Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner
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Читать онлайн книгу Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner страница 3
»Drauf wollen wir trinken!«
Sie prosteten sich zu.
Es klingelte an der Tür. Susanne, die Sue gerufen wurde, warf einen Blick auf die Armbanduhr. Es war schon spät.
»Wer will denn um dieser Zeit noch etwas von uns?«
Sven stellte sein Glas ab und ging zur Tür. Draußen stand Judith Jäger, die Nachbarin der beiden. Sie war in die Dachwohnung des Nachbarhauses auf der anderen Straßenseite eingezogen. Judith, die Judy gerufen wurde, war eine freundliche junge Frau. Sue und Judith hatten sich bei deren Einzug kennen gelernt.
»Entschuldigt die späte Störung! Ich habe bei euch noch Licht gesehen und dachte deshalb … vielleicht kann ich noch stören. Ist Sue schon im Bett?«
»Grüß dich, Judy! Komm herein! Sue und ich sitzen gemütlich bei einem Glas Wein und träumen von der Zukunft.«
Er ließ sie vorbeigehen und schloss hinter ihr die Tür. Judy hastete ins Wohnzimmer. Sie strich sich die Haare aus der Stirn. Noch bevor Sue ihr einen Platz anbieten konnte, ließ sich Judith in einen der Sessel sinken.
»Siehst etwas verwirrt aus!«, bemerkte Susanne.
»Verwirrt ist untertrieben! Mein Chef rief an! Ich Dusseline nahm ab! Es ist meine eigene Schuld! Aber was soll es, er hätte sonst eine Mail geschickt oder wäre sogar vorbeigekommen. Er hat mich mal wieder kalt erwischt! Ich bin eben zu weich! Kann nicht Nein sagen. Dabei habe ich mir diese Position gesucht, damit ich nicht mehr so viel unterwegs bin. Ich hatte die Nase voll, dauernd auf Achse zu sein, wie man sagt. Dafür hatte ich gern gehaltliche Abstriche in Kauf genommen. Ich wechselte die Firma und die Stadt. Das hätte ich mir sparen können. Ich konnte im Lebenslauf doch nicht lügen. Mein Chef weiß, dass ich lange Jahre Seminarleiterin war. Das nutzt er aus, auch wenn ich für etwas völlig anderes eingestellt bin. Ich war sogar so clever, dass ich mir in meinem Arbeitsvertrag zusichern ließ, dass meine Tätigkeit firmenintern ist und ich nicht reisen muss. So viel zur Theorie. Die Praxis sieht anders aus. Aber ich kann einfach nicht ablehnen. Ich bin so sauer! Das Wort ›Nein‹ kommt mir einfach nicht über die Lippen. Danach bin ich nicht nur meinem Chef böse, sondern vor allem mir selbst. Ich habe Seminare geleitet, in denen es um die Entwicklung der Persönlichkeit ging. Ich kenne mich mit den anerzogenen Strukturen aus, besonders bei Frauen. Mädchen werden von frühester Kindheit gedrillt, ja, gedrillt nenne ich es. Es wird Teil ihrer Persönlichkeit. Sie müssen lieb, brav und freundlich sein. Sie müssen sich anpassen und nachgeben, auch wenn sie dabei verzichten müssen. Himmel, ich könnte mich selbst ohrfeigen, dass ich wieder einmal nachgegeben habe! Ich kann anderen helfen, eine stabile Persönlichkeit zu entwickeln, aber ich selbst knicke ein und lasse mit mir Schlitten fahren.«
Judith sah abwechselnd Susanne und Sven an.
»Nun sagt doch etwas! Stimmt mir zu, dass ich dumm und blöd bin!«
»Wirst du dich dann besser fühlen?«, fragte Susanne.
»Ich weiß nicht!«
»Gut, dann probieren wir es aus! Liebe Judith, hast dich mal wieder falsch benommen! Bist in alte Muster zurückgefallen. Du solltest dich schämen!«
Sven und Susanne lachten, und Judith huschte ein Lächeln über das Gesicht.
»Ich schwöre euch, dass ich mich nie mehr so überrumpeln lasse! Nie mehr, bei allem, was mir heilig ist!«
Sven schenkte Judith ein Glas Rotwein ein. Sie trank und holte Luft.
