Emsgrab. Wolfgang Santjer

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Emsgrab - Wolfgang Santjer

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Frau wurde nun ebenfalls wütend. Sie hatten sich schon oft gestritten, aber diesmal überschritt er eine Grenze, als er ihr ins Gesicht schlug.

      Diese eine Ohrfeige, deshalb musste man doch nicht gleich ausziehen …!

      Seine Frau hatte weinend ihren Koffer gepackt und sich ohne ein Wort des Abschied in den Mercedes gesetzt. Alle hatten sich gegen ihn verschworen und sich von ihm abgewandt. Nun war er allein und hatte zur Gesellschaft nur noch den Alkohol, die Joints aus dem holländischen Coffeeshop und seine Wut.

      Bevor sie hier eingezogen waren, hatte er alle Zeitungsausschnitte über die Ems gesammelt. Die Briefe, die er wütend an die Verantwortlichen gesandt hatte, waren unbeantwortet geblieben. Die darauf folgende Antriebslosigkeit und dann diese persönliche Katastrophe … Die folgenden Tage hatte er mit Selbstmitleid verbracht.

      Er hatte Rachepläne geschmiedet und sie wieder verworfen.

      Ja, er hatte auch mit dem Gedanken gespielt, sich zu vergiften oder aufzuhängen.

      Dann eines Abends kam die Wende, als er auf den Bildschirm des Fernsehers den Bericht über den schweren Unfall auf der Autobahn sah. Jugendliche hatten Steine von einer Brücke auf den fließenden Verkehr geworfen. Eine Frau war am Kopf getroffen worden und später an ihren schweren Verletzungen gestorben.

      Er sah sich in seiner dunklen Küche um. Selbstmord, nein – so einfach würde er es ihnen nicht machen. Neue Energie durchströmte ihn und er begann damit, die für ihn so wichtigen Zeitungsausschnitte und Briefe zu sortieren

      Dabei musste er immer wieder an den Steinewerfer denken und die Puzzelteile eines Plans setzten sich mühsam zusammen.

      Ja, so gefiel er sich schon besser! Brücken führten nicht nur über Straßen, sondern auch über Flüsse. Nebel wäre günstig, sonst würde man ihn erkennen. Und worauf sollte er die Steine werfen?

      Er hatte in seinen Unterlagen geblättert und einen Artikel über die zu häufigen Brückenöffnungen wegen der Baggerschiffe gefunden, den er aus der kostenlosen Sonntagszeitung ausgeschnitten hatte.

      3.

      Auf der Ems unter den Brücken

      Henk de Olde manövrierte seinen Bagger gerade durch die Öffnung der Straßenbrücke, als ein explosionsartiger Knall auf dem Dach des Ruderhauses ihn erstarren ließ.

      Ein zweiter Schlag zerstörte die vordere Scheibe. Ein Glasregen ging auf Henk nieder und er spürte einen Schlag an der Stirn. Obwohl sich in seinem Kopf die Gedanken und Befürchtungen nur so überschlugen, steuerte Henk instinktiv den Bagger sicher durch die Öffnung der Brücke.

      »Gott verdammich!« Maschinist Pieter ten Broek kam auf die Brücke gerannt, wo der Schiffsführer blutüberströmt auf dem Steuerstuhl saß und nach draußen in die Dunkelheit stierte. »Henk, was zum Teufel ist passiert? Haben wir die Brücke gerammt? Wo ist Martin?«

      Die Tür wurde aufgerissen, Martin schaltete die Ruderhausbeleuchtung ein und rief entsetzt: »Steine! Steine! Die haben Steine von der Brücke auf uns geworfen!«

      Henk fuhr auf. »Verdammt, wie oft habe ich dir gesagt, du sollst die Beleuchtung nachts nicht einschalten!«

      »Gott sei Dank, du lebst! Für einen Moment habe ich gedacht, du seist tot«, sagte Pieter ten Broek. Er starrte auf das blutverschmierte Gesicht seines Kollegen. »Martin, hol den Verbandskasten. – Henk, kannst du weiterfahren?«

      »Es geht schon.« De Olde befühlte seine blutige Stirn. »Die herausgebrochene Klarsichtscheibe hat mich zum Glück nur gestreift.«

      4.

      Wasserschutzpolizeistation Leer

      Spätdienst.

      Die Wache der kleinen Wasserschutzpolizeistation war wieder nur mit einem Beamten besetzt.

      Kommissar Onno Elzinga hörte mit einem Ohr auf die Gespräche im Polizei- und Seefunk, während er sich mit der lästigen Verwaltungsarbeit herumquälte. Er ärgerte sich über den schlechten Empfang der verschiedenen Funkgeräte. Wo blieben nur die längst versprochenen neuen, digitalen?

      Er bearbeitete nun schon den dritten Seeunfall am Fluss in kürzester Zeit. Die durch die Baggermaßnahmen verursachte starke Strömung forderte ihren Preis.

      Die Aufnahme eines Seeunfalles an Bord machte Onno Spaß. Die anschließende Verwaltungsarbeit, die ständig weiter ausuferte, eher weniger. Was soll’s! Onno war froh über diesen krisensicheren Arbeitsplatz, noch dazu in Heimatnähe.

      Zeit für eine Tasse Tee. Auf dem Weg zum Sozialraum blieb er kurz vor dem großen Spiegel stehen. Die fünfundzwanzig Dienstjahre im Wechselschichtdienst hatten ihre Spuren hinterlassen. Aber bei den ganzen Falten waren sicher auch einige Lachfalten dabei.

      Er sollte allerdings wirklich etwas abnehmen, dachte er, als er seine Teetasse an den Schreibtisch trug. Onno bemühte sich mit Erfolg, die Personenwaage zu ignorieren, aber über hundert Kilo hatte er bestimmt. Seine mittelblonden Haare wurden langsam antik. Sein Vollbart wies inzwischen alle möglichen Graustufen auf und sein Gesicht wurde auch immer länger, weil die Haare sich verabschiedeten. Das war Pech, aber seinen Bauch, den hatte er selbst verursacht. Nächste Woche fange ich mit Diät an, hatte er seiner Frau erklärt. Die hatte nur gelacht.

      Aufgewachsen war Onno in einem kleinen Dorf im Grenzgebiet. Als Kinder hatten sie oft am Fluss gespielt. In der alten, längst abgerissenen Badeanstalt direkt am Fluss hatte er Schwimmen gelernt und mit dem Vater oft am Ufer geangelt. Die Entscheidung, zur Wasserschutzpolizei zu gehen, war deshalb für ihn leicht gewesen.

      Es war schon kurz vor Dienstende, als Onno plötzlich aufgeregte Stimmen im Funk hörte. Der automatische Abhörmodus des Seefunkgerätes hatte sich auf den Kanal 15 geschaltet. Das Gerät überwachte automatisch die Seefunkkanäle 10, 13 und 15. Der Kanal 15 war für die Brücken und die Verkehrszentrale am Fluss vorgesehen.

      Die männliche Stimme im Lautsprecher überschlug sich: »Steine! Sie haben Steine auf uns geworfen!« Onno erkannte die markante Stimme vom Baggerführer Henk.

      Der diensthabende Nautiker der Verkehrszentrale schaltete sich ein: »Hier ist Ems Traffic. Wahren Sie Funkdisziplin! Wer spricht hier auf Kanal 15?«

      »Verkehrszentrale, hier spricht Schiffsführer Henk de Olde vom Saugbagger Arne Monsing. Wir sind gerade durch die Straßenbrücke gefahren, als man uns mit Steinen beworfen hat.«

      Das war ein Fall für Onno. Er schaltete den Scanmodus am Funkgerät aus, damit er Funkkontakt mit der Besatzung des Baggers aufnehmen konnte. »Saugbagger für Wasserschutzpolizei kommen!«

      »Wir hören.«

      »Wurden Personen verletzt?«

      »Ich wurde am Kopf getroffen. Sonst sind alle okay!«

      »Können Sie den Bagger weiterfahren?«

      »Sieht schlimmer aus, als es ist. Ja, ich kann den Bagger weiterfahren.«

      »Fahren Sie zum ersten Anleger am roten Tonnenstrich gegenüber vom Jemgumer Hafen. Ich alarmiere einen Rettungswagen für Sie.«

      Onno informierte die Rettungsleitstelle. Sie vereinbarten, dass er den Rettungswagen

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