Kafkas letzter Prozess. Benjamin Balint

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Kafkas letzter Prozess - Benjamin Balint

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lehnte das Angebot ab, allerdings nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, aus gesundheitlichen Gründen. »Wie dürfte ich bei meiner grenzenlosen Unkenntnis der Dinge, völligen Beziehungslosigkeit zu Menschen, bei dem Mangel jedes festen jüdischen Bodens unter den Füßen an etwas derartiges denken?«, schrieb er zurück. »Nein, nein.«51

      Das Gelobte Land und die gelobte Gemeinschaft lagen in gleichermaßen unerreichbarer Ferne. Was sei das Hebräische anderes, schrieb Kafka seinem tuberkulosekranken Mitpatienten Robert Klopstock 1923, als »Nachrichten aus der Ferne«?52

      In seinem letzten Lebensjahr zog Kafka endlich aus der Wohnung seiner Eltern aus und entfloh ihrem Einfluss. Von September 1923 bis März 1924 wohnte er »halb ländlich«, wie er an Brod schrieb, in Steglitz am Stadtrand von Berlin. Er lebte mit Dora Diamant zusammen, die fünfzehn Jahre jünger war als er und mit der orthodoxen Religion ihrer streng chassidischen Familie gebrochen hatte. »Der reiche Schatz ostjüdischer religiöser Tradition, über den Dora verfügte, war für Franz eine stete Quelle des Entzückens«, schreibt Brod in seiner Kafka-Biografie. Bis zum Januar 1924, als sich Kafkas Gesundheitszustand verschlechterte, besuchten Dora und Kafka Talmudkurse an der Hochschule für jüdische Wissenschaft in der Artilleriestraße (heute Leo-Baeck-Haus); Kafka nannte die Hochschule einen »Friedensort in dem wilden Berlin und in den wilden Gegenden des Innern«.53

      Dora las mit Kafka auch die ersten drei Kapitel von Josef Chaim Brenners düsterem letzten, nicht auf Deutsch erschienenen Roman Zerfall und Verlust im hebräischen Original, immer eine Seite am Tag. Das war eine bemerkenswerte Lektüreentscheidung, immerhin wurde dieser Roman einmal als »brutalste Selbstkasteiung der hebräischen Literatur« bezeichnet. Brenner, dem tragischen Rationalisten der hebräischen Literatur zufolge war das Exil (Galut) überall und auch das Land Israel nur wieder eine Diaspora. »Als Roman freut mich übrigens das Buch nicht sehr«, kommentierte Kafka in einem Brief an Brod.54

      Dora Diamant habe ihm von Kafkas Absicht erzählt, »nach Palästina zu übersiedeln, wenn er gesund würde«, schreibt Brod in seiner Kafka-Biografie.55 Das Paar malte sich aus, in Tel Aviv ein Restaurant zu eröffnen. Dora sollte kochen, Kafka bedienen; so konnte er Menschen beobachten, ohne selbst beobachtet zu werden. (In dem achtzehnseitigen handschriftlichen Vokabelheft führt er auch das hebräische Wort für Ober auf, meltzar.) Doch der Traum von Zion blieb unerfüllt. Den Gedanken an eine Übersiedelung nach Palästina ließ Kafka erst zu, als seine fortgeschrittene Krankheit sie unmöglich machte.

      Im Juli 1923 appellierten Hugo Bergmann und seine Frau Else ein letztes Mal an Kafka, mit ihnen nach Jerusalem zu kommen. »Und wieder fängt die Lockung an und wieder antwortet die absolute Unmöglichkeit«, schrieb Kafka an Else Bergmann.56 So verließen die Bergmanns Prag lediglich mit einem Porträt Kafkas, das sie nach ihrer Rückkehr nach Jerusalem in ihrem Salon aufs Klavier stellten.

      Als sich die Tuberkulose verschlimmerte und Kafkas Kräfte schwanden, grübelte er über die vielen Anfänge in seinem Leben nach, die nun unvollendet bleiben sollten. »Es war nicht die geringste sich irgendwie bewährende Lebensführung von meiner Seite da«, notierte er in seinem Tagebuch. »Statt dessen habe ich immerfort einen Anlauf zum Radius genommen, aber immer wieder gleich ihn abbrechen müssen (Beispiel: Klavier, Violine, Sprachen, Germanistik, Antizionismus, Zionismus, Hebräisch, Gärtnerei, Tischlerei, Litteratur, Heiratsversuche, eigene Wohnung.«)Felice, Julie, Milena und in gewisser Weise selbst Dora hatte Kafka aus Furcht vor dem Ehestand aus der Ferne geliebt. In einem Brief an Brod räumte er 1921 ein: »Ich kann offenbar […] nur das lieben, was ich so hoch über mich stellen kann, daß es mir unerreichbar wird.« Auch Palästina und die hebräische Sprache, die dort wiederbelebt wurde, blieben für ihn in unerreichbarer Ferne. Die Ehe und das Gelobte Land: zwei Formen des Glücks, verschoben, ersehnt, aber nie erlangt.57

      Eva Hoffe meinte, es sei so vielleicht am besten gewesen. In der drückenden Schwüle eines Sommernachmittags in Tel Aviv spazierten wir durch die Dubnow-Straße. Sie trug ein T-Shirt, das mit einem bunten Porträt Marilyn Monroes bedruckt war, und einen weiten Rock. In drei Plastiktüten hatte sie Fotos und Dokumente bei sich, die sie mir zeigen wollte, unter anderem ihre Geburtsurkunde und ihren tschechischen Pass. »Ich bin zwar Israeli und Jüdin«, sagte sie, »aber ich kann nicht behaupten, dass ich dieses Land liebe.«

      Ich erwähnte, was Brod in einem Interview mit der israelischen Zeitung Ma’ariv im Oktober 1960 gesagt hatte: »Wäre Kafka in das Land Israel gelangt, so hätte er geniale Werke auf Hebräisch geschaffen!« Die jüdisch-amerikanische Schriftstellerin Nicole Krauss, fügte ich hinzu, habe in ihrem Roman Waldes Dunkel eine Art Gegenleben für Franz Kafka entworfen, ein »Was wäre, wenn«: Sie lässt einen greisen Literaturwissenschaftler behaupten, Kafka sei zwischen den Weltkriegen nach Palästina ausgewandert und habe dort unbemerkt unter dem hebräischen Vornamen Amschel gelebt (so hieß Kafkas Großvater mütterlicherseits).58

      Obwohl Eva Hoffe Kafka nie kennengelernt hatte, reagierte sie mit bissiger Skepsis. »Kafka würde es hier keinen Tag aushalten«, sagte sie. Sie schritt energisch aus, und der Saum ihres fadenscheinigen Rocks schlug ihr gegen das Schienbein.

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