KOPFLOS IM KURHOTEL. Christina Unger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу KOPFLOS IM KURHOTEL - Christina Unger страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
KOPFLOS IM KURHOTEL - Christina Unger

Скачать книгу

blieben. Vom oberen Speisesaal aber mit acht raumhohen Rundfenstern hinter zarten cremefarbenen Vorhängen, durch die eine frische Brise hereinwehte, hatte man die beste Aussicht auf die steirische Landschaft mit den saftigen Obst- und Weingärten, gesprenkelt mit einzelnen Gehöften. Ein leises Raunen der rund siebzig Gäste, die sich für das Mittagessen fein herausgeputzt hatten, erfüllte den Raum.

      Da im Mai Hochbetrieb herrschte, musste Familie Schneider den Tisch mit zwei wildfremden Personen teilen, worüber sich Walter beim Restaurantmanager heimlich beschweren ging. Er hatte gedacht, die Familie würde unter sich bleiben. Der Restaurantmanager bedauerte, aber es müsse diesmal eine Ausnahme gemacht werden, außerdem wollten die beiden Damen nächste Woche abreisen, und sie seien doch sehr sympathisch.

      »Das wird sich erst noch herausstellen!« Mit diesen Worten kehrte Walter an den Tisch zurück, wo bereits die Vorspeise serviert worden war. Es gab Rohkost mit Joghurtdressing, spärlich garniert mit Dinkelkörnern.

      »Von Rohkost krieg ich Blähungen«, kündigte Opa an.

      Beate warf ihm einen stummen, aber warnenden Blick zu. Sie wusste nur zu gut, wie es sich anhörte, wenn es in seiner Hose krachte. Zu Hause war es unangenehm genug, aber vor diesen fremden Leuten!

      »Lass die Rohkost lieber stehen«, riet sie ihm daher im Befehlston und schob den Teller außerhalb seiner Reichweite.

      »Wenn’s Arscherl brummt, ist‘s Herzerl g‘sund!«, krähte Opa.

      »Entschuldigen Sie bitte meinen Schwiegervater«, bat Beate mit einem verlegenen Lächeln ihre beiden Tischnachbarinnen. »Übrigens – ich bin Beate Schneider.«

      »Professor Dr. Gloria Rosenblatt«, stellte sich die Ältere vor.

      »Margot Kitzler«, schloss sich die Jüngere an.

      Tommy prustete und wurde hochrot im Gesicht. Walter, der seinem Sohn gegenübersaß, verpasste ihm unter dem Tisch einen Tritt gegen das Schienbein.

      »Ich bin Walter Schneider.« Er legte seinen Arm um Opa. »Das ist mein Vater, Lutz Schneider. Und Tommy, unser Sohn.«

      »Schön, dass Sie Ihren Vater mitgenommen haben«, lobte Frau Professor Rosenblatt. »Heutzutage wird unsere ältere Generation viel zu oft vernachlässigt. Abgeschoben in irgendein Heim, wo man dann auf den Tod wartet.«

      »Ich bin noch lange nicht tot!«, triumphierte Opa, nahm seine Hosenträger zwischen Daumen und Zeigefinger und ließ sie schnalzen.

      »Ich habe auch nicht Sie gemeint!« Frau Professor Rosenblatt lächelte milde. »Sie haben ja eine Familie, die für Sie sorgt, Sie Glückspilz!«

      »Wie lange wollen Sie bleiben?«, erkundigte sich Margot Kitzler, eine Frau Anfang vierzig mit der Gestalt einer Aphrodite – üppiger Busen, gebärfreudiges Becken, schmale Taille – und einem Gesicht, so gesund und rotbäckig, wie ein frisch gepflückter Apfel. Ihre gekrausten Haare von undefinierbarer Farbe trug sie zu einem seitlichen Zopf geflochten.

      »Wir bleiben drei Wochen«, antwortete Beate, »und ich hoffe, wir erholen uns gut.«

      »Das werden Sie bestimmt«, zeigte sich Professor Rosenblatt optimistisch.

      Walter schätzte die Frau Professor auf Mitte sechzig, aber mit der Figur einer jungen Frau. Das naturgraue Haar trug sie als schicken Kurzhaarschnitt und ihr pinkfarbenes Tankshirt zu den knallorangenen Leggings wies sie als eine jener Frauen aus, die nicht alt werden wollten. Ihr Gesicht mit der randlosen Brille glich einem etwas runzeligen Smiley, da ihre Mundwinkel stets nach oben zeigten, was ihr einen lustigen Ausdruck verlieh. Doch der Eindruck sollte täuschen.

