Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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die Menschen und es war ihm immer ein Bedürfnis, da zu sein, wenn ihm ein Menschenschicksal begegnete, das nach Hilfe rief. Für seine Schäfchen war er Tag und Nacht zu sprechen, und sie dankten es ihm mit Respekt, Liebe und Vertrauen.

      Der Besuch auf dem Enzingerhof war kein Zufall. Pfarrer Trenker hatte ihn bereits am Abend zuvor eingeplant, als er seine Tour festlegte, die er am frühen Morgen gegangen war. Bis auf die Streusachhütte hinauf war er gewandert, hatte ein paar schöne Stunden mit dem jungen Sennerpaar verbracht, das die Hütte vor nicht langer Zeit übernommen hatte, und war dann zielstrebig zum Enzingerhof weitergegangen.

      »Daß die Resl net mehr springen kann, wie ein junges Reh, liegt halt am Alter«, sagte er. »Ich weiß, daß sie dir mehr Last, als Hilfe ist. Um so mehr weiß ich zu schätzen, daß du sie immer noch behältst und net in ein Heim abschiebst.«

      Die Bäuerin schüttelte den Kopf.

      »Das würd mir auch niemals einfallen«, beteuerte sie. »Dann hätt ich ja, außer dem Leopold, bald niemanden mehr.«

      Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

      »Seitdem der Wolfgang net mehr ist, weiß ich sowieso net, wie’s noch weitergeh’n soll.«

      Sebastian konnte sie gut verstehen. Er hatte das Drama um den Enzingerbauern, der beim Holzfällen im Bergwald tödlich verunglückte, ja selbst miterlebt.

      »Bekommst denn keine Hilfe von deiner Familie?« erkundigte er sich.

      Christel verzog die Lippen.

      »Meine Familie? Die hat mir nie verzieh’n, daß ich den Wolfgang geheiratet hab«, erwiderte sie.

      Sie holte tief Luft.

      »Wenn uns doch nur vergönnt’ gewesen wär’, Kinder zu haben! Wolfgang hatte sich so sehr einen Buben gewünscht, obwohl mir ein Madl auch recht gewesen wär’. Aber es hat net sein soll’n…«

      Die junge Witwe sprach noch lange über ihre Lage. Da war die Hypothek, die ihr Mann hatte aufnehmen müssen, um das Dach des Bauernhauses neu zu decken, und eine neue Scheune zu bauen, nachdem die alte immer hinfälliger geworden war.

      Diese Last drückte nun auf ihren Schultern. Hinzu kam, daß die Ernte im letzten Jahr schlechter ausgefallen war, als erhofft. Was aber auch daher rührte, daß Leopold Huber, der alte Knecht, der allmählich auf die Siebzig zuschritt, auch nicht mehr so viel arbeiten konnte, wie er gerne wollte. Christl selbst tat ihr Bestes, aber es war einfach nicht zu schaffen. Felder mußten liegenblieben, und dann sanken die Holzpreise durch Billigimporte aus Osteuropa. Es war ein einziges Dilemma, aus dem es keinen Ausweg zu geben schien.

      »Und Aussicht, einen jüngeren Knecht einzustellen, hast auch net?«

      Die Bäuerin schüttelte den Kopf.

      »Es gibt ja keine mehr«, antwortete sie. »Die Saison hat angefangen. Wer jetzt noch ohne Arbeit ist, will auch gar keine.«

      Sie seufzte ermüdet auf.

      »Ach, manchmal möcht’ ich alles hinwerfen und mich irgendwo verkriechen«, sagte Christel leise. »Am liebsten würd’ ich den Hof verkaufen und irgendwo ein neues Leben anfangen…«

      Auf dem Weg, hinunter nach St. Johann, grübelte Sebastian noch lange darüber nach, wie man der jungen Witwe helfen konnte.

      Ein neuer Knecht, jung und kräftig. So einer konnte die Rettung für Christel Enzinger sein. und wenn sie sich sympathisch waren…

      Warum net? Die Bäuerin war erst Mitte Zwanzig und attraktiv. Das ganze Leben lag noch vor ihr.

