Emsgrab. Wolfgang Santjer
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Wer immer das geöffnet hatte: Er hatte genau gewusst, was er tat. Ein versehentliches Öffnen war ausgeschlossen.
»Die Eingangstür weist keine Einbruchsspuren auf«, sagte Hans Schulz. »Entweder stand sie offen oder es wurde mit einem Dietrich gearbeitet. Das Schloss ist ziemlich primitiv.«
Der Fischer sah Hans Schulz mit säuerlicher Miene an. »Ick heb doch al secht, de Dör was ofschloten, man se stunn in ’t Nacht open.«
Elzinga beruhigte den Fischer. Er hatte schon die Aussage notiert, dass Jan Brons die Tür unverschlossen vorgefunden hatte. Jetzt versuchte Elzinga, den Tatzeitraum möglichst eng zu begrenzen. Der Fischer hatte abends seinen Kutter verlassen und die Eingangstür verschlossen.
Die Spaziergänger, die den Bilgenalarm gehört hatten, waren angetrunkene Gäste gewesen, die die kleine Hafenkneipe verlassen und sich im Nebel kurz verlaufen hatten. Plötzlich hatten sie vor den festgemachten Fischkuttern gestanden. Die Tat musste sich demnach in der Nacht bis etwa zwei Uhr morgens ereignet haben.
»Diese Zeugen müssen wir noch unbedingt befragen«, dachte Elzinga laut. Die nächste Frage ging ihm nur schwer über die Lippen. »Haben Sie irgendwelche Feinde, Herr Brons?«
»Ich weiß, worauf Sie anspielen. Aber das können Sie vergessen. Ja, es gibt Meinungsverschiedenheiten unter den Fischern. Einige nehmen es uns übel, dass wir unsere Klage gegen die Umbaumaßnahmen am Fluss zurückgenommen haben. Es ist auch richtig, dass wir dafür einen Teil der Kosten für die neuen Kutter erhalten haben. Es ist aber auch wahr, dass unsere Fischgründe vor der Haustür zum Teil durch die Baggermaßnahmen vernichtet worden sind. Die Verlierer waren wir von Anfang an. Auf diesen faulen Kompromiss haben wir uns eingelassen, weil wir nicht die Buhmänner sein wollten, falls die große Werft pleitegeht und viertausend Leute in unserer Region arbeitslos werden. Sie sind von hier und Sie wissen, was Arbeitslosigkeit in unserer Region bedeutet. Früher waren unsere Fanggründe in Ordnung und wir konnten mit unseren Holzkuttern gut klarkommen. Wir fischten hier und waren öfters zu Hause. Jetzt sind wir gezwungen, weiter rauszufahren. Die Kutter liegen in Holland und Nordfriesland und wir sind nur noch am Wochenende zu Hause. Die modernen Kutter benötigen mehr Diesel und die Wartung ist erheblich teurer. Das wissen auch alle, die Ahnung haben. Von Neid und Missgunst kann also keine Rede sein. So sieht es aus.«
Onno Elzinga war platt. Mit diesem Wortschwall hatte er nicht gerechnet, schon gar nicht auf Hochdeutsch.
Die Äußerungen zeigten, dass die Eingriffe in die Flusslandschaft ein sehr heißes Eisen waren, sie gingen sogar den sonst eher ruhigen Fischern gewaltig unter die Haut.
Außerdem waren die Fischer ein Volk für sich und viele aus dem Sielhafen hatten einen großen inneren Kampf geführt, bevor die Mehrheit von ihnen sich den schlichten Sachzwängen letztendlich gebeugt hatte – in der sicheren Gewissheit, dass sie die Entwicklung nicht aufhalten konnten.
Die weitere Polizeiarbeit verlief aus Sicht von Elzinga negativ. Keine auswertbaren Spuren und die Zeugenbefragungen ergaben auch keine neuen Anhaltspunkte.
Auf der Rückfahrt dachte Elzinga im Streifenwagen laut: »Eins ist sicher: Von alleine ist das Ventil nicht aufgegangen.«
»Versicherungsbetrug durch den Eigner?«, fragte Hans Schulz.