      »Sie reisen nächste Woche ab, hat mir der Restaurantmanager verraten?«, wollte Walter auf Nummer sicher gehen. »Das finde ich aber sehr schade, nun, da wir uns gerade erst kennengelernt …«

      »Ich habe verlängert!«

      »Was Sie nicht sagen!«

      »Ich auch!«, freute sich Margot Kitzler. »Das Essen hier tut mir so gut! Und diese vielen Anwendungen, einfach ein Genuss. Wenn auch nicht ganz billig.«

      Das konnte ja heiter werden. Walter sah sich nach dem Kellner um, damit dieser endlich abräumte, weil Opa sich seine Rohkost wiederholt unter den Nagel reißen wollte.

      »Nicht ganz billig?« Professor Rosenblatt hob eine Augenbraue und bedachte Frau Kitzler mit einem geringschätzigen Schniefen ihrer Nase. »Ihnen kostet doch der ganze Aufenthalt fast nix! Sie sind ja von der Kasse hergeschickt worden, soviel ich weiß.«

      »Nur keinen Neid, bitte!«, schnappte Frau Kitzler zurück.

      »Ich bin Ihnen gar nichts neidig, ich sage bloß.«

      »Die Verlängerung muss ich mir selber bezahlen, wenn Sie es genau wissen wollen. Das zahlt die Kasse nicht.«

      »Vier Wochen um den Preis von einer! Kein Wunder, wenn unsere Krankenkassen aus dem letzten Loch pfeifen.«

      »Ihre Beamtenversicherung kriegt vom Staat am meisten Zuschuss!«, wollte Frau Kitzler das letzte Wort behalten.

      Beate, die eine harmoniebedürftige Frau war, empfand den Disput als unangenehm und auch nicht angebracht, denn schließlich kannten sie sich kaum. Aber Frau Kitzler und die Frau Professor dürften schon mehrere Scharmützel dieser Art ausgetragen haben, so wie sie miteinander umgingen.

      »Welche Studienfächer unterrichten Sie denn?«, fragte Beate die Frau Professor Rosenblatt, um dem Gespräch eine Wendung zu geben.

      »Ich habe in Wien Geografie und Germanistik unterrichtet«, freute sich diese über das Interesse. »Aber ich bin schon in Pension, ich bin ja weit über sechzig.«

      »Das sieht man Ihnen gar nicht an«, bemerkte Beate höflich. »Ich hatte auch mal ein Studium angefangen«, erzählte sie. »Rechtswissenschaften. Aber dann habe ich meinen Mann kennengelernt, kurz darauf kam Sabine, Tommys ältere Schwester. Na ja, Sie wissen sicher auch, wie das so läuft bei uns Frauen.«

      »Ich habe keine Kinder, dafür bin ich in meinem Beruf voll und ganz aufgegangen!«, trumpfte Frau Professor Rosenblatt auf.

      Voll Neid im Herzen musterte Beate ihr Gegenüber. Eine selbstständige unabhängige Frau, die ihr eigenes Geld verdient hatte und heute ihre sicherlich schöne Pension mit niemandem teilen musste.

      »Beneidenswert«, seufzte sie.

      Da die Frauen am Tisch mit ihrer ehrlichen Meinung nicht hinterm Berg hielten, erlaubte sich Walter ebenfalls eine Bemerkung. »Gerade du brauchst dich nicht zu beschweren!«, sagte er zu seiner Gemahlin. »Seit du geheiratet hast, wird für dich gesorgt.«

      Noch ehe Beate etwas entgegnen konnte, fiel ihr Opa in den Rücken: »Ein eigener Herd, ein braves Weib ist Gold und Perlen wert.«

      Tommy, der dem Gespräch nur mit halbem Ohr zugehört hatte, gluckste leise. Die anderen ignorierten Opas Kommentar, bis auf Frau Kitzler, die meinte: »Im Gegensatz zu Frau Professor Rosenblatt habe ich eine eigene Familie stets vermisst.«

      Walter freute diese Einstellung, die ganz seiner entsprach, musste aber mit der Antwort warten, denn der Kellner servierte die Hauptspeise. Es gab Okragemüse über Vollkornnudeln. Schockiert studierte er den weißen Porzellanteller mit den dunkelbraunen

Скачать книгу