Männerblues. Bernhard Spring

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Männerblues - Bernhard Spring

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zogen dichte Regenschleier, wie in dünnen Wänden über seine Windschutzscheibe gepeitscht. Unter den Lichtkegeln der Laternen flimmerte es silbrig, über den Asphalt glänzte das hochspritzende Wasser weiß auf – und Thamm hatte keinen Schirm dabei, war ja typisch! Wegen diesem beschissenen Carport, dachte er verstimmt. Anja wollte ja unbedingt, dass es bis zum Haus reicht, damit die Sonne und der Regen … Und das hatte Thamm jetzt davon! Aber es war zu spät, um noch mal umzukehren. Außerdem würde ihm Anja ordentlich den Arsch aufreißen, wenn er nach dieser Aktion mit dem Telefon, das er erst durchs halbe Wohnzimmer hatte suchen müssen, auch noch den Haus-Wirtschaftsraum wegen einem Regenschirm auf den Kopf stellen würde. Mitten in der Nacht.

      Als er an der Bundesstraße hielt, kramte er unter dem Beifahrersitz rum. Vielleicht hatte Anja ja dort einen von diesen kurzen Dingern liegen lassen. Aber außer dem Autoatlas und einer Menge formloser Krümel konnte er nichts ertasten. Dann eben nicht, dachte Thamm angesäuert und setzte mit aufheulendem Motor über die Kreuzung.

      Über die Bebel-Straße kam er in die Lauchstädter und weiter musste er gar nicht. Der Rauch, das vibrierende rote Lodern in dem nachtblauen Himmel war nicht zu übersehen. Scheiße, brannte etwa der Bahnhof? Aber nein, der lag ja weiter links. Auch der Busbahnhof konnte das nicht sein – oder etwa doch?

      Thamm parkte den Wagen am Straßenrand, direkt bei den Gleisen, und ging durch die Unterführung. Bis hierher war der Gestank noch nicht gekommen, hier roch es wie immer einfach nur nach Pisse und Penner. Thamm sah zu, dass er diesen gekachelten Tunnel schleunigst hinter sich bekam, nahm die Treppe am anderen Ende mit wenigen Sätzen – und erstarrte.

      „Ach du meine Fresse“, stieß er fassungslos hervor.

      „Ja, nicht wahr?“, hörte er jemand neben sich sagen. „Sieht man auch nicht alle Tage.“

      Thamm wandte sich um. Ein Feuerwehrmann, der auf das Feuer glotzte und sich dabei einen abgrinste. „Bei uns in Lochau brennt vielleicht mal der Acker oder wir haben eine Ölspur. Aber so was hier, das ist doch mal ne Nummer.“

      „Und was machen Sie hier?“, fragte Thamm. Langsam tastete er sich an seine Dienstzeit heran, der Polizist kam allmählich in ihm hoch.

      „Na was wohl? Ich warte auf den Schlauchtrupp, die wollen hier noch eine Verbindung legen. Aber der Hydrant ist total verrottet, schauen Sie sich das mal an.“ Der Mann deutete auf einen kleinen Metalldeckel am Straßenrand. „Die holen mal schnell irgendwas zum Freikratzen.“

      „Und Sie?“, fragte Thamm nach.

      „Sehen Sie doch“, trumpfte der Kerl auf. „Ich pass auf die Schläuche dort auf.“ Wieder ein Wink nach hinten, wo ein paar von den roten Rollen lagen. Alles klar, dachte Thamm, einer von der ganz cleveren Sorte.

      „Na, und Sie?“, fragte mit einem Mal der Feuerwehrmann, wahrscheinlich durch Thamms Nachfragen hellhörig geworden. „Wie kommen Sie eigentlich durch die Absperrung?“

      Thamm ging nicht darauf ein. „Wer leitet den Einsatz?“, fragte er stattdessen ungerührt.

      „Sie müssen zurück hinter die Absperrung“, beharrte der Typ und baute seine schmächtige Hühnerbrust vor Thamm auf. „Das hier ist nur für die Rettungsdienste.“

      „Ich habe nach der Einsatzleitung gefragt“, erinnerte Thamm gereizt.

      „Da kann ja jeder kommen“, beharrte der andere. „Los, gehen Sie wieder zurück hinter die Absperrung!“ Damit kam er noch einen Schritt näher an Thamm. Macht hier wohl kraft seiner Wassersuppe einen auf Autorität, schoss es Thamm freudig durch den Kopf, aber nicht mit mir, Freundchen. Mit einer ruppigen Vorwärtsbewegung wamste er dem verdutzten Feuerwehrmann seine Brust vor die Jacke und drängte ihn zurück.

