Sophienlust Staffel 14 – Familienroman. Elisabeth Swoboda

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Sophienlust Staffel 14 – Familienroman - Elisabeth Swoboda Sophienlust Staffel

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ruhig sein, es wird schon wieder alles gut«, murmelte er, während er die Kranke vom Boden aufhob. Sie war nicht schwer, aber sie wehrte sich gegen das Wegbringen. Deshalb keuchte Christian vor Anstrengung. So liebevoll und beruhigend er auch auf Inge einredete, sie hörte es nicht. Es war, als lebe sie in einem Wahn des Schreckens und der Angst. Immer wieder schrie sie laut und gellend auf, warf sich mit aller Kraft herum und versuchte auf die Beine zu kommen.

      Der Weg war steil, steinig und an vielen Stellen glitschig. Mehr als einmal verlor Christian das Gleichgewicht, drohte zu stürzen. Doch er fing sich immer wieder. Er schwitzte, japste nach Luft, drohte zusammenzubrechen. Und doch schaffte er es, ins Tal zu kommen.

      Spaziergänger hatten inzwischen einen Krankenwagen herbeigerufen, der Inge am Waldrand in Empfang nahm. Mit Blaulicht ging es in rasender Fahrt ins Krankenhaus.

      Christian Gentsch saß neben der Trage, erschöpft und ausgepumpt. Lieber Gott, hilf ihr, lass sie nicht sterben, flehte er in Gedanken.

      *

      Das melodische Bimbam der Türglocke schallte laut durch die Ferienwohnung. Norbert Hellbach hörte es, doch er dachte gar nicht daran, seinen Platz an der Bar zu verlassen. Vor ihm stand eine leere Flasche. Seine Augen waren glasig, sein Gesicht aufgedunsen.

      Jetzt läutete auch noch das Telefon. Der Dirigent starrte böse hinüber. Dann griff er zu einer neuen Flasche, öffnete den Schraubverschluss und setzte die Flasche an die Lippen.

      Das Klingeln wurde unüberhörbar. »Hört auf!«, schrie Norbert Hellbach wütend. »Ich will, dass hier Ruhe herrscht!« Er schleuderte die leere Flasche in Richtung Telefon. Das Geschoss traf nicht, aber trotzdem verstummte der Apparat.

      Norbert grinste zufrieden. Auf wackeligen Beinen torkelte er gleich darauf durch den Flur, drückte die Klinke der Wohnungstür herunter. »Sieh an, der junge Vater«, höhnte er, als er Christian Gentsch erblickte.

      »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass man Ihre Frau ins Krankenhaus bringen musste. Sie hatte einen Nervenzusammenbruch. Man musste hochwirksame Beruhigungsmittel spritzen. Jetzt schläft sie.«

      Natürlich bemerkte der Student sofort, in welchem Zustand der Dirigent war. Sicher erfasste er den Sinn dieser Nachricht überhaupt nicht.

      Norberts nächste Worte bewiesen es. »Alles nur Getue«, kreischte er aufgebracht. »Inge will mit Gewalt etwas durchsetzen. Kann sie ja! Ich stehe euch nicht im Wege. Ich bin mit der Scheidung einverstanden.«

      Der Dirigent war so laut, dass der Student rasch die Tür schloss und Norbert in den Flur schob. Wieder meldete sich das Telefon.

      »Lass es klingeln«, lallte Norbert Hellbach.

      »Vielleicht ist es das Krankenhaus.« Christian Gentsch hatte bereits den Hörer in der Hand. Angstvoll presste er ihn ans Ohr. Die Situation war grotesk. Er sorgte sich um eine junge Frau, die er gestern noch gar nicht gekannt hatte. Um die Frau eines anderen. Und dieser andere wusste nichts Besseres zu tun, als sich sinnlos zu betrinken.

      Schwankend trat Norbert Hellbach neben den jungen Mann. »Es ist meine Agentur, das weiß ich. Heute Nachmittag ist im Kurhaus ein Konzert. Sicher glaubt man, dass ich es vergessen habe.«

      »Man wartet auf Sie«, flüsterte Christian und legte die Hand über die Sprechmuschel.

      »Soll man ruhig ohne mich anfangen.«

      »Aber Sie haben einen Vertrag. Man wird Sie mit einer Konventionalstrafe belegen.«

      »Soll man doch. Es ist mir gleichgültig. Vielleicht dirigiere ich überhaupt nie wieder. Vielleicht zähle ich nur noch die Flaschen.« Er torkelte wieder zur Bar.

