Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner
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»Gut, dann bin ich so gegen Drei bei dir. Ich bringe Kuchen mit!«
Judith trank ihr Glas leer. Sie stand auf. Susanne brachte sie zur Tür.
»Du bist lieb, Sue! Was würde ich ohne dich machen?«
»Nun übertreibst du aber! Du würdest dir für die Katzen einen anderen Katzensitter suchen.«
»Ha, das sagt sich so leicht!«
»Nun geh und schlafe gut! Wir sehen uns dann morgen, Judy!«
Susanne blieb noch an der Tür stehen, bis Judy im gegenüberliegenden Haus verschwunden war.
»Ist Judy fort?«
»Oh ja! Sie ist eine ganz Liebe, aber sie ist im Augenblick selbst etwas gestresst. Ihr Chef beutet sie richtig aus. Und Judith kann nicht Nein sagen. Sie springt immer wieder ein und spielt Feuerwehr. Dabei ist das gar nicht ihre Aufgabe. Aber alle anderen in der Firma sind verheiratet und weigern sich standhaft.«
»Judy liebt Tiere und Pflanzen! Ich bin sicher, sie wird sich in der schönen Natur rund um Waldkogel gut erholen, Sue. Überrede sie, dass sie einige Tage auf der Berghütte bei Toni und Anna verbringt.«
»Ja, Sven, ich werde es versuchen!«
Für die beiden wurde es auch Zeit, schlafen zu gehen. Sie stellten die Weingläser in die Spülmaschine und gingen hinauf. Sie warfen noch einen Blick ins Kinderzimmer, in dem der kleine Peter fest schlief.
*
Alban Grummer war bei seinen zukünftigen Schwiegereltern zum Mittagessen eingeladen. Er stand vorm Spiegel und legte seine Krawatte um. Er freute sich auf Alinas Eltern. Er kam gut mit ihnen aus. Sie waren reizende Menschen. Alina war ihr einziges Kind. Die beiden hatten spät geheiratet und waren erst nach Jahren Eltern geworden. So war Alina ein Einzelkind geblieben. Das hatte sich ausgewirkt. Alban war klar, dass Alina verwöhnt war. Ihre Eltern hatten ihr alle Wünsche erfüllt, wie es so oft bei Einzelkindern geschieht. Erschwerend kam dazu, dass die Eltern schon älter waren. Alina war eine kluge junge Frau. Sie hatte Sprachen studiert und arbeitete bei einer großen Messeagentur als Simultanübersetzerin. Alban kannte sie schon lange. Aus einer zufälligen Begegnung auf einer Yachtmesse war zuerst Freundschaft geworden. Man sah sich öfters und es wurde mehr daraus. Es war keine Liebe auf den ersten Blick gewesen, jedenfalls nicht bei Alban. Er war ohnehin ein Mensch, der sich seine Gefühle nicht anmerken ließ. Nur wenn man ihn sehr gut kannte, war es möglich, die kleinen Veränderungen in seiner Mimik zu deuten. Alban war früh Vollwaise geworden, als sein Vater am Berg verunglückte und seine Mutter bald darauf an gebrochenem Herzen starb. Der Bruder seines Vaters, Adam, und seine Frau Lore versuchten dem Waisenkind die Eltern zu ersetzen. Ihre Ehe war kinderlos geblieben, so sahen sie es als ihre gottgewollte Aufgabe an, für den Neffen zu sorgen. Adam Grummer war Bauer in Waldkogel. Er liebte die Landwirtschaft und die Arbeit in freier Natur. Gern hätte Adam gesehen, dass Alban in seine und seines Vaters Fußstapfen getreten wäre. Aber der Junge entwickelte sich völlig anders. Er half zwar Onkel und Tante nach der Schule und in den Ferien tatkräftig auf dem Hof und der Alm, aber er ließ nie einen Zweifel daran, dass er später etwas ganz anderes machen wollte. Er wollte zur See. Dieser Berufswunsch war für seine Zieheltern sehr exotisch. So erkundigten sie sich und beschlossen, dass Alban in Kirchwalden auf das Gymnasium gehen und danach Ingenieurwissenschaft studieren sollte. Dabei könnte er den Schwerpunkt auf den Schiffsbau legen. Alban vergaß seiner Tante und seinem Onkel nie, dass sie alles getan hatten, seinen Berufswunsch zu fördern. Er wusste, wie schwer es für sie gewesen war. Dabei ging es nicht um Materielles, sondern um die Anfeindungen und das Unverständnis, dem sich die beiden lange Zeit in Waldkogel aussetzten. Noch niemals hatte dort jemand zur See gewollt. Hinzu kam, dass die beiden selbst keine Kinder hatten und er später einmal den Hof erben würde. Also war es nach Ansicht vieler ziemlich unklug von den beiden, den Berufswunsch des Buben zu fördern.
