Männerblues. Bernhard Spring

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Männerblues - Bernhard Spring

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Schwindel in sich niederzukämpfen, dann stand sie auf und bahnte sich ihren Weg durch das dunkle Schlafzimmer. „Ich komm ja schon“, murmelte sie dabei, „ist ja alles gut, Mama kommt ja schon.“

      „Soll ich ne Milch machen?“, bot sich Thamm an, als sie mit Benni auf dem Arm zurück ins Zimmer kam.

      „Ich glaube nicht“, meinte Anja, schon wieder müde. „Ich lass ihn kurz nuckeln und dann war’s das bestimmt auch schon wieder.“

      Und so lüpfte Anja ihr Nachthemd, legte den Kleinen an und schaukelte ihn so lange mit ihrem Oberkörper, bis sie zur Seite wegsackte und er wieder einschlief. Keine fünf Minuten dauerte es, bis Bennis Atem leise und regelmäßig zu hören war.

      „Siehst du“, flüsterte Anja und rieb sich die Augen. Thamm war sich nicht sicher, ob sich da gerade eine zweite Chance anbot. Ach, scheiß drauf, dachte er und versuchte es. „Sag mal, wo du eben wach bist … “, fing er zögernd an.

      „Spinnst du?“, zischte Anja. „Benni liegt hier direkt neben mir. Bei dir hackt’s wohl?“

      „Du kannst ja zu mir rüberkommen“, hielt Thamm an seinem Vorschlag fest. „Wir können ja auch leise machen.“ „Na klar“, fuhr ihn Anja halblaut an. „Hast du auch noch was anderes im Kopf? Ich hab den ganzen Tag das Kind, bin selbst kaum richtig auf den Beinen – Ist es da zu viel verlangt, wenigstens mal eine Nacht durchzuschlafen, ohne dass Benni mal aufwacht oder du mir am Hintern rumfummelst?“

      „Och Mann ey!“, maulte Thamm, weil ihm nichts Besseres einfiel, und warf sich frustriert auf die Seite. Sie hatte ja recht, das war ihm auch klar, aber musste sie das so raushängen – und ihn wie einen Notgeilen aussehen lassen? Wenn sie ihm unbedingt schon wieder einen Korb geben musste, könnte sie dabei ja auch mal ein bisschen Rücksicht auf seine Gefühle nehmen.

      „Ich mein es ernst, Till!“ Anja ließ sich offensichtlich nicht von seiner Trotzgeste beeindrucken. „Ich schaff das alles nicht mehr. Das Haus sieht aus wie Sau, das Kind, du, ich – ich schaff das echt nicht mehr.“

      Anjas Stimme klang mit einem Mal beinah weinerlich, dass Thamm sich erschrocken zu ihr umdrehte.

      „Heißt das, du willst diese Hebamme wiederhaben?“, fragte er angepisst.

      „Nein“, wehrte Anja leicht verärgert ab. „Ich hoffe ja, dass es schon besser wird, wenn meine Mutter Morgen kommt.“

      „Den einen Tag?“, fragte Thamm ungläubig, „der soll’s bringen?“ Stille. Thamm fragte sich, ob er Anja seine Meinung zu hart an den Kopf geworfen hatte. Ihr Schweigen verunsicherte ihn. Dass sie doch immer wieder am längeren Hebel saß, ärgerte er sich und noch mehr darüber, dass er jetzt seine Hand an ihren Nacken legte und sie zärtlich streichelte. Schon wieder eingeknickt, dachte er und verfluchte insgeheim seine Weichheit.

      „Ich hab Mama gefragt, ob sie nicht die ganze Woche bleiben kann“, sagte Anja plötzlich in die Stille rein. Thamms Hand in ihrem Nacken erstarrte. Deshalb hatte sie so rumgedruckst und gezögert. Das hatte gar nichts mit ihm zu tun – sie, sie hatte was auf dem Kerbholz! Thamm war wie vor den Kopf gestoßen. „Wann?“, fragte er bloß.

      „Als du mit Benni draußen – das ist doch jetzt egal.“ Anja hatte ihre alte Sicherheit zurückgewonnen. „Du gehst die ganze Woche auf Arbeit und bist fein raus. Und ich hab hier alles am Hals. Ich kann nicht einfach weg.“ Thamm traute seinen Ohren nicht. Was glaubte denn Anja, was er den ganzen Tag machte?

      „Ich brauche einfach ein bisschen Hilfe, was ist denn schon dabei? Das soll doch nur vorübergehend sein.“

      Thamm atmete tief durch.

