Ketzerhaus. Ivonne Hübner

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Ketzerhaus - Ivonne Hübner

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ihr ungeduldig zu. Er nickte, schaute sich auf der Gasse nach Zuhörern um. Da war niemand, nur ein herrenloser Hund, der sein Glück im Rinnstein suchte. „Ja und? Du hast gesagt, du hast einen Bürgen.“

      Sie schüttelte den Kopf. „Nicht ich selbst. Mein Vormund hat einen, aber der zählt für mich nicht mehr mit.“ Darauf ließ Christian ein Seufzen hören. Er mochte nicht, wenn das Vergnügliche Probleme mit sich brachte. Das Mädchen sprach gedämpft weiter. Eine Bürgerwürde müsse gekauft werden. Für die Papiere. „Oder zumindest einen eigenen Bürgen vorweisen.“ Ihre Augen blieben erwartungsvoll an Christian haften. Er forschte auf ihrem hübschen Gesicht. „Das Geld hab ich nie und nimmer!“ Ihre funkelnden Saphiraugen ruhten ungeniert in seinem Blick.

      Christian stutzte und zerrte sie ins Haus. Der erstickte Aufschrei, den sie von sich gab, fuhr ihm kribbelnd in den Bauch und tiefer. Er drückte sie gegen die Wand. Ihre Rundungen berührten seine Brust. „Und du meinst, ich würde dir die Papiere beschaffen?“

      Sie schaute ihn aus ihren Unschuldsaugen an, zuckte die Achseln. „Ich weiß nicht?“

      Er drückte sich fester an sie, spürte, wie sich ihr Körper versteifte. „Und du meinst, ich beschaffe dir die Papiere für nichts?“

      Sie schüttelte knapp den Kopf, wurde aber immer kleiner, als wollte sie mit der Wand verschmelzen. „Ich dachte, Ihr bezahlt mich nicht, bis die Schuld abgetragen wäre.“

      Christian lachte auf und ließ sie los. So groß der Reiz auch gewesen war, ein Kätzchen, dass sich vor Angst in einen nässenden Hund wandelte, wollte er nicht. Jetzt nicht. „Das kann dauern.“

      Sie nickte.

      Christian betrachtete sie. Er hatte keine Lust, sich eine Neue zu suchen. Es hatte lange gedauert, diese hier zu finden. Er wollte nicht akzeptieren, dass es sich als Fehler herausstellen sollte, eine Bettlerin gewählt zu haben. „Na schön. Bleib in der Stadt, verhalte dich ruhig, komme heut Abend wieder.“

      „Danke.“ Sie knickste.

      Er wollte nicht, dass sie knickste. „Ich mag nicht, wenn du das machst, du bist nicht meine Magd!“

      „Verzeihung“, sagte sie, wollte abermals knicksen, besann sich, lächelte schelmisch und gab ihm einen Kuss auf die Wange, was ihn überraschte. Sie wandte sich ab.

      „Warte …“ Widerwillig zückte er seine magere Geldkatze, in der es hell nach leichten Münzen klimperte. „Ich will nicht, dass du durchgefroren und ausgehungert wiederkommst.“

      Es widerstrebte ihm, sich abermals warm anzuziehen und hinüber ins Rathaus zu gehen. Andererseits war um diese Zeit dort so wenig Betrieb, dass er ungehindert die nötigen Siegel unter ein vorgefertigtes Papier würde setzen können. Es war mühsam, den neuen Markt zu überqueren, um zum Rathaus zu gelangen. So viele Leute tummelten sich hier. Hatten die kein Zuhause? Alles, was bei Sinnen war, war auf den Gassen. Man sprach über nichts anderes als das gefasste Mädchen. Aber da alles auf den Gassen war, war es um so ruhiger in den Amtsstuben. Ein verstaubter Sekretarius hinter einem Schwung von Papieren und aufgestapelten Büchern hielt die Stellung.

      Christian würde aus der Bettlerin keine Bürgerin machen. So weit kam es noch! Er würde ihr einen eigenen Bürgen geben. So würde sie ungehindert die Tore passieren können. Und da fiel ihm wohl zum allerersten Male auf, dass er nicht viel über sein Mädchen wusste, nicht die Herkunft, nicht das Gewerk des Vaters. Christian war sich nicht sicher, ob es ihm behagte, nichts über seine Kleine zu wissen. Dennoch hatte er das anfangs recht reizvoll gefunden.