      Sebastian spann den Gedanken nicht weiter aus. So weit war es noch lange nicht. Erst einmal mußte tatkräftige Hilfe her, sonst überlegte sie es sich womöglich ernsthaft, den Hof zu verkaufen und fortzugehen.

      Vielleicht, überlegte der Geistliche, hilft’s, wenn ich mit ihrer Familie red’. Sie muß doch ein Einsehen haben, daß man unter diesen Umständen alte Streitigkeiten beilegen, und sich gegenseitig helfen mußte.

      Allerdings wußte er auch, daß das kein leichtes Unterfangen war. Christels Eltern waren nicht einmal zur Beerdigung ihres Schwiegersohnes erschienen…

      *

      Markus Bruckner stand am Fenster seines Büros und schaute hinaus. Unzählige Touristen spazierten unten am Rathaus vorbei. Touristen, die Geld nach St. Johann brachten, das auch in das Säckl der Gemeinde floß. Wenn es jedoch nach dem Bürgermeister des kleines Alpendorfes gegangen wäre, dann hätten es ruhig ein paar Tausender mehr im Jahr sein dürfen.

      Allerdings – der Bruckner-Markus machte sich da gar keine Illusionen –, die meisten Leute fuhren in die bekannteren Urlaubsorte Bayerns, wo sie auch besondere Attraktionen fanden. Ein großes Schwimmbad zum Beispiel oder eine Diskothek.

      Aber hier?

      Hier war die einzige Attraktion der samstägliche Tanzabend im Löwen. Gewiß – ein beliebter Treff, auch für auswärtige Gäste. Aber Leute, die Geld hatten und auch bereit waren, es auszugeben, die fuhren lieber nach Garmisch oder Mittenwald.

      Markus dachte an den Besuch des Bauunternehmers vor ein paar Wochen. Josef Ramsauer, ein gewiefter Geschäftsmann, hatte von ihm die Genehmigung für eine Straße haben wollen, die vom Hochberghof durch den Ainringer Wald führen sollte. Als Verbindung zur Bundesstraße und von dort aus weiter an die Autobahn.

      Hintergrund der Geschichte war, daß der Ramsauer ein Gespräch zwischen Pfarrer Trenker und dem Erben des Berghofes mit angehört hatte. Dabei war zur Sprache gekommen, daß der junge Mann den Hof so schnell wie möglich wieder verkaufen wolle.

      Das hatte das Interesse des Bauunternehmers geweckt, dem es wirtschaftlich nicht gerade rosig ging. Trotzdem hatte er Felix Thorwald eine bedeutende Summe als Kaufpreis genannt, mit der Absicht, aus dem Berghof ein Tagungshotel zu machen, in dem Firmen aus ganz Europa ihre Schulungen abhalten sollten.

      Ein schöner Plan, der doch scheiterte. Woran Pfarrer Trenker nicht ganz unschuldig war. Der Bau dieses Hotels hätte dem Ramsauer wirtschaftlich wieder auf die Beine helfen können – Geldgeber hatte er schon für diese Projekte –, und St. Johann hätte eine neue, nicht unbedeutende Steuereinnahmequelle gehabt. Allerdings hätte es auch bedeutet, daß bestimmte Auflagen der Umweltschutzbehörde seitens der Gemeinde hätten umgangen werden müssen.

      Und da verstand Hochwürden überhaupt keinen Spaß! Die Bürotür wurde geöffnet, und Markus’ Sekretärin führte den Besucher hinein.

      »Na endlich«, begrüßte der Bürgermeister den Bauunternehmer, nachdem sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte.

      Josef Ramsauer ließ sich schweratmend auf den Stuhl vor dem Schreibtisch sinken.

      »Was gibts denn so Dringendes?« fragte er und kramte in der Jackentasche nach seinem Zigarettenetui.

      Markus Bruckner setzte sich in seinen Sessel. Er stellte die Ellenbogen auf den Tisch und faltete die Hände.

      »Vielleicht ist die Sache mit einem Tagungshotel doch noch net aus der Welt«, begann er das Gespräch.

      Sein Gegenüber hatte sich eine Zigarre angezündet und losgepafft. Als er den Bürgermeister so reden hörte, war er so überrascht, daß

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