      „Und wo soll sie in der Zeit übernachten?“

      Die Antwort kam prompt. „Na, wir haben doch dein Arbeitszimmer.“ Das war’s! Sein letzter Rückzugsort, die letzte kleine Ecke im ganzen Haus, die er noch für sich allein hatte, sollte er jetzt auch noch verlieren – und ausgerechnet an seine Schwiegermutter!

      „Ich finde das nicht gut“, knurrte er patzig. „Deine Mutter ist auch nicht mehr die Jüngste, die geht hier die Wände hoch. In einer Pension hätte sie Abstand, da könnte sie sich zurückziehen, wenn’s ihr hier zu viel … “

      „Jetzt hör aber mal auf!“, fuhr ihn Anja verärgert an. „Seit wann machst du dir denn Sorgen um meine Mutter? Und überhaupt, so weit kommt’s noch, dass ich meine eigene Mutter in eine Pension stopfe! Du wirst doch mal die paar Tage mit ihr auskommen. Und auf dein heiliges Arbeitszimmer verzichten können, oder? Und was regst du dich eigentlich so auf? Du bist doch eh fast den ganzen Tag im Büro.“

      Die Standpauke hatte sich ordentlich gewaschen. Nicht nur Thamm hatte es die Sprache verschlagen, auch Benni schluchzte leise im Traum.

      „Und jetzt ist Schluss“, beendete Anja ihre Tirade abrupt, noch bevor Thamm sich irgendwie fangen und weitermaulen konnte. Die Vertreibung aus dem Paradies – jetzt war sie perfekt, dachte er verbittert.

      Am Telefon war Wolff.

      „Die Zentrale hat gerade bei mir angerufen.“

      „Und?“, fragte Thamm verschlafen.

      „Ich dachte, du willst vielleicht mitkommen. Hab ich euch geweckt?“

      Thamm atmete tief durch. Irgendwo entfernt hinter sich hörte er Anja die Treppe hochgehen. Jetzt hatte sie Benni doch noch Milch gemacht, der Junge war anders nicht mehr zu bändigen, nachdem er nun zum zweiten Mal aus dem Schlaf gerissen worden war.

      „Ach“, machte Thamm resigniert, und dann: „Um was geht’s denn?“

      „Ganz großes Kino, versprech ich dir“, lachte Wolff ins Telefon, „wird dir ganz sicher gefallen. Ist am Bahnhofsplatz.“

      „Wo genau?“

      Wieder dieses Lachen. Wie konnte der um die Uhrzeit schon so gut drauf sein? „Siehst du dann schon. Bis gleich.“ Und aufgehängt. Thamm stand im stockdusteren Wohnzimmer, nur in Shorts, das Telefon in der Hand und kam sich ziemlich verarscht vor. Schöner Kollege, dachte er, kann immer noch nicht richtig telefonieren.

      Langsam trottete er in den Flur. Dort oben wollte er jetzt lieber mal nicht stören. Anja würde ihm wieder eine Gardinenpredigt halten, die alte Leier: Wann holst du endlich mal einen zweiten Apparat für das Schlafzimmer – warum stellst du das Telefon nachts nicht aus – oder wenigstens auf Vibration?

      Aber seine Klamotten lagen noch oben. Thamm überlegte nur kurz, dann ging er in den Haus-Wirtschaftsraum und stieg in seine ausgebeulte Gartenhose. Das alte Hemd, das er zuletzt zum Schuppenstreichen getragen hatte, war auch noch da. Es roch leicht, aber wer sollte das schon merken, mitten in der Nacht. Thamm knöpfte es zu und ging zurück in den Flur und ein paar Stufen die Treppe rauf. „Ich muss noch mal los“, flüsterte er die Rest des Wegs hoch bis zum Schlafzimmer. Dort oben regte sich nichts, keine Antwort, nicht mal ein Räuspern. Anja schlief vielleicht schon wieder, dann war es nicht schlimm, wenn er jetzt ging. Und wenn nicht – dann hatte das auch noch Zeit bis später, dachte Thamm, schlüpfte in die abgewetzten Gartenlatschen – ohne Socken würde er ja doch nur so eklig in seine Turnschuhe schwitzen – und schloss vorsichtig die Haustür auf.

      Auch den alten Nissan ließ er möglichst leise unter dem Vordach vor und aus der Einfahrt rollen. Langsam fuhr er durch die Junkerstraße, bog an dem Haus auf der Ecke, das jetzt leer stand, in die Alte Lauchstädter Straße

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