      Er erklärte dem Sekretarius sein Anliegen. Der seufzte, als beschäftigte er sich den ganzen Tag schon mit nichts anderem als dem Problem, das die Stadträte frisch aus der Taufe gehoben hatten. Jeder dumpe Bauer, der die Stadt passieren wollte, brauchte nun einen Bürgen und sei es ein befreundeter Kaufmann oder eine wohlgesonnene Dame. „Selbst unser Doktor Joppener bürgt für die Wehmutter, damit sie vor den Toren die Kindlein auf diese beschissene Welt holen kann.“ Der Beamte schüttelt den Kopf. „Dabei gibt es der Bettler und Gesindel genug. Die brauchen sich nicht auch noch zu vermehren!“

      Christian mischte sich nicht in die schlechte Laune des anderen ein, setzte den Namen des Mädchens auf das Papier und seinen eigenen als Bürgen daneben.

      „Kenn ich nicht, wer ist das?“, ächzte der Sekretär mit Blick auf den Mädchennamen, gab aber dem Schriftstück ein Wachssiegel.

      „Meine Nichte, angeheiratet. Nicht Blutslinie.“

      Der Sekretär ließ einen knarzenden Laut hören und widmete sich schon der nächsten Schreibarbeit. Christian war froh, nicht weiter zu diesem Mädchen befragt zu werden.

      Sie gab sich Mühe an diesem Abend. Das musste ihr Christian lassen. Sie war erpicht auf das Stück Papier, das auf dem Tischchen neben dem Bett lag. Sie ging nicht bis zum Äußersten, aber das hatte Christian auch nicht erwartet. Sie war keine Dirne. Sie war ein junges Ding, das noch nie zuvor mit einem Mann zusammen gewesen war. Sie verwöhnte ihn aufs Trefflichste, das keinen Wunsch offen ließ. Noch vor der Sperrstunde verließ sie mitsamt dem Papier sein Haus.

      Es brauchte seine liebe Zeit, bis sie aus der Stadt heraus war. Die Wächter würdigten das kostbare Papier nur eines flüchtigen Blickes, worüber sich das Mädchen ein bisschen ärgerte, nach all der Mühe.

      Als die junge Frau vor einiger Zeit von Christian Vollhardt angesprochen worden war, hatte sie geglaubt in einen tiefen Abgrund gestoßen zu werden, aus dem sie nie wieder herauskommen würde. Nach so kurzer Zeit schon, eine Bürgschaft in der Hand, zahlte sich das sündhafte Arrangement aus. Und so lange er sich mit ihren Lippen und ihren Händen zufriedengab, würde sie vom Sündenpfuhl nicht verschluckt werden. Wie lange sie ihn noch hinhalten würde können, wusste sie allerdings nicht.

       Deshalb versteht der Papst unter dem vollkommenen Erlass aller Strafen nicht alle überhaupt, sondern nur den Erlass der von ihm selbst auferlegten Strafen.

      Reinhilde verlangte einen starken Eintopf und wünschte denselben auf zweierlei Weise zu kochen: eine Hälfte wie üblich in der Fastenzeit mit ein bisschen Fisch darin, die andere Hälfte mit Fleisch. Während sie das anwies, schlürfte sie den Kräutersud gegen das Kopfdrücken, den ihr Katharina mitgegeben hatte. „Unser Herr wird das verzeihen“, pustete die Brauerin in ihren Becher. Sie meinte die Fleischeinlage. „Eine ordentliche Suppe vom Federvieh. Hörst du Mädchen?“ Elsa nickte. „Und dass du dich nicht erwischen lässt!“ Reinhilde wedelte den Dampf über dem Becher fort, gab das heiße Gebräu auf und verschwand nach oben in die Dachkammer.

      Später, zum Mittagsmahl, als Elsa die Fischsuppe in die Wohnhalle zur Tafel brachte, war Reinhilde immer noch nicht zurück. Der Brauer, der der guten Speise wohlgesonnen war, rümpfte angewidert die Nase, als Elsa den Topfdeckel lüpfte und ihm der säuerliche Dampf entgegenschlug. „Draußen riecht es nach Hühnersuppe und drinnen stinkt es nach Fisch?“ Die Faust mit dem Zinnlöffel darin prallte auf den Tisch. Elsas Herz sprang ihr fast aus dem Hals. Peternelle, die eben noch das Brot geschnitten hatte, ließ das Messer sinken und schaute zwischen Elsa und dem Brauer hin und her.

      Gunnar, der seinem Vater ergeben war, erhob sich von der Tafel und stapfte geradewegs nach nebenan in die Küche. Er kam mit dem Zeugnis des Verbotenen zurück. Ein paar der Hühnerknochen, die Elsa im Schweinekübel hatte verschwinden lassen, schwenkte er siegessicher wie eine Fahne hoch erhoben und merkte nicht, wie

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