Flammen des Sommers. Madeleine Puljic

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Flammen des Sommers - Madeleine Puljic Flammen des Sommers

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lass es doch bleiben.«

      Als Antwort kniff Daena ihm in die Seiten, bis er lachend ihre Hände fing. Er musste ein wenig in die Knie gehen, um seine Stirn an ihre legen zu können, weil er sich weigerte, seine Umarmung zu lösen. Doch die Mühe schien es wert zu sein. Das Glühen in seinen Augen erlosch.

      ***

      Sie war nach dem Mittagessen aufgebrochen. Zu Fuß, da ihr das weniger aufwändig erschien, als ihren Ackergaul so weit zu putzen, dass man ihn ohne Bedenken reiten konnte. Der befand sich gerade im vorsommerlichen Fellwechsel und haarte, was das Zeug hielt. Was er kompensierte, indem er sich in etwa die gleiche Menge Dreck wieder ins Fell einrubbelte.

      Daena besaß nicht genügend Kleider, um es sich leisten zu können, sie durch so einen Ritt zu ruinieren. Und keinesfalls würde sie sich in Hosen im Dorf blicken lassen. Außerdem war der Weg nicht weit.

      Aber das Gespräch mit dem Schuster war schwieriger verlaufen, als sie erwartet hatte.

      Anfangs hatte er sie nicht richtig verstanden, obwohl sie aus voller Lunge gebrüllt hatte. Ständig wollte er ihr die Füße für neue Schuhe vermessen – rund und rot, wobei Daena keine Vorstellung davon hatte, wie runde Schuhe aussehen sollten. Er beschwichtigte sie jedoch, dass er das schon machen würde.

      Erst als sie schon dachte, bald hätte das ganze Dorf gehört, dass sein Hund tot war, begriff der alte Mann endlich, was sie ihm entgegenschrie. Er brach zusammen. Unter Schluchzen wollte er wissen, was denn geschehen sei, und Daena hatte Mühe, an der Geschichte festzuhalten, die sie sich so sorgfältig zurechtgelegt gehabt hatte. Immerhin konnte sie schlecht die Wahrheit erzählen. Bestimmt hatte Jusek bereits herumposaunt, was ihm in der Hütte des Heilers begegnet war. Gerade deshalb brauchte niemand auch noch das Detail zu erfahren, dass eben dieser Drache in den Haustierbeständen wilderte.

      Also schilderte sie so überzeugend wie möglich, dass Revas wohl etwas Falsches gefressen hatte und Berekh sie gefunden hatte. Held, der er war, hatte dieser natürlich versucht, das Tier zu retten, aber alle Mühe war vergebens gewesen. Der Zustand des armen Hundes war leider nicht mehr besonders ansehnlich gewesen, weshalb sie ihn in allen Ehren bestattet hatten.

      Daena fand, dass sie den schmalen Grat zwischen rücksichtsvoll allgemein gehaltener Auskunft und gerade genügend Ausschmückung, um die Erzählung glaubhaft zu machen, fast ohne Ausrutscher meisterte. Von den Maden hätte sie vielleicht nichts sagen sollen, aber der Schuster hing nun einmal sehr an seiner langjährigen Begleiterin und wollte sie unbedingt bei seinem eigenen Haus begraben. Davon sah er nach dieser Erwähnung ab.

      Die folgenden Stunden brachte Daena damit zu, den armen Mann zu trösten und sich Anekdoten aus Revas’ jungen Jahren anzuhören. Als der Schuster die Flasche mit Obstbrand endgültig geleert hatte, die zwischenzeitlich auf dem Tisch erschienen war, hatte er bereits zum mindestens zwölften Mal seufzend erzählt, dass sie eben schon immer ein neugieriges Tier gewesen war. Nie hatte sie die Schnauze voll bekommen, es hatte ja einmal so enden müssen mit ihr. Dann rülpste er noch einmal und knallte mit dem Kopf auf den Tisch.

      Daena vergewisserte sich rasch, dass er unverletzt war und sein Schnarchen in regelmäßigen Abständen kam. Dann löschte sie die Kerze, die schon gefährlich weit heruntergebrannt war. Erst da bemerkte Daena die Dämmerung, die durch das Fenster gekrochen kam. Sie hätte doch das Pferd nehmen sollen.