Während Alban seine Krawatte band, musste er an das bevorstehende Mittagessen denken. Sie wollten Einzelheiten der Hochzeit bereden, die im Herbst stattfinden sollte.
Alban ging ins Wohnzimmer seiner Junggesellenwohnung unweit der Werft, auf der er arbeitete und goss sich einen Cognac ein. Er setzte sich und ging in Gedanken noch einmal die Argumente durch, die er mit Nachdruck vorbringen wollte. Er wusste, dass er in dem einen strittigen Punkt nicht nur Alina gegen sich hatte, sondern auch deren Eltern, die ihrer Tochter keinen Wunsch abschlagen konnten. In vielen Dingen war Alban Kompromisse eingegangen. In dem Punkt der Örtlichkeit für die kirchliche Trauung wollte er hart bleiben, koste es, was es wolle. Alban wollte seine Braut in der schönen Barockkirche in Waldkogel zum Altar führen. Dort hatten seine Eltern geheiratet, auf dem Friedhof in Waldkogel lagen sie im Familiengrab der Grummers. Alban war in der Kirche getauft worden und danach zur Erstkommunion und zur Firmung gegangen, er war dort Messdiener geworden. Das Gotteshaus war ein Stück Heimat für ihn und immer wieder Zuflucht in schwierigen Lebenslagen gewesen.
Mit seinem Wunsch, dort vor den Altar zu treten, hatte Alban bei seiner Braut bisher nur Widerstand ausgelöst. Dabei könnte alles so einfach sein. Heirat in Alinas Heimat auf dem Standesamt und eine Feier mit Alinas Verwandten, ihren Freunden und Kollegen. Eine Woche später dann die kirchliche Segnung der Ehe in Waldkogel mit seinem Onkel und seiner Tante während einer Sonntagsmesse. Alban stellte sich alles genau vor. Nach der Trauung wollte er mit seiner Braut das Grab seiner Eltern besuchen und einen Blumenstrauß niederlegen.
Alban trank seinen Cognac. Er schaute auf die Uhr. Es war Zeit zu fahren. Er zog das Jackett an und nahm den Aufzug in die Tiefgarage. Im Kofferraum des Geländewagens lag eine gute Flasche Wein. Auf dem Weg zu den Fischers wollte er noch am Blumengeschäft halten und zwei Blumensträuße kaufen, einen für seine Braut und einen für deren Mutter. So geschah es dann auch. Alban wählte Rosen für Alina und einen bunten Sommerstrauß für seine künftige Schwiegermutter.
Er parkte vor der kleinen Villa. Die Haustür ging auf, und Alina kam auf ihn zu. Sie warf sich ihm an den Hals und küsste ihn.
»Liebster, endlich bist du da! Ich dachte, du wolltest früher kommen?«
Alban blickte auf seine wasserdichte sportliche Armbanduhr.
»Ich bin doch pünktlich, sogar eine Viertelstunde früher.«
»Sicher, das bist du! Ich meinte das auch nicht so. Schlimm, dass du als Ingenieur alles so wörtlich und genau nimmst. Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich vermisst habe und hoffte, dass du mir sagst, dass jede Minute ohne mich eine sinnlose Minute ist, verschenkte, vergeudete Zeit.«
»Ja, sicher ist es so, Alina!«
Alban überreichte ihr den Blumenstrauß. Dann gingen sie zusammen ins Haus. Alinas Mutter freute sich über die Blumen, und ihr Vater war von dem guten Tropfen Wein beeindruckt.
Man setzte sich zum Essen ins Esszimmer.
»Das duftet ja! Was gibt es denn Gutes?«
Alinas Vater beugte sich leicht zu Alban hin und flüsterte, damit es Alina und ihre Mutter in der Küche nicht hören sollten:
»Alina hat heute gekocht. Sie sagte, es handelt sich dabei um eines deiner Lieblingsessen, Rotkraut, Bratwurst mit Kartoffelbrei und als Nachtisch Apfelkompott.«
»Ah schön, aber das macht mich auch ein wenig misstrauisch. Wenn Alina mich mit einem guten Essen zu umgarnen versucht, dann will sie ihren Willen durchsetzen.«
»Junge,