Wechselgeld für einen Kuss. Ruth Gogoll

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Wechselgeld für einen Kuss - Ruth Gogoll

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wies auf ihren Teller. »Aber ich habe doch gerade erst gegessen.«

      »Mal sehen«, sagte Marlies, nahm den Teller und ging zur Diele hinüber. An der Ecke drehte sie sich noch einmal um und lächelte Nicola zuversichtlich an. »Alles wird gut«, sagte sie. »Wenn du wieder ganz gesund bist, sieht die Welt schon anders aus.«

      Dann verschwand sie, und gleich darauf hörte Nicola die Wohnungstür ins Schloss fallen.

      Eine ganze Weile lag Nicola nur so da, bis sie endlich den Versuch machte aufzustehen. Langsam tastete sie sich an der Wand entlang zur Toilette. Ohne Unterstützung war das immer noch schwierig.

      Doch nicht nur deshalb stöhnte sie frustriert auf. Das konnte ja heiter werden, wenn sie den Job, den sie sich gerade erst mühsam erkämpft hatte, gleich wieder verlor. Sie war noch in der Probezeit, also konnte sie von einem Tag auf den anderen gekündigt werden. Es war schwierig genug gewesen, diesen Job zu ergattern, aber sie hatte gehofft, jetzt würde sich langsam mal wieder einiges beruhigen.

      Ihre Mutter würde das natürlich als Beweis ansehen, dass Nicola sich jetzt endlich mal dem Kinderkriegen zuwenden sollte, da sie beruflich ja anscheinend höchstens ein Bein auf die Erde kriegte, aber niemals zwei, die ihr Standfestigkeit hätten verleihen können.

      Das hätte ja alles sein können. Sie presste die Lippen zusammen. Wenn Chantalle nicht gekommen wäre. Nicola war so kurz davor gewesen, den Job als Einkäuferin zu bekommen, die nächste Stufe auf der Karriereleiter. So klein diese Karriere auch gewesen sein mochte, aber sie hatte hart dafür gearbeitet.

      Chantalle. Tally. Klang so nett, die Verkleinerungsform. Aber das war irreführend. Tally war nicht nett. Oder nur so lange, bis sie bekommen hatte, was sie wollte. Und wehe, daran änderte sich etwas.

      Das war das letzte Mal, hatte Nicola sich damals gesagt. Das letzte Mal, dass sie auf so eine Frau hereingefallen war. Nie wieder!

      Und was ist mit Lian? fragte da etwas Vorwitziges in ihrem Kopf.

       Was soll mit Lian sein? Ich kenne sie kaum.

       Aber sie gefällt dir.

      Darüber wollte Nicola lieber nicht nachdenken. Lian hatte genau diese überwältigende Art, dieses Selbstbewusstsein, dieses amüsierte Lächeln, an das sie sich von Tally noch so gut erinnerte. Wahrscheinlich war es genau diese Überlegenheit, die Nicola anzog. Sie hätte sich gern einmal fallengelassen, nicht immer nur gekämpft, sich in starke Arme gekuschelt und alle Verantwortung abgegeben. Aber wenn man das zuließ, endete es immer nur in einer Katastrophe.

      Also ließ sie es nicht mehr zu. Sie hatte sich von Lian zum Abendessen einladen lassen, weil sie . . . nun ja . . . einsam war. Weil die Aufmerksamkeit und angenehme Unterhaltung, die Lian ihr geschenkt hatte, ihr gutgetan hatten. Weil sie das von ihren Sorgen abgelenkt hatte.

      Zwar hatte sie sich darauf eingestellt gehabt, Lian zum Schluss noch abwehren zu müssen, aber als das nicht geschehen war, hatte sie sich doch gewundert. Das war definitiv nicht wie Tally.

      Lian war deshalb ein Rätsel für sie, und sie hätte wirklich gern gewusst, wer sie war. Darüber hatten sie beim Abendessen nicht gesprochen. Es war, als hätte Lian das Thema mit Absicht vermieden. Sie hatte immer wieder nach Nicolas Lebensumständen gefragt und ihr zugehört, wenn sie davon erzählte, aber ihre eigenen waren im Dunkeln geblieben.

      Was beschäftige ich mich überhaupt damit? Wenn sie nicht gewusst hätte, dass es wehtun würde, hätte Nicola jetzt heftig den Kopf geschüttelt. Ich bin krank, ich verliere vielleicht meinen Job, kann meinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen und muss erst einmal sehen, dass ich das alles auf die Reihe kriege. Lian ist wirklich mein geringstes Problem.