»Das glaub ich nicht. Der Kutter ist für ihn ein Stück Zuhause. Er verbringt mehr Zeit auf dem Kutter als bei seiner Frau. Da steckt viel Herzblut drin. Mein Gefühl sagt mir, das ist ein ehrlicher Mann.« In Gedanken fügte er hinzu: Und viel tiefsinniger, als ich dachte. »Außerdem hätte er sich für einen solchen Versuch nicht den flachen Hafen ausgesucht.«
»Er war sich zuletzt aber offenbar gar nicht mehr so sicher, ob er die Eingangstür abgeschlossen hatte. Ist doch merkwürdig.«
»Was glaubst du, Hans, was passiert, wenn du deine Wohnung abschließt und ich dich anschließend ein paarmal frage, ob du auch wirklich abgeschlossen hast? Wetten, du fährst zurück und stellst fest, dass die Tür natürlich abgeschlossen ist? – Ich habe eine andere Idee. Was ist, wenn zwischen dem Steinewerfer an der Brücke und der Sabotage ein Zusammenhang besteht?«
»Nu hör aber auf, Onno! Was soll das denn für ein Zusammenhang sein?«
»Ich weiß nicht. Nur so ein Gefühl.«
»Du mit deinem gefühlten kriminalistischen Spürsinn.« Hans Schulz grinste. »Anderes Thema. Und zwar Krabbenbrötchen, wo wir gerade hier sind.«
Elzinga lachte. »Ich zerbreche mir meinen scharfen norddeutschen Verstand und du denkst bloß ans Essen.«
»Ach, und du verzichtest …? Wegen Feiertagsspecksyndrom …?«
»In Ordnung, lass uns die heimische Wirtschaft unterstützen. Aber gegessen wird nicht im Auto, sondern auf der Dienststelle bei einer Tasse Tee.«
Hans Schulz grinste und steuerte zielsicher den Fischhändler seines Vertrauens an.
7.
Nördliches Rheiderland
Am nächsten Morgen saß er im dunklen Wohnzimmer und wartete auf den Zeitungszusteller.
Endlich hörte er ihn kommen, wartete kurz ab, bis der Mann wieder verschwunden war, riss die Haustür auf und nahm die Zeitung aus dem Kasten.
Es musste doch irgendwo etwas zu finden sein … – Das konnte nicht sein – nur eine kurze Notiz im Lokalteil?!
Kutter fast gesunken … Schaden erheblich … Sabotage oder Unfall … Wasserschutzpolizei ermittelt noch …
Was, das war alles?
Er hatte diesmal viel riskiert. Es war zum Verrücktwerden. Komisch, das war genau das Wort: »verrückt« hatte seine Frau ihn genannt und ihren Koffer gepackt.
Warte nur, mein Schatz, dachte er, auch du wirst mich wieder lieben, sobald alle begreifen, was ich vollbracht habe.
Sein Blick war starr auf einen Punkt im Wohnzimmer gerichtet. So saß er noch, als die Sonne bereits aufgegangen war.
8.
An Bord des Polizeibootes
»Onno, Maschinen klar!«
Mit einem satten Dröhnen starteten die Dieselmotoren.
»Leinen los.« Elzinga legte mit dem Dienstboot vom Anleger der Dienststelle ab und nahm Kurs auf die Schleuse.
Das Ruderhaus wurde vom grünen Licht des Radars schwach beleuchtet. Alle anderen Lichtquellen waren heruntergedreht worden. Die Aufgaben der Bootsbesatzung waren klar verteilt: Hans Schulz war Ausguck an Deck, Ferdinand Diekmann Radarbeobachter und Onno Elzinga steuerte das Boot.
Der Blick durch die Fenster war sinnlos und in der Binnenschifffahrt bei Nebelfahrt zudem verboten. Die Schleuseneinfahrt war auf dem Radarbild klar zu erkennen.
Der Nebel drang durch die halb geöffnete Ruderhaustür. Schulz hatte sich schon öfter über die Zugluft beschwert. Elzinga hatte ihm erklärt, dass