      Während sie durch die hereinbrechende Nacht marschierte und auf den Hügel zuhielt, der ihr Haus vom Dorf trennte, grübelte sie über einen Spitznamen, den sie Lrartsnjok verpassen konnte – Drachennamen konnte schließlich kein Mensch aussprechen. Allerdings dachte sie dabei weniger an eine Koseform. Mistdrache und Fresssack waren ihre Favoriten.

      Bis sie die Hügelkuppe erreicht hatte, war es bereits endgültig Nacht geworden, und ihre Sinne begannen, Alarm zu läuten. Unter sich konnte sie das Haus ausmachen.

      Es war dunkel.

      Im Hof leuchteten immer wieder einzelne Flammen auf. Sie erhellten einen verzweifelten Jungdrachen, der mit jedem Schniefen kleine Feuerwolken ausstieß.

      So schnell ihre Beine sie trugen, stürzte Daena den Hang hinab.

      »Was ist passiert?«, rief sie schon auf halbem Weg.

      Doch Lrartsnjok schüttelte nur den eckigen Kopf.

      »Wo ist Berekh?«, fuhr sie den Drachen an, sobald sie vor ihm stand. Am Liebsten hätte sie ihn gepackt und gerüttelt, aber dazu war er bedauerlicherweise ein wenig zu groß geraten.

      Mit zitternder Kralle deutete Lrartsnjok irgendwo nach rechts. Daena starrte in die Dunkelheit, konnte aber nichts erkennen.

      »In den Wald?«, hakte sie nach.

      Erneut war ein Kopfschütteln die Antwort. »Er hat gesagt, er ist gleich wieder da«, wimmerte der Drache. »Aber er ist überhaupt nicht gleich wieder da, er ist doch sofort nach dir weg!«

      »Wohin?« Die Angst schnürte ihr mittlerweile fast die Kehle zu, doch das minderte nicht ihre Lautstärke.

      »Durch ein rundes Ding in der Luft …«

      Daena stutzte. Berekh hatte ein Portal geöffnet? Wozu? Und wieso hatte er ihr nichts davon gesagt, wenn er doch gleich nach ihr aufgebrochen war?

      Mühsam zwang sie sich zur Ruhe. Mit aller Eindringlichkeit fragte sie: »Was hast du in diesem Ding gesehen? Eine Landschaft? Ein Zimmer?«

      Hinter den Schlieren und Wirbeln, die alles war, was jemand wie sie in einem Portal erkennen konnte, erhaschten Magiebegabte oft einen Blick auf das andere Ende der Verbindung. Und ein Drache galt doch sicher als magisches Wesen, oder nicht?

      Lrartsnjok blinzelte verdutzt. Ein konzentrierter Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. »Eine … Straße … Heißt das so? Viele Häuser links und rechts mit bunten Fenstern und Bildern an den Wänden. Sachen, die sich von allein bewegen. Oh, und leuchtende Dinger in den Bäumen!«

      Daena fluchte. Sie kannte nur einen Ort, auf den diese Beschreibung zutraf: Liannon, die Stadt der Magier. Und die schwebte hoch über ihren Köpfen. Irgendwo zwischen Saris im Süden und Zlaival im Norden, vielleicht sogar jenseits der ihr bekannten Welt. Sie könnte sich allerdings auch genauso gut in einer anderen Dimension befinden, soweit es Daena betraf.

      Denn ohne Magie führte kein Weg dorthin.

2. Kapitel

      Ewas hatte sich verändert, seit Berehk das letzte Mal hier gewesen war. Die Straßen waren noch dieselben, auch die feindseligen Blicke unterschieden sich nicht von jenen, mit denen man ihn bei früheren Besuchen bedacht hatte. Trotzdem spürte er, dass etwas ganz und gar nicht stimmte in Liannon.

      Der Fluss der Magie fühlte sich unnatürlich an, so als würde er in Bahnen gelenkt, für die er nie bestimmt gewesen war. Die Haare an seinen Armen stellten sich auf davon, aber er ließ sich sein Unwohlsein nicht anmerken.

      Einmal mehr schlüpfte Berekh in die Rolle des gefürchteten Zauberers und ging erhobenen Hauptes seines Weges. Er tat, als beachtete er die Menschen nicht, stellte sich taub für die Kommentare, die seine unpassende Kleidung provozierte. War das tatsächlich alles, was die anderen Magier so irritierte? Von Zeit zu Zeit hörte er, wie sie die Namen Schlächter und Rinnval flüsterten. Einmal war ihm sogar,

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