      „Pass mal auf, du halbe Portion“, knurrte Thamm zwischen den zusammengepressten Zähnen raus. „Entweder du bringst mich jetzt zur Einsatzleitung oder ich nehme dich an Ort und Stelle mit. Wegen Ermittlungsbehinderungen. Wenigstens ein Tag Arrest. Was sagst du dazu, Kumpel?“

      Der Kumpel sagte nichts. Wortlos wies er auf den Bahnhofsvorplatz. „Aber ich muss doch hier auf die Schläuche aufpassen“, stammelte er verdattert. Thamm winkte ab und ließ den Kerl einfach stehen.

      Der Bahnhof glich der reinsten Hölle. Die Linienbusse, die Taxen – alle standen kreuz und quer, nur möglichst weit weg von den Flammen, die an der Ecke zur Magistrale zwischen den Häuserblöcken wüteten. Dicke Rauchschwaden hingen über dem Platz, der kaum einzusehen war, trotz der Beleuchtung von all den Einsatzwagen. Sirenen schwollen an, fielen ineinander und klangen ab, Uniformierte brüllten Kommandos durch die Dunkelheit, Schläuche wurden in das Dunkel gereicht. Es stank widerlich nach verbranntem Gummi, nach Benzin und altem Öl, geschmolzener Plastik. Von der Magistrale her dröhnte immer wieder das Geheule vom Martinshorn, Scheinwerfer warfen ihre gleißenden Lichtkegel über die Häuserzeile und blendeten Thamm. Was da genau brannte, war kaum zu sehen vor lauter Rauch und Flammen, nur der beißende Gestank ließ es erahnen. Mülltonnen, ein paar Autos, die Balkone an den Häusern vielleicht auch schon.

      Thamm bahnte sich einen Weg über den Busbahnhof, ließ ein paar Sanitäter durch und machte in all dem Chaos endlich auch ein paar von seinen Jungs aus. Er wollte gerade auf sie zugehen, da packte ihn jemand an der Schulter. Na toll, dachte Thamm, als er sich umdrehte, noch so ein Spacko. Dieser Feuerwehrmann sah aber nicht gerade so aus, als würde er viel Spaß verstehen. „Hey Sie“, brüllte er Thamm durch all den Lärm hindurch an, „sehen Sie zu, dass Sie Land gewinnen. Sie haben hier nichts verloren.“

      Dem stand der Sinn ganz eindeutig nicht nach Spielchen, also rückte Thamm gleich mit der Sprache raus. „Ich bin von der Polizei. Ich muss zur Einsatzleitung.“

      Der Mann sah Thamm verständnislos an. Das mit Holzlack verschmierte Hemd, die abgerissene Hose – Thamm kapierte allmählich, warum ihm hier niemand den Kommissar abnahm.

      „Bringen Sie mich dorthin, dann werden Sie schon sehen! Kommissar Wolff, ich muss zu Kommissar Stefan Wolff, ja?“

      Ein abschätzender Blick traf Thamm, dann aber knickte der Mann ein. „Okay“, sagte er und nahm die Hand von Thamms Schulter. „Sie müssen dort rüber.“

      „Danke“, meinte Thamm, obwohl er den Weg auch so gefunden hätte. Jetzt waren es nur noch ein paar Schritte. Da sah er schon Wolff mit ernstem Blick, den Rücken durchgedrückt – nanu, so förmlich heute, wunderte sich Thamm – und sah auch schon den Anlass dafür.

      „Ah, da sind Sie ja endlich!“, rief der Staatsanwalt, sowie er Thamm erblickte.

      „Was heißt hier endlich?“, gab Thamm zurück, „es brennt ja noch.“

      „Jaja, so ist unser lieber Herr Thamm, immer zu einem Scherz aufgelegt.“ Der angeblich so lustige Thamm kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Wieso säuselte sich denn das Chefchen so einen ab? Und überhaupt: Was machte der hier überhaupt? Bekam doch sonst auch nicht den Arsch hoch.

      „Auf jeden Fall ist es schön, dass Sie es einrichten konnten“, fuhr das Chefchen im freundlichsten Plauderton fort. „Ich möchte Ihnen jemand vorstellen. Das hier“ – er wies auf den Mann zu seiner Rechten – „das hier ist Herr Möllering, ein Kollege vom Bundeskriminalamt, ja.“ Misstrauisch ergriff Thamm die ihm dargebotene Hand.

      „Und das hier“, meinte das Chefchen nun ebenso überschwänglich und deutet auf Thamm, erkannte aber plötzlich die Heimwerkerkleidung, in der sein Aushänge-Kommissar rumlief, und sein Lächeln gerann auf der Stelle zu einer albernen Larve. „Das hier“, setzte er wesentlich nüchterner

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