      Und verlieben wollte sie sich ja sowieso nie mehr. Das führte zu nichts als Unglück.

      Nein, dieses Kapitel war für sie abgeschlossen.

      6

      »Und wie willst du das durchziehen?« Lians Kollegin und auch langjährige Freundin Margarethe Leonora Amalie – nie hatte sie ihrer Mutter verziehen, dass sie sich so eine pompöse Namenskombination ausgedacht hatte –, genannt Maggie, blickte Lian zweifelnd an. »Ich meine, jetzt hast du ja Urlaub, aber wie willst du das machen, wenn du wieder arbeiten musst?«

      Etwas schuldbewusst verzog Lian das Gesicht. »Das habe ich verdrängt. Zuerst dachte ich, nur für den Urlaub. So ein kleines Techtelmechtel zwischendurch. Zur Entspannung. Aber jetzt –« Sie schüttelte den Kopf, am meisten über sich selbst. »Ich weiß nicht. Ich finde sie so . . . aufregend. Interessant irgendwie. Das hatte ich schon lange nicht mehr.«

      Maggie lachte leicht. »Also für mich klingt sie eher nach einer Zicke. Ganz schönes Explosionspotenzial. Mit nichts zufrieden.«

      »Ich glaube, sie hat irgendetwas Schweres durchgemacht, eine tiefe Enttäuschung oder so.« Nachdenklich schürzte Lian die Lippen.

      »Ach Gottchen!« Maggie schlug gespielt dramatisch die Hände vor sich zusammen. »Ist es nicht furchtbar? Das arme kleine Frauchen ist tief enttäuscht worden? Wie schrecklich. Und so außergewöhnlich. Ist uns anderen ja noch nie passiert.« Sie beugte sich vor. »Auf so etwas fällst du rein?«

      »Ja, ich weiß.« Wieder verzog Lian das Gesicht. »Ich war immer die Erste, die sich über solche Dinge lustiggemacht hat. Und ist ja auch richtig. Wir schlagen uns hier mit wirklich lebensbedrohlichen Dramen herum, und dann kommt so etwas wie so ein kleiner häuslicher Streit, der dagegen bedeutungslos erscheint. Aber das Leben besteht nun einmal daraus. Und für viele Leute hat das eine große Bedeutung.«

      »Für viele Leute vielleicht«, hielt Maggie dagegen. »Aber für dich?« Sie schüttelte den Kopf. »Du weißt doch, was mir passiert ist. Bei unserer Arbeit sind wir einfach zu wenig zu Hause. Und wenn man dann mal nach Hause kommt . . .«

      »Aber so muss es doch nicht sein.« Lian fühlte sich unwohl bei dieser Diskussion. Denn sie hatte sie schon mit sich selbst geführt. Und eigentlich war sie Maggies Meinung. »Sie ist wie eine Wildkatze, die sich mit ausgefahrenen Krallen gegen eine Beziehung wehrt. Deshalb will sie wahrscheinlich gar nicht so etwas Enges. Vielleicht ist es ihr ganz recht, wenn ich nicht so viel zu Hause bin.«

      »Ha!« Eingebettet in einen abfälligen Luftstrom stieß Maggie das hervor. »Das glaubst du doch nicht wirklich. Im Moment tut sie vielleicht so. Aber was ist, wenn ihr euch näherkommt? Wenn es in Richtung Zweisamkeit geht? Zusammenleben, vielleicht sogar Hochzeit und der ganze Schmarrn? Was meinst du, was sie dann von dir erwartet?«

      Lian grinste etwas verlegen. »Wahrscheinlich werde ich alt. Vielleicht sollte ich mir einen anderen Beruf suchen.«

      »Das willst du nicht«, sagte Maggie. »Und das kannst du auch gar nicht.«

      Ein tiefer Seufzer entrang sich Lians Brust. »Du hast recht. Ich will es nicht. Wenn ich es wollte, hätte ich es wahrscheinlich schon längst getan.«

      »Du bist einfach nicht für einen Job hinter einem Schreibtisch geschaffen.« Maggie tippte ihr spielerisch auf den Arm. »Wozu würdest du das dann alles brauchen?«

      »Meine Muskeln?« Lian hob den Arm und blickte darauf, als wollte sie ihren Bizeps spielen lassen, was sie aber nicht tat. Stattdessen ließ sie den Arm wieder sinken. »Die kann man sich auch erhalten, wenn man hinter einem Schreibtisch sitzt. Man muss nur regelmäßig trainieren.«

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