Ketzerhaus. Ivonne Hübner

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Ketzerhaus - Ivonne Hübner

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Schutzpatron der Briuwer, und den flackernden Kerzen in den vergoldeten Kandelabern einen leidenden Blick. Die Empörung und die Wut, von der Tylike beseelt war, mündeten in dem Hieb, den er Elsa gegen die Wange verpasste. Sie verlor das Gleichgewicht. „Spottest du unserem Herrn und unseren Geboten?“

      Elsa schüttelte den Kopf. Sie versuchte sich aufzurappeln, aber ihr war ganz schwindelig. Sie blieb auf dem kalten harten Steinboden liegen.

      „Es scheint ganz so!“ Mit einem Satz war der Mann über Elsa, zerrte sie auf die Beine und erhob abermals die Hand. „Willst du den Zorn des Herrn über uns bringen?“ Er holte aus, seine Handbewegung aber fror ein, weil metallenes Klirren in den Raum brach, gefolgt von der Stimme seiner Frau: „Lass uns Essen, Mann.“

      Tylike senkte die Hand neben die Naht seiner Beinlinge.

      Nicht er, wie es üblich war, sondern Reinhilde hob zum Tischgebet an. Sie vermengte das Gegrüßet seist du Maria mit dem Tischgebet. Elsa stutzte und obwohl ihre Wange brannte, der Stoff ihres Ärmels, den sie dagegen presste, kratzte und die Tränen hinter ihren Augen bissen, fasste sie klare Gedanken und wusste, Reinhilde schloss den heimlich Einquartierten in ihr Gebet ein. „Bitte für uns, heilige Maria, Muttergottes, tritt als Mutter vor den Herrn und …“

      „Das reicht, Weib!“ Tylike schob sein „Amen“ hinterher und bekreuzigte sich. Er brach ein Stück vom Fladen. Die Fischsuppe rührte er aus Protest nicht an. Die Briu soff der Baron vom Bierfass, sodass ihm ein Rinnsal aus dem Mundwinkel über die beiden Kinne perlte.

      Elsa, die, wie es üblich war, neben Peternelle am hinteren Ende der Tafel, nahe der Tür zur Küche saß und als Letzte, aber immerhin noch vor den Schweinen in die Schüsseln langen durfte, beobachtete die Hausherrin, die das Kreuzzeichen ganz langsam über Stirn, Herz und Schultern strich und die Hände dann wieder im Schoß faltete. Seit sie sich die Bürde auf den Dachboden geladen hatte, rührte sie die Speisen kaum mehr an.

      „Dein Fasten läutert ihn auch nicht“, gab der Brauer missmutig zu verstehen. Verhuschte Blicke hin zu Peternelle. Die aber fügte Tylikes Worte nicht zusammen, sondern titschte das Brot in die Suppe, dass es schmatzende Geräusche von sich gab. Die Anspannung zwischen den Brauersleuten war für Elsa Genugtuung. Sie mochte nicht abwägen, was besser tat: die Abscheu gegen den Mann oder die Schadenfreude gegen die Frau, die, wer weiß wie lange noch, verheimlichen konnte, dass sie ihren geächteten Sohn unter dem Dach versteckte.

      Tylike ließ sich von der Hühnersuppe auftischen. „Das Fastengebot hast du gebrochen, nicht ich! Du hast die Suppe kochen lassen.“ Sein Löffelzeig wanderte weiter zu Elsa. „Und du hast sie zubereitet!“

      Elsa nickte. „Verzeiht.“

      Etwas Unverständliches murrte Reinhilde und hob die Tafel auf. Peternelle war die Erste, die mit ein paar Scherben aus der Wohnhalle verschwand.

      Die Stimmung besserte sich nicht.

      Tage, nachdem Doktor Ismael da gewesen war, bemerkte Tylike, dass eine beträchtliche Summe Geld nicht mehr im Kästchen war. Elsa und Peternelle hörten bis in die Küche, bis ans offene Feuer, wo sie eben das Frühmahl für den nächsten Morgen vorbereiteten, den bösen Streit zwischen dem Brauer und seiner Frau. Während Reinhilde mit fester, beinahe abfälliger Stimme behauptete, es sei sowieso ihr Geld und der Brauer könne froh sein, dass er an ihrem Wohlstand teilhaben dürfe, wurde der Alte immer lauter und tobte, er sei immerhin der Einzige, der dafür sorge, dass überhaupt noch Geld in die Kasse komme.