»Also, ich muss mal wieder die Kartoffeln aus dem Feuer holen. Der Referent für das Führungsseminar fällt aus. Ich muss mal wieder einspringen – übermorgen! Ich würde sagen, der Herr drückt sich!«
Sie trank wieder einen Schluck.
»Das passt mir überhaupt nicht! Erstens bin ich nicht gerne unterwegs und zweitens bin ich sauer. Alles deshalb, weil ich ledig bin. Mein Chef meint, er könnte meine Flexibilität ausnutzen. Ich bin aber nicht mit der Firma verheiratet. Ich habe noch ein Privatleben! Und außerdem passt es mir im Augenblick überhaupt nicht. Meine Eltern sind in Urlaub und haben mir ihre zwei Katzen zur Pflege gebracht. Dazu steht meine ganze Terrasse voll mit Pflanzen. Wenn ich fort bin, gehen sie ein und die Katzen müssen auch versorgt werden. Ich sagte meinem Boss, dass ich dieses Mal unmöglich einspringen kann und habe ihm die Gründe erläutert. Er meinte, ich sollte die Katzen in eine Tierpension bringen. Meine Eltern lynchen mich, wenn ich das
tue.«
Judith holte Luft.
»Deshalb will ich euch fragen, ob es euch – ob es dir, Sue, möglich ist, nach den Tieren und den Pflanzen zu schauen. Ich weiß, dass das eine Zumutung ist. Es ist mir auch peinlich, euch bitten zu müssen.«
Sue lächelte Judith an.
»Mach daraus kein Drama! Wie lange bleibst du weg?«
»Es sind zwei Seminare von je einer Woche. Dazwischen liegt eine freie Woche. Mein Chef will mir die dazwischenliegende Woche als Sonderurlaub geben. Er will mir sogar das Hotel bezahlen. Er muss wirklich in Druck sein.«
»Du wirst ihm Druck gemacht haben, Judy!«
»Ja, das habe ich! Darauf kann ich wenigstens stolz sein. Ich habe mich teuer verkauft, auch wenn ich am Ende nachgegeben habe.«
»Wo geht es denn hin, Judith?«
»Der Ort heißt Waldkogel. Das ist wohl ein kleines Dorf in den Bergen. Ruhig und idyllisch soll es sein.«
Sven und Sue warfen sich Blicke zu.
»Wenn es Waldkogel bei Kirchwalden ist, dann kennen wir den Ort gut.«
»Ja, Sue! Es liegt ganz in der Nähe von Kirchwalden. Dort fanden bisher die Managerseminare statt. Aber das Tagungshotel hat abgesagt, deshalb findet die Veranstaltung jetzt in Waldkogel statt. ›Zum Ochsen‹ heißt das Hotel. Klingt ziemlich rustikal! Bin gespannt, was mich dort erwartet! Ich denke, dass der Herr Trainer sich deswegen drückt. Das Hotel scheint ihm nicht fein genug zu sein. Er ist so ein Überflieger, ihr wisst schon, ein typischer Yuppie eben.«
»Das ist ein feines Sternehotel! Du wirst überrascht sein, Judy. Ich bin sicher, dass es dir gefallen wird.«
»Das ist ja beruhigend! Wenn den gestressten Managern, die zum Seminar kommen, die Unterbringung nicht gefällt, dann gibt es Probleme.«
»Da musst du dir keine Sorgen machen, Judy! Waldkogel ist ein ganz reizender Ort. Meine beste Freundin hat dort hingeheiratet. Sie lebt mit ihrem Mann auf der Berghütte. Ich kann dir nur raten, sie zu besuchen. Vielleicht verbringst du die freien Tage zwischen den Seminaren auf der Berghütte, da kannst du dich schön erholen. Wenn du willst, rufe ich an und kündige dein Kommen an.«
»Berghütte! Ich weiß nicht recht?«
Unschlüssig schaute Judith die beiden an.
Susanne ergriff das Wort:
»Also, du gibst mir den Schlüssel zu deiner Wohnung. Ich kümmere mich um die Katzen und die Pflanzen. Du musst dir keine Sorgen machen!«
Judith