Mörderklima. Stefan Schweizer

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Mörderklima - Stefan Schweizer

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antwortete er. „Ich habe mit ClimateSave eigentlich gar nichts zu tun. Das ist nicht meine Baustelle. Meyer hat mich lediglich dazu verdonnert, Friedas Forschungsberichte und so weiter einmal ‚vorzulesen‘. Hahaha, du weißt ja, die Herren Professoren machen sich ungern die Hände schmutzig.“

      Ganz ohne schauspielerisches Zutun starrte Barbara Markus fragend in dessen blaue Augen und nahm vor lauter Erstaunen noch etwas vom Roten, wobei sie sich prompt verschluckte und dabei ein wenig verschüttete.

      „Macht nix!“, lachte Markus und hieb ihr wie ein Orang-Utan auf den Rücken. „Auf dem Sofa und auf dem Teppich hat es noch allerlei mehr Spuren.“

      Das dreckige Lachen sollte vermitteln, was man sich alles darunter vorstellen könnte.

      „Aber ich würde gerne den Wein von meiner Kleidung abwischen“, meinte Barbara, die sich nun nichts sehnlicher wünschte, als etwas mehr körperliche Distanz zu dem biochemisch determinierten, menschlich fragwürdigen Typen zu gewinnen.

      Markus sprang wie von der Tarantel gestochen auf und murmelte etwas von „Sofort“, wobei er wieder hinter der aus dem Billigsegment eines schwedischen Möbelhauses stammenden Bücherwand verschwand.

      „Dann hast du nie mit Frieda die Daten empirisch überprüft und nachgerechnet?“

      Ein eindeutiges „Nein!“ erfolgte stehenden Fußes, während durch die Geräuschkulisse offensichtlich war, dass Markus verzweifelt nach Taschentüchern suchte. Vielleicht hatte er ja alle beim Surfen im Internet aufgebraucht und nicht rechtzeitig für Nachschub gesorgt.

      „Und auch nie Einblick in die Datenbank erhalten, die bei unserem Institut in Bremerhaven als Koordinierungsstelle des ClimateSave-Projekts alle projektrelevanten Daten erfasst und verwaltet?“

      Der große, lockige Kopf mit dem Römerprofil schaute hinter der Bücherwand hervor, wobei der Körper weiter dahinter versteckt blieb.

      „Hey, soll das hier ein Fach-Meeting werden? Ich hatte mir das anders vorgestellt.“

      Sein Lachen sollte erneut keinen Zweifel daran lassen, was er sich genau vorgestellt hatte.

      „Ach, was! Reines Interesse. Passiert ja schließlich nicht so häufig, dass man jemanden näher kennenlernen möchte, mit dem man beruflich verbandelt ist“, versuchte Barbara mit größtmöglicher Lockerheit zu sagen und dabei gleichzeitig ein wenig anzüglich zu klingen.

      Auf Markus` Gesicht prangten Fragezeichen. Den Teil mit dem Vermischen von beruflichen und privaten Aspekten sah er eindeutig anders. Dann war plötzlich wieder sein ganzer Astral-Körper zu sehen, und er bewegte sich mit einer besorgniserregenden Geschwindigkeit auf Barbara zu, sodass diese einen sofortigen Übergriff befürchtete und sich schnell auf ihren Rotwein stürzte und noch mehr von dem furchtbaren Gebräu hinunterstürzte. Hoffentlich hatte der Kerl ihr keine K.O.-Tropfen oder etwas Ähnliches in das Getränk getan, um sie gefügig zu machen. Aber schnell verwarf sie den Gedanken, da dieser Typ von Mann so dermaßen von sich überzeugt war, dass er eine solche „Zwangsmaßnahme“ nie in Erwägung ziehen würde. Als er wieder neben ihr saß – dieses Mal passte nicht einmal mehr das Werbeblättchen eines Pizza-Services zwischen sie –, legte er vertrauensvoll eine Hand auf ihren Oberschenkel. Unter Mühen zog sie das Bein nicht weg, obwohl ihr die körperliche Nähe starkes Unwohlsein bescherte.

      „Bevor wir jetzt zum