      „Was für Geld?“, spottete die Reinhilde. „Deine Briu wird immer schlechter, sodass uns ein Kunde nach dem anderen davonläuft und der Ruf meines lieben Verflossenen bald aufgebraucht ist.“

      „Dein lieber Verflossener!“, bellte der Tylike. „Ein Schandfleck im Zunftverzeichnis!“

      Elsa stutzte. Der Schandfleck im Zunftverzeichnis war doch allgemeinhin der Beiname ihres Vaters gewesen – mochte er in Frieden ruhen. Wenn über einen Brauer schlecht gesprochen wurde, war nie der Name Orwid Hinterthur gefallen!

      „Wenn dein lieber Verflossener mehr christlichen Anstand gehabt hätte“, hörte man Tylike weiter donnern, „dann würde er noch leben und ich hätte nicht meine Not mit dir und der verlotterten Wirtschaft!

      „Dann hättest du gar keine Wirtschaft mehr, du versoffener Sack!“, konterte Reinhilde. „Zeig Dankbarkeit, dass dir von der Zunft vergeben wurde und du mit dem Rezept meines lieben Gatten noch einmal von vorn anfangen konntest!“

      Das brachte den Tylike in unsachliche Raserei. „Dankbarkeit?“, brüllte der jetzt. „Dankbarkeit! Aufgepflanzt hat man dich mir, vergiss das nicht, meine liebe Reinhilde. Die Witwe eines Ketzers …“

      Das, was Elsa da hörte, glitt ihr bis tief ins Herz. Witwe eines Ketzers? Orwid Hinterthur ein Ketzer? Elsa war verwirrt. Orwid Hinterthur war einer Krankheit erlegen. Tylike musste sich irren! Er hatte solch Abscheuliches gewiss nur gesagt, weil es eine Gemeinheit war, die einem schnell über die Zunge rollt. „Jawohl, ein Ketzer, der sich und die ganze Zunft zu Schaden brachte. Lieber wäre ich im Suff verendet, anstatt dich und deine unsägliche Brut jetzt am Halse zu haben!“

      „Bei der Heiligen Muttergottes und allen Heiligen! Wärst du bloß in einem deiner Bierfässer ersoffen!“

      Und dann war es still. Der Streit hatte ins Schluchzen der Frau und das Gepolter des Mannes, der aus der Wohnhalle gestürmt kam, gemündet. Tylike stampfte hinunter in die Mälzerei, wo die eingeweichten Gerstenkeime jetzt so weit gewachsen waren, dass der Grünmalz fertig und durch Erhitzen für den nächsten Brautag getrocknet werden konnte.

      Es blieb frostig zwischen den Eheleuten, frostig im Haus, genau wie draußen. Der Wintereinbruch hatte das Markgraftum in Fesseln gelegt. Elsa bedeckte die Glut des Herdfeuers mit dem Trichter, damit sie bis zum Morgen nicht ganz verglomm und die Küche über Nacht nicht allzu sehr auskühlte. Von Reinhilde hatte Elsa ein zweites Paar Wollsocken geschenkt bekommen. „Weil du so brav warst“, hatte die gesagt, „und fürs Schweigen.“

      Elsa schwieg. Sie schwieg, wenn die Reinhilde mit Waschschüssel und Schmutzwäsche von oben herunterkam, sie schwieg, wenn Reinhilde mit den Mahlzeiten nach oben stieg. Peternelles Neugier schien kein nutzbringendes Laster zu sein, wenn man so sehr mit sich und seiner Liebschaft beschäftigt war, nicht mitzubekommen, was sich unterm eigenen Dach abspielte. Die Posamentenmachertochter machte Peternelle zu schaffen. Elsa konnte es kaum glauben, dass Peternelle noch immer nicht begriff, was hier los war. Andererseits tat es ihr leid, dass Peternelles Paradies von Gewitterwolken verhangen zu sein schien.

      Elsa hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, sich oben im Dachgeschoss so lautlos wie möglich zu bewegen. Manchmal verweilte sie, lauschte in die Dunkelheit. Zuweilen beschlich sie der Verdacht, der heimliche Gast logiere längst nicht mehr dort hinten, bald aber überzeugte Reinhildens Geschäftigkeit sie vom Gegenteil.

      Inzwischen hatte Elsa auch Zeit gefunden, den Bergkristall in eine Strähne ihres eigenen Haares zu knüpfen. Sie trug ihn unter dem Schweißhemd auf ihrem Herzen. Dreimal am Tag betete sie und vergaß nicht, nach dem Kreuzzeichen den Stein zu berühren, damit er seine schützende Wirkung versprühe.

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