Flammen des Sommers. Madeleine Puljic

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Flammen des Sommers - Madeleine Puljic Flammen des Sommers

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er weiter.

      Er ließ eine Flamme in seiner Handfläche aufleuchten und sandte sie auf Augenhöhe voraus. Mit vorsichtigen Schritten tastete er sich über die gesprungenen Bodenplatten voran.

      Wenn Yiryat in Liannon gewesen wäre, hätte er ihn einfach fragen können und sie hätten sich das ganze Spektakel erspart. Tatzelwürmer wussten Dinge. Berekh hätte sich überhaupt nicht mit dem Rat der Arkangilde abgeben müssen, schließlich hatte sich Yiryat in Liannon aufgehalten, seit Berekh als junger Adept zum ersten Mal in die fliegende Stadt gekommen war. Doch ausgerechnet jetzt war er fort.

      Berekh schlug nach einer Spinnwebe, die den halben Gang überspannte und ihm klebrig und staubig über das Gesicht gestreift war.

      »Wieso war eigentlich Yiryat nicht in der Stadt?«, fragte er über die Schulter zurück.

      Es folgte eine kurze Stille, in der Berekh das Schulterzucken des anderen förmlich hören konnte.

      »Wer weiß schon so genau, was in diesen Tieren vorgeht«, antwortete das Ratsmitglied schließlich ohne sonderliches Interesse. »Die Verwandtschaft besuchen oder etwas in der Art.«

      Tiere? Berekh stutzte. Kein Magier sprach so von den mythischen Wesen, von einem Tatzelwurm erst recht nicht. Gerade ein Erzmagier sollte mehr Respekt an den Tag legen, wenn es um den Tatzel ging. Berekh wusste das aus Erfahrung.

      Im Gehen wandte er sich zu Tosalar um und stellte ohne Verwunderung fest, dass dieser seine Hände sicher in den Ärmeln verstaut hatte und jedem Staubkorn großflächig auswich. Sollten sie hier auf ein ernstes Hindernis stoßen, würde der Älteste sich vermutlich in seiner eigenen Kleidung verheddern und sich auf diese Weise selbst flambieren, bevor eine Falle ihn töten konnte.

      Aber wie hatte er sich so treffend ausgedrückt?, dachte Berekh. Das ist nicht mein Problem.

      Arroganz kam nun einmal vor dem Malheur. Davon konnte er ein Lied singen.

      ***

      Mit jeder Minute, die verging, wuchs die unheilvolle Vorahnung in Daena, und damit auch ihre Überzeugung, dass sie nicht bis zum Morgen warten durfte. Aber was sollte sie tun?

      Sie musterte den jungen Drachen an ihrer Seite. Selbst wenn sie wüsste, wo Liannon zu finden war, seine noch nicht ausgewachsenen Flügel waren nicht in der Lage, sie dorthin zu tragen. Außerdem war die fliegende Stadt gegen Eindringlinge aus der Luft geschützt, und als solche würden sie gelten.

      So ungern Daena es sich eingestand – sie war auf Hilfe angewiesen, die sie hier nicht finden würde. Also stürmte sie kurz entschlossen ins Haus. Sie machte sich nicht die Mühe, Licht zu entfachen, den Weg die Treppe hinauf fand sie auch im Dunkeln. In ihrem Schlafzimmer angekommen, holte sie die Truhe unter dem Bett hervor. Gestern noch hatte Daena geglaubt, sie für immer geschlossen zu haben.

      Lrartsnjok reagierte ein wenig verstört, als sie in Hosen und Tunika wieder auf den Hof trat, ihrer früher alltäglichen Kriegerkleidung. Der Stoff roch ein wenig muffig, doch das Leder von Hose und Wams war noch so weich und geschmeidig, als hätte sie diese Kleider niemals abgelegt.

      Noch misstrauischer wurde der Drache, als er die Waffen sah, die Daena umgeschlungen hatte. Ihr Schwert ruhte an ihrer Hüfte, ein Dolch steckte in ihrem Stiefel und am Rücken trug sie einen gut bestückten Köcher zusammen mit dem dazugehörigen Jagdbogen. Die ärmellose Tunika gab den Blick auf ihre Tätowierung frei. Wenn sie Hilfe anwerben musste, dann als Kämpferin, nicht als einfache Dorfbewohnerin.

      »Was hast du vor?«, fragte Lrartsnjok, als sie an ihm vorbei zum Stall ging.

      »Ich reite in die Stadt. Vielleicht finde ich dort einen Magier.«

      Der Jungdrache sah wenig begeistert aus, folgte ihr jedoch in geringem Abstand. »Meine Familie hat mir eingeschärft, mich von Städten fernzuhalten«, verkündete er in gewichtigem Ton.

      Daena warf ihm einen kurzen Blick zu und stemmte sich gegen das Holztor. »Da solltest du auf sie hören«, sagte sie. »Deshalb reite ich auch alleine.«

      Sie brauchte nur an Juseks Reaktion auf das Erscheinen des Drachen zu denken. Man konnte sich leicht ausrechnen, welche Wirkung es hätte, mit Lrartsnjok in einer befestigten Stadt wie Wesan aufzutauchen. Aufmerksamkeit würde sie damit zwar erregen, aber wohl kaum von der Art, wie sie es im Augenblick benötigte.

      Ihr brauner Wallach war seit dem Morgen nicht sauberer geworden, dafür hatte er sich offensichtlich mit Trudi angefreundet, die es sich auf dem breiten Pferderücken bequem gemacht hatte. Daena hatte nicht einmal gemerkt, dass das Huhn aus dem Haus verschwunden war – soviel zu ihrer gefunden geglaubten Tierliebe. Allerdings war das sicher kein Nachteil, denn Geflügel war bekanntlich nicht gerade das, was man gemeinhin als stubenrein bezeichnete.

      Aber ihre Kämpferkleidung hatte schon Schlimmeres durchgestanden, also packte sie den Sattel und stemmte ihn auf das Pferd.

      »Alleine?«, fragte Lrartsnjok vom Eingang her. »Ist das eine gute Idee?«

      »Ich habe keine Ahnung«, schnauzte Daena zurück. »Ich bin kein Tatzel, dass ich alles wüsste, und ich habe auch gerade keinen parat, den ich fragen könnte!«

      Die Ungewissheit, was sie eigentlich tun sollte, nagte an ihren Nerven. Und Nervosität machte sie immer angriffslustig. In diesem Fall auf den ungewollten Gast, der sie mit unnötigen Fragen aufhielt.

      Sie zog den Sattelgurt so abrupt fest, dass der Braune unwillig aufstampfte.

      »Aber …«, die Stimme des Drachen trug plötzlich einen Hauch von Verzweiflung in sich, »wenn du gehst … Was ist denn dann mit mir?«

      Daena hielt inne. Gegen das Dunkel des Nachthimmels sah sie Lrartsnjoks Kopf nur als schwarze Silhouette, doch seine Augen leuchteten golden und rund. Große Tränen quollen daraus hervor und tropften auf den festgetretenen Erdboden.

      Mit einem Mal fühlte sie sich schuldig wegen des Verhaltens, das sie bisher an den Tag gelegt hatte. Egal, was der Drache sonst noch sein mochte, Plagegeist hin oder her, er war vor allem eines: ein Kind, das von zu Hause fortgeschickt worden war. Und seine Gastgeberin hatte ihn nicht gerade freundlich aufgenommen.

      Es gelang ihr, ein aufmunterndes Lächeln aufzusetzen. Sie tätschelte seine schuppige Wange. »Du hast die wichtigste Aufgabe überhaupt. Du musst auf den Hof aufpassen! Es muss doch jemand hier sein, wenn Berekh zurückkommt, und ihm sagen, wo ich bin. Sonst laufen wir schließlich aneinander vorbei.«

      Lrartsnjok schniefte. »Wirklich?«, fragte er voll neuer Hoffnung.

      »Natürlich!«

      Daena stieg in den Sattel und winkte dem Drachen noch einmal zu, der seine Brust stolz herausgestreckt hatte und den Blick wachsam über das verlassene Grundstück schweifen ließ. Dann drückte sie dem Braunen die Schenkel in die Flanken und ritt los.

      ***

      Daena war erstaunt, wie gut es sich anfühlte, nach den Monaten der Sesshaftigkeit nun wieder unterwegs zu sein. Die gleichmäßige Bewegung des Pferderückens, die Weite des Sternenhimmels über ihr und vor ihr nichts als die staubige Straße. Nach all der Zeit war sie endlich wieder aktiv, hatte sie ein Ziel vor Augen. Wäre da nicht das Wissen gewesen, welches Ziel das eigentlich war.

      Aber auch wenn sie sich an frühere Tage erinnert fühlte, nichts war wie damals. Sie hatte in ihrer Kämpferzeit niemals ein Pferd

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