      »Tut mir leid, aber Herr Hellbach ist krank«, sagte Christian in den Apparat. Es hatte tatsächlich keinen Sinn, dass der Dirigent zu der Veranstaltung ging. Er konnte ja kaum noch stehen.

      »Was bin ich?«, schrie Norbert Hellbach und kam sofort zurück. »Krank? Das könnte Ihnen so passen. Ich fühle mich pudelwohl. Das können Sie auch Inge sagen. Ihr albernes Getue hat mich nicht um den Verstand gebracht.«

      »Vielleicht können Sie morgen …«

      »Nein. Ich laufe ihr nicht nach. Sie hat mich verlassen. Also muss sie schon zurückkommen, wenn sie etwas von mir will.«

      Christian Gentsch schüttelte den Kopf. Es hatte tatsächlich keinen Sinn, sich weiter mit Norbert Hellbach zu unterhalten. Dieser Mann wusste nicht mehr, was er sagte. Vielleicht würde er morgen begreifen, wie unmöglich er sich benommen hatte. Morgen, wenn die Zeitungen darüber berichten würden, wie unzuverlässig der große Künstler war.

      *

      Zaghaft nahm Inge den Strauß zarter Schlüsselblumen entgegen. Er duftete nach Wiese und frischer, würziger Waldluft.

      »Selbstgepflückt«, berichtete Christian mit strahlenden blauen Augen.

      »Danke.« Inge reichte dem Studenten die Hand. »Man hat mir gesagt, dass Sie mich jeden Tag besucht haben.«

      »Das ist doch selbstverständlich.« Christian drückte die schlanken Finger der Kranken. »Sie waren drei Tage lang nicht bei sich. Das Fieber stieg und stieg. Die Ärzte haben sich allerhand Sorgen um Sie gemacht.« Christian war unsagbar froh, dass diese bange Zeit hinter ihm lag.

      »Aber Sie müssen doch sicher wieder nach Hause.«

      Christian schüttelte lächelnd den Kopf. »Zurzeit sind Semesterferien. Da ist es ganz gleichgültig, wo ich mich aufhalte.« Niemals hätte er zugegeben, dass er Inge zuliebe in die Jugendherberge übersiedelt war. Für wenig Geld bekam er dort ein Bett und warmes Essen.

      »Und …, und mein Mann?« Inges Frage war so leise, dass sie kaum zu verstehen war. In ihren Fieberträumen hatte die Kranke ihren Mann oft gesehen, war ihm nahe gewesen. Sie hatte sich mit ihm ausgesprochen, sich mit ihm versöhnt. Erst jetzt wurde ihr klar, dass nichts davon stimmte. Es war nicht Norbert gewesen, der zärtlich ihre Hand gehalten hatte, als sie, geschwächt von den Medikamenten, das erste Mal die Augen aufgeschlagen hatte.

      »Er ist stolz wie alle Künstler«, versuchte Christian das Verhalten des Dirigenten zu rechtfertigen. Er hatte Norbert Hellbach in der Zwischenzeit nicht mehr gesehen, aber er hatte vom Hausmeister erfahren, dass der berühmte Mann kaum mehr nüchtern war.

      Inge schluckte die Tränen hinunter. Norberts Teilnahmslosigkeit tat ihr weh. Spürte er denn nicht, dass sie ihn noch immer liebte? Sie liebte ihn trotz allem, was geschehen war.

      »Es tut mir leid, dass Sie solche Unannehmlichkeiten unseretwegen hatten«, flüsterte Inge und wurde ein bisschen rot. »Ich schäme mich.«

      »Aber davon kann doch keine Rede sein. Ich bin froh, dass wir einander kennengelernt haben. Sie sind ein Mensch, wie man ihn selten trifft. Ich bewundere Sie, Inge.« Zärtlichkeit schwang in Christians Worten mit. In jenen stillen Stunden, da er am Bett der Schwerkranken gesessen hatte, war ihm bewusst geworden, dass er Inge Hellbach liebte.

      »Wir hätten nie voneinander erfahren dürfen.« Inge war es, als spüre sie einen Strick um ihren Hals, der sich immer enger zusammenzog. »Was soll nun werden? Gibt es überhaupt eine Lösung?«

      Christian lächelte nachsichtig. »Bitte, machen Sie sich keine Gedanken. Es wird alles gut werden, glauben Sie mir. Sobald

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