, die den Sauerstoff im Wasser bis auf einen Rest verbrauchten, der für einen Fisch zum Überleben nicht ausreichte, gab es bei dieser Methode ein weiteres Problem: Ein erheblicher Anteil der gelösten Bestandteile konnte nicht aufgenommen werden, und dieser Schlick trieb dann für mehrere Wochen als Schwebstoff im Fluss. Diese Schwebstoffe setzen sich später im ruhigen Wasser ab.

      Diese Verschlickung führte in den Flusshäfen zu erheblichen Problemen: Die Wassertiefe nahm ständig ab und Schiffe liefen auf Grund. Die Hafenbetreiber versuchten nun, die dort abgesetzten Schlickbestandteile mit verschiedenen Methoden aufzuspülen und nach dem Sankt-Florians-Prinzip zurück in den Fluss zu pumpen. Das verstärkte die Probleme am Fluss erheblich, aber kurzsichtig dachte nur jede Verwaltung an die eigenen Interessen und trug dazu bei, dass sich ein graubraunes Leichentuch über den Fluss legte.

      Henk de Olde hatte keine Zeit für solche Gedanken, sein Bagger war für die andere Schifffahrt ein Hindernis im Fahrwasser. Der Baggerführer sprach die Begegnungen mit den anderen Fahrzeugen ab, um gefährliche Annäherungen zu vermeiden.

      Der aufgesaugte Flussboden füllte langsam den Laderaum, und nach einigen Stunden war es an der Zeit, den Einsatz zu beenden. Die Signale, die den Bagger als manövrierbehindert kennzeichneten, wurden eingeholt. Damit war er wieder ein ganz normales Fahrzeug und andere Verkehrsteilnehmer nicht mehr gezwungen, ihm auszuweichen.

      Das Saugrohr wurde hochgezogen und de Olde steuerte sein Fahrzeug in Richtung Löschstelle. Inzwischen war es dunkel und neblig geworden. Das grüne Licht des Radars und die Leuchten der Kontrollgeräte erzeugten eine gespenstische Stimmung im Ruderhaus. Jedes unnötige Licht wurde ausgeschaltet, um die Sicht nach außen nicht zu beeinträchtigen.

      Der Matrose Martin stand gelangweilt in der Ecke.

      Henk seufzte unwillkürlich auf. Erst neulich hatte er sich Martin zur Brust genommen. Hatte doch der Kerl während der Fahrt bei Dunkelheit die Innenbeleuchtung des Ruderhauses angemacht! Henk hatte draußen prompt nichts mehr gesehen, Blindflug sozusagen. Den Anschnauzer hatte Martin sich verdient.

      »Martin, spül das Deck und zwischendurch machst du den Ausguck. Sprechanlage ist eingeschaltet. Der Nebel wird immer dichter. Hörst du oder siehst du was: Meldung. Kapiert?«

      Martin öffnete die Ruderhaustür.

      »Halt, verdammt noch mal!«

      »Henk, ich hab den Lichtschalter nicht mal angerührt.«

      »Nee, das nicht – aber deine Rettungsweste hast du vergessen.« Henk verdrehte die Augen. Er sah, wie sich Martin die Rettungsweste umlegte und damit begann, das Deck zu säubern. Der Schlick musste regelmäßig abgespült werden.

      Für die erneute Passage der Brücke stellte Henk das Radargerät auf Nahbereich um. Der Nebel wurde immer dichter und die Wettervorhersage kündigte an, dass es noch schlimmer werden würde.

      Die erforderliche Brückenöffnung hatte Henk über den Schiffsfunk beim Brückenwärter Schröder schon angekündigt. Die grünen Signallichter für die freigegebene Brückenpassage waren im Nebel nur schwach zu sehen.

      2.

      Nördliches Rheiderland

      Er

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