Flammen des Sommers. Madeleine Puljic

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Flammen des Sommers - Madeleine Puljic Flammen des Sommers

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      Daena stutzte. Wischte über den nassen Fleck, der auf dem Tisch erschienen war, und anschließend über ihre Augen. Was war nur mit ihr los? Es sah ihr nicht ähnlich, so sentimental zu sein. Wütend kämpfte sie weitere Tränen nieder.

      Schon seit ein paar Tagen fühlte sie sich innerlich aufgewühlt und reizbar, aber das hier war neu. Sie neigte nicht zum Weinen. Wahrscheinlich war sie unausgeglichen, weil ihr ihre Übungen fehlten, der letzte Halt, der ihr aus ihrer früheren Existenz geblieben war. Nun musste Daena sie unterlassen, weil sich dieses Mistvieh von Drache in ihrer Übungsscheune eingenistet hatte. Und ihre Hühner gefressen hatte.

      Oder lag es an Lrartsnjok selbst?

      Nein. Seine Bemerkung hatte sie eher wütend gemacht als gekränkt. Und das vielleicht zu Unrecht, wie ihr gerade klar wurde. Hatte Ozlakzbrat ihr nicht einmal erklärt, dass bei den Drachen die Weibchen mit äußerster Vorsicht und Hochachtung behandelt wurden? Oder galt das nur für Lindwürmer? So genau hatte sie nie nachgefragt. Sie hatte gedacht, dazu würde ihnen noch Zeit bleiben. Ein weiterer Irrtum.

      Aber wenn es nicht Lrartsnjok war, was hatte sie dann so aus der Fassung gebracht?

      Berekhs nächtliches Verschwinden drängte sich ihr wieder auf. Es war nicht das erste Mal gewesen, dass sie erwacht war und sich allein in ihrem Bett wiedergefunden hatte. Er versorgte Kranke, ging Magierdingen nach oder tat, die Götter wussten was. Suchte möglicherweise nach Abenteuern, weil auch ihm das Landleben zu langweilig wurde. Abenteuer, von denen er den Geruch von Verwesung zurückbrachte.

      Und von Parfum, zischte eine ungebetene Stimme in ihrem Kopf.

      Tief in Daenas Bauch krampfte sich etwas zusammen. Sie versuchte noch, sich von diesem inneren Schlag zu erholen, als sie aus dem Augenwinkel etwas am Fenster vorbeifallen sah. Ein dumpfes Plumpsen war die Folge.

      »Was zum …«, entfuhr es ihr.

      Sie legte Messer und Rüben beiseite und wischte sich geistesabwesend die Hände an der Schürze ab, während sie ein paar Mal tief durchatmete, um sich zu sammeln.

      Merkwürdig, dass es ihr nichts ausgemacht hatte, Berekh ihre Schwäche zu zeigen, solange sie sich stark gefühlt hatte. Jetzt war ihr allein der Gedanke daran unangenehm. Sie hatte schließlich keine Sorgen. Der Tod stand nicht mehr an ihrer Schwelle, also gab es auch keine Entschuldigung mehr für ihre Tränen.

      Am Weg zur Tür hinaus wäre sie beinahe über Trudi gestürzt. Das letzte verbliebene Huhn hatte an den zu Boden gefallenen Rübenstücken herumgepickt und sich an dem gütlich getan, was eigentlich einmal ein Mittagessen hätte werden sollen. Als Daena das Tier unabsichtlich mit dem Fuß erwischte, stob es laut gackernd auf und lief in die angrenzende Stube.

      Daena hatte nicht riskieren wollen, auch noch ihr letztes Flügelvieh an den gefräßigen Drachen zu verlieren, also hatte sie Trudi im Haus Asyl gewährt. Dass das Huhn einen Namen bekommen hatte, war irgendwie nebenbei passiert. Aber wer einen Drachenangriff überlebte, hatte sich Daenas Meinung nach einen Namen verdient.

      Sämtliche Gedanken über Trudi und ihre eigenen Sorgen waren wie weggeblasen, sobald sie die Tür öffnete und sah, was sie dort draußen erwartete: ein peinlich berührter Magier, ein vor Stolz zappelnder Jungdrache … und ein verkohlter Haufen Fleisch.

      Sie hätte das Halsband nicht gebraucht, um zu erkennen, was Lrartsnjok da erlegt hatte. Der Kopf des Kadavers war ihr zugewandt, und die durch das Feuer verzerrten Gesichtsmuskeln des Tieres gaben den Blick auf das Gebiss frei. Ein Gebiss, das eindeutig zu raubtierhaft war, um irgendetwas zu gehören, das Daena als essbar tituliert hätte.

      Größe und Halsband legten darüber hinaus eine eindeutige Identität nahe: Revas, die alte, zottelige Hündin des Schusters, die beinahe blind gewesen war und fast noch schwerhöriger als ihr Herrchen. Jetzt hatte der Schuster in dieser Hinsicht wohl keine Konkurrenz mehr.

      Daena fühlte den Zorn in sich aufsteigen. Gut. Mit Wut konnte sie die Welt konfrontieren. Anklagend zeigte sie auf Berekh. »Du«, rief sie, »bekommst dieses Untier unter Kontrolle, oder es setzt etwas!«

      Sie hatte gerade noch Zeit, Lrartsnjoks betroffenen Ausdruck zu sehen. Dann legte sich der Wind, der Daena bis dahin davor bewahrt hatte, zu riechen, was von Revas übrig geblieben war. In ihr brodelte Übelkeit hoch. Zitternd warf sie die Tür wieder ins Schloss und lehnte sich gegen das Holz, das sich unangenehm warm in ihrem Rücken anfühlte.

      Sie bezwang den Brechreiz.

      Den Kampf gegen die Tränen verlor sie. Stumm und heiß brannten sie sich aus ihr heraus.

      ***

      »Ich habe den Hund begraben.«

      Berekhs Stimme klang erstaunlich kleinlaut. Trotzdem brachte Daena es nicht über sich, sich zu ihm umzuwenden. Ihr Zorn war verraucht, doch die Tränen hatten sie leer und matt zurückgelassen. Sie fühlte sich erschöpft, als hätte sie gerade eine Schlacht geschlagen – und dabei verloren.

      Oder wie nach einem Tag in den Minen, flüsterte die verhasste Stimme in ihr.

      Ihre Hand, die bisher beständig den Kochlöffel im Topf gerührt hatte – Gemüsesuppe; nichts, das auch nur entfernt nach Fleisch aussah – erstarrte mitten in der Bewegung. Mühsam zwang sie das Bild zurück in die Vergangenheit und konzentrierte sich auf den Sonnenschein, der durch das Fenster und auf ihre Haut fiel.

      Schließlich nickte sie, den Blick weiterhin in den Suppentopf gerichtet.

      »Er wird nicht sehr erfreut darüber sein, dass du sein Essen vergräbst.« Sie schaffte es, das Beben aus ihrer Stimme herauszuhalten.

      »Eigentlich …« Der Zauberer wurde noch leiser. »Eigentlich hat er für dich gejagt. Er wollte dich beeindrucken.«

      Daena seufzte. Auch das noch. Jetzt war es ihre Schuld, dass niemand diesem Biest jemals erklärt hatte, was geeignete Beute war und was er besser nicht anrühren sollte?

      »Es kommt nicht wieder vor, versprochen.«

      Berekhs Stimme klang näher. Unwillkürlich fingen ihre Hände an zu zittern. Daena straffte die Schultern und begann erneut zu rühren.

      »Es war Revas, ist dir das bewusst?«

      Einige Atemzüge lang herrschte Schweigen hinter ihr. Dann: »Ich gehe und sage es dem Schuster.«

      Jetzt wandte Daena sich doch um und sah ihren Mann mit dem Blick an, den er in so einer Situation verdiente. »Ich gehe.«

      Ihr Name war im Dorf weniger bekannt als der seine, an Berekhs Wirkung auf Menschen konnte das jedoch kaum etwas ändern. Sie mochten ihn respektieren, aber er war und blieb ihnen unheimlich. Und sie konnte es ihnen nicht verdenken, wenn sie in seine Augen sah, die ihr magisches Glühen nicht verloren hatten. Auf Außenstehende wirkte es befremdlich, ohne dass sie einen genauen Grund hätten benennen können. Doch Daena kannte ihn besser. Wie in seiner Zeit als Totenschädel verriet es ihr seine tiefsten Emotionen, selbst wenn er seine Gesichtszüge unter Kontrolle hatte.

      So sah sie auch jetzt das rote Feuer, das sich mit dem Grün seiner Augen mischte, und erkannte den Schmerz hinter der ernsten Miene. Etwa eine Sekunde lang, ehe seine Hand über ihre zweifellos immer noch geröteten Augen strich und seine Arme sie tröstend umschlossen. Er konnte ihre Gefühle ebensogut erahnen wie sie die seinen.

      »Ich versuche gerade,

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