Target on our backs - Im Fadenkreuz. J.M. Darhower
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„Wessen dann? Deine?“
„Warum muss irgendjemand schuld sein?“, frage ich, gehe zu ihm hinüber und hocke mich auf die Kante des Schreibtischs. „Manchmal passieren Dinge einfach.“
„Hör mal, ich weiß zu schätzen, was du versuchst zu tun – aber lass es einfach“, sagt er. „Ich habe vor langer Zeit akzeptiert, dass ich so liegen muss, wie ich mich gebettet habe. Nichts, was ich heute tue oder nicht tue kann das auslöschen, was ich gestern getan habe.“
„Was hast du gestern getan?“
Er wirft mir einen scharfen Blick zu und ich weiß, dass ich aufpassen muss, denn er ist nicht in Stimmung für meine Mätzchen. Er sieht wütend aus. Er sieht fast wie Vitale aus. „Du weißt, was ich meine, Karissa. Die Gegenwart macht die Vergangenheit nicht wieder gut.“
„Ja, ich verstehe“, sage ich. „Nur weil man sich entschuldigt, heißt das nicht automatisch, dass einem verziehen wird.“
„Genau. Und in meinem Fall habe ich mich nicht mal entschuldigt.“
„Tut es dir leid?“
„Nein.“
Ich sollte nicht lachen, weil es nicht lustig ist, tue es aber trotzdem. Ich bin immer so ungehobelt. Naz sieht mich an und nicht das kleinste Lächeln spielt um seine Lippen, doch seine Miene und Haltung entspannen sich ein bisschen.
Wir sitzen eine Weile schweigend da – ich beobachte ihn und er sieht in die Zeitung – bis es mir zu viel wird. „Es ist dennoch nicht deine Schuld.“
Mit einem Stöhnen knallt er die Zeitung auf den Tisch und reibt sich übers Gesicht.
„Karissa …“
„Ich sage doch nur, dass wir für unsere eigenen Handlungen verantwortlich sind. Wir sind nicht dafür verantwortlich, was andere Menschen tun.“ Er wirkt überhaupt nicht, als würde er mir abnehmen, was ich sage, aber ich fahre trotzdem fort. „Was immer du also gestern getan hast, ist deine Schuld, ja. Aber das, was jemand deswegen heute macht? Das ist deren Schuld, Naz. Niemand wurde je dazu gezwungen, Rache zu nehmen.“
„Wir müssen wohl akzeptieren, dass wir da unterschiedlicher Meinung sind.“
„Pff, ich habe recht, das weißt du. Vergeltung ist eine Wahl, so einfach ist das. Man beschließt, Rache zu nehmen. Dabei hat man immer die Option, stattdessen Größe zu zeigen.“
Naz starrt mich an, als wäre mir ein zweiter Kopf gewachsen. Ich weiß nicht, ob ich zu ihm durchdringe oder nicht, aber ich hoffe es. Denn ich will einfach nur, dass das Ganze aufhört. Vielleicht hoffe ich da bei unserer Lebensweise auf ein Wunder, aber es schadet nicht, darum zu bitten, denke ich.
„Weißt du“, sagt er nach einer Weile und wendet den Blick von mir ab, „du warst viel gefügiger, bevor ich dich geheiratet habe.“
Ich lache erneut – obwohl ich es eigentlich nicht sollte.
„Was auch immer“, sage ich und verdrehe die Augen, als er wieder anfängt zu lesen. Ich sehe ihn neugierig an, während mir meine Worte weiterhin im Kopf herumgehen. Vergeltung. Irgendwie hatte ich geahnt, dass es darum ging, als er so schnell aus dem Feinkostladen verschwand und mich zurückließ. „Wie bist du überhaupt nach Hause gekommen?“
„Gefahren.“
„Wirklich? Dein Auto stand nicht in der Auffahrt.“
„Ich habe es in die Garage gestellt.“
Ich runzele die Stirn. „Hast du auf dem Heimweg irgendwo angehalten?“
Er schüttelt seine Zeitung und liest weiter. Er hat angehalten, um die Zeitung zu kaufen, wie er mir vorhin sagte.
War das alles? „Du warst nirgendwo anders?“
Langsam gleitet sein Blick zu mir, er kneift die Augen etwas zusammen. „Nein.“
Ich lasse das Thema fallen, denn ich weiß, dass ich ihn in Rage bringe. Wir haben jetzt Richtlinien, an die wir uns beide halten: Ich stelle keine Fragen, mit deren Antworten ich nicht umgehen kann, denn er lügt mich nicht an, egal um was es geht. Unwissenheit, sagt er, ist ein echter Segen. Aber wenn ich etwas wissen will, sagt er es mir. Man könnte es einen Vorzug der Ehe nennen. Doch das ist für mich schon zum Bumerang geworden, besonders wenn es um seine Offenheit geht.
Beispielsweise als ich ihn nach Professor Santino fragte und er mir unverblümt sagte, dass der Zeigestock in den Rippen des Mannes abbrach.
Wenn er mir also sagt, dass er kein weiteres Mal angehalten hat, dann beschließe ich, ihm zu glauben.
Wahrscheinlich tue ich das, weil ich fürchte, dass er sich weiterhin für Vergeltung entscheidet.
Kapitel 2
Ignazio
Karissa träumt. Oder hat eher einen Albtraum. Sie liegt neben mir, und ich höre sie im Schlaf wimmern. Ihr Körper ist so angespannt wie ein Draht, der unter Strom steht. Ich glaube, wenn ich jetzt versuchen würde, sie zu wecken, würde sie mir einen elektrischen Schlag versetzen.
Ich frage mich manchmal, ob es in ihren Träumen um uns geht. Und sind sie jemals von der Art ‚Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende‘? Oder geht es immer um das, was ich getan habe? Die Schmerzen, die ich verursacht habe, die Qual, die sie durchlitten hat, das Entsetzen darüber, sich in einen Mann wie mich verliebt zu haben. Das würde ich gerne wissen, aber ich frage sie nicht, denn es ist wahrscheinlich nicht von Bedeutung.
Ich bin nicht einmal sicher, ob sie sich an ihre Träume erinnert. Mir gegenüber erwähnt sie sie jedenfalls nicht. Außerdem bedeuten Träume im Vergleich mit der Realität nichts. Das Leben ist, was es ist. Man kann ihm nicht entkommen.
Der Deckenventilator dreht sich langsam und wirbelt ihr Haar auf. Ich strecke den Arm aus und streiche ihr das widerspenstige Haar behutsam aus dem Gesicht, betrachte sie eine Weile und beuge mich dann vor, um ihr einen kleinen Kuss auf die Wange zu geben. Sie schläft weiter, tief gefangen in ihrem Traum und ist sich meiner Anwesenheit nicht bewusst – und wird hoffentlich auch meine kommende Abwesenheit nicht bemerken. Ich will nicht, dass sie sich deswegen Sorgen macht.
So vorsichtig wie möglich gleite ich aus dem Bett, um sie nicht zu stören. Auf dem Weg zur Tür schnappe ich eine schwarze Jogginghose und ziehe sie im dunklen Flur an, bevor ich nach unten gehe.
Ich bin dankbar, dass ich es am Köter vorbeischaffe. Er mag mich immer noch nicht – was ich ihm nicht verdenken kann. Ich habe seine Besitzerin direkt vor seiner Nase erschossen. Aber manchmal macht er es mir schwer, mich wegzuschleichen. Dadurch ist es schwierig, Frieden im Haus zu bewahren.
Es ist eine warme Herbstnacht, kurz vor Mitternacht, doch der Marmorboden der Küche fühlt sich kalt unter meinen nackten Füßen an. Ich zögere, als ich mich dem Spülbecken nähere, strecke dann die Hand aus und ziehe das Ausbeinmesser aus dem Holzblock auf der Arbeitsplatte. Der Griff ist schwarz, die schmale Klinge gut zwanzig Zentimeter lang und die Spitze scharf genug, um Fleisch vom Knochen zu trennen. Und dafür ist es ja auch gedacht.
Ich