Flammen des Sommers. Madeleine Puljic

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Flammen des Sommers - Madeleine Puljic Flammen des Sommers

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auf dem leeren Platz vor der Bibliothek erkannte Berekh das wahre Ausmaß der Veränderung, die in seiner Abwesenheit stattgefunden hatte: Yiryat, der katzengesichtige Drachenartige, der seit Jahrhunderten den Eingang dieses Wissenszentrums bewacht hatte und dem Berekh sich mehr verbunden fühlte als jedem menschlichen Bewohner Liannons, saß nicht auf seinem Podest. Ein rascher Blick zeigte ihm, dass Yiryat sich auch nicht auf der Wiese des angrenzenden Parks sonnte.

      Einmal darauf aufmerksam geworden, genügte ein mentales Abtasten, um seinen Verdacht zu bestätigen. Der Tatzelwurm befand sich nicht in der Stadt. Und auch sonst war kein einziges mythisches Wesen hier. Nicht einmal ein Irrlicht konnte er aufspüren, obwohl sie normalerweise die Labore in großer Zahl bevölkerten, angezogen von der magiegeladenen Atmosphäre, die dort herrschte.

      Das Murmeln hinter Berekh wurde lauter. Beim Anblick des verlassenen Podests hatte er unbewusst innegehalten – die Menge in seinem Rücken jedoch nicht. Allmählich schloss sie zu ihm auf. Mit einem Mal kam er sich ganz und gar nicht mehr wie der gefürchtete Schlächter vor. Er fühlte sich verfolgt.

      Berekh versuchte, das Gefühl der Bedrohung abzuschütteln, das ihn allmählich beschlich, doch es wollte ihm nicht so recht gelingen. Mit schnellen Schritten, von denen er hoffte, dass sie entschlossen wirkten, legte er den verbleibenden Weg zur Bibliothek zurück.

      Er zwängte sich sich durch das schwere Doppelflügeltor. Als das Tor hinter ihm zufiel und ihn in der staubigen Stille der Bücherhallen einschloss, atmete Berekh tief durch. Was stimmte hier nicht? Wieso sollte er sich von ein paar halbstarken Zauberern einschüchtern lassen? Ausgerechnet er? Wenn er wollte, könnte er vermutlich diese ganze dekadente Stadt dem Erdboden gleichmachen, und das im Alleingang. Aber gerade das machte ihr Verhalten so unheimlich.

      Wie ein Schwarm Hornissen, der sich bereit für einen Angriff machte.

      Was für ein Unsinn, schalt er sich selbst. Er war einer von ihnen. Außerdem war er nur hier, um Informationen auszutauschen, sonst nichts. Ein kurzes Gespräch, und er konnte wieder gehen. Den Rat der Arkanen vor einer möglichen Aktion der Nekromanten warnen und herausfinden, ob sie etwas über deren Verbleib wussten, das war alles.

      Vor dem Abendessen würde er wieder zu Hause sein.

      ***

      Der Ältestenrat der Arkanmagier glänzte durch Abwesenheit. Von den dreizehn Ältesten, die traditionsgemäß den Vorsitz der Magiergilde bildeten, fand Berekh gerade einmal vier in der Bibliothek vor. Bei zweien hatte er sich nicht einmal während der Schlacht bei Rinnval die Mühe gemacht, ihre Namen im Gedächtnis zu behalten, die Dritte verachtete er. Also richtete er seine Aufmerksamkeit direkt auf Tosalar, dem er immerhin ein Mindestmaß an Respekt entgegenbrachte.

      Das allerdings nicht erwidert zu werden schien.

      Der weißhaarige Zauberer fuhr von seinem Pult auf, sobald Berekh durch den Torbogen in den Ratssaal trat. »Was willst du schon wieder hier, In’Jaat?«, fragte er unwirsch.

      Berekh grinste. »Immer wieder herzerwärmend, welch freundlicher Empfang einem hier bereitet wird. Ihr rührt mich. Ich hätte nicht gedacht, dass ich euch so fehlen würde.«

      Interessant, dachte er und platzierte sich mit einer geringschätzigen Gebärde quer über die gepolsterten Armlehnen eines Lesesessels. Da hatte er geglaubt, innerlich endlich zur Ruhe gekommen zu sein, und dabei genoss er diese Machtspiele der Gilde wie eh und je. Mancher Dinge wurde man eben doch niemals müde.

      »Spar dir deine Unhöflichkeiten«, entgegnete Tosalar barsch. »Wieso bist du hier?«

      Auch die anderen Magier vernachlässigten mittlerweile ihre Arbeiten. Ihre Bücher lagen vergessen, die Tinte tropfte unbeachtet auf Papier und Boden, während sie ungeniert zu ihm herüberstarrten. Noch beobachteten sie den Disput der beiden Älteren wortlos, doch das ließ sich leicht ändern.

      »Brauche ich für meinen Besuch denn einen Grund?« Berekh hob die Augenbrauen. »Ich habe ebenso viel Recht, hier zu sein, wie ihr.«

      »Vielleicht in Liannon«, kommentierte eine bissige Frauenstimme, »aber dieser Teil der Bibliothek ist dem Rat vorbehalten. Du hast hier nichts zu suchen!«

      Berekh sah die junge Zauberin nicht einmal an. Er hatte gewusst, dass er Marosa mit seiner Bemerkung aus ihrer Starre reißen würde. Es hatte seinen Grund, weshalb er die rothaarige Zauberin selbst dann kaum ernst nehmen konnte, wenn er sich darum bemühte. Was er aus Prinzip nicht tat.

      Nein, den Erzmagier zu beobachten war viel aufschlussreicher. Das leichte Zucken, das bei Marosas Ausbruch durch sein Gesicht gefahren war, verschaffte Berekh die Vorfreude des Triumphs. Es verriet ihm, dass Tosalar nur zu gut wusste, was seine ignorante Gefährtin einmal mehr verabsäumt hatte, zu bedenken.

      Mit gespieltem Bedauern schüttelte Berekh den Kopf. »Hat sich immer noch niemand gefunden, der dem armen Mädchen das Lesen beibringt? Eine wahre Schande, diese mangelhaften Lehrpläne heutzutage.« Der vor Wut bebenden Magierin zugewandt fügte er hinzu: »Ich war Ratsmitglied, Teuerste. Und da ich weder mein Amt niedergelegt habe noch vom Rat ausgeschlossen wurde, bevor ich das Zeitliche gesegnet habe, bin ich es genau genommen immer noch. Was du natürlich wüsstest, wenn du dir nicht nur die amüsanten Teile meiner Geschichte zu Gemüte geführt hättest.« Er deutete durch das Tor auf die endlosen Reihen von Bücherregalen, die den Hauptteil des Gebäudes einnahmen. »Du kannst es nachlesen, falls jemand die Güte besitzt, dir den eigentlichen Zweck einer Bibliothek zu erklären.«

      Tosalar wollte wohl zu Wort kommen, denn er öffnete den Mund. Der beschwichtigende Einwand, den seine Gesten erahnen ließen, blieb jedoch ungehört. Marosa war schneller.

      »Die Statuten des Rates wurden sicherlich nicht für solche wie dich geschrieben!«, ereiferte sie sich.

      Nun horchte Berekh doch auf. Er fühlte, wie das Feuer durch sein Blut kroch: der wilde Teil seiner Magie, so sehr an seine Emotionen gebunden. Das Erbe seiner dryadischen Vorfahren, das ihm den Zugang zu den Lehren der Arkanen eigentlich hätte verwehren müssen. Aber zu seiner Zeit war das Wissen um die grüne Magie verschollen und vergessen gewesen, und lange Zeit hatte er selbst dazu beigetragen, dass es so geblieben war.

      Betont langsam setzte er sich auf, stützte die Ellbogen auf die Knie und legte das Kinn auf seine gefalteten Hände. Die Rothaarige begann bereits, sich unter seiner Aufmerksamkeit zu winden. Doch Berekh bohrte seinen Blick unerbittlich weiter in sie.

      »Und was genau«, fragte er ruhig und kalt, »verstehst du unter solchen wie mir?«

      Einen Moment lang zögerte sie, dann spuckte sie ihm ihre Antwort voller Hass ins Gesicht. »Was du bist, ist unnatürlich!«

      Berekh ließ seinen Blick an ihrem magiegeformten Körper auf-und niedergleiten. »Ach was.«

      Das belustigte Schnauben der beiden namenlosen Arkanen irritierte ihn kurzfristig. Ihre Anwesenheit hatte er vollkommen vergessen. Wer wählte nur solche persönlichkeitsarmen Langweiler in den Rat?

      Marosa dagegen schien ihnen mehr Bedeutung beizumessen. Erneut wollte sie aufbrausen, doch diesmal kam Tosalar ihr zuvor.

      »Schluss jetzt, Bredanekh!«

      Berekh verzog das Gesicht. Er hasste diesen Namen. Es hatte seinen Grund, weshalb er ihn abgelegt hatte. Zu viel Vergangenheit haftete daran.

      Der Ratsälteste schien seine Reaktion jedoch nicht zu bemerken, denn er fuhr ungehindert fort: »Wir wissen, dass du nicht nach Liannon kommst, weil du unsere Gesellschaft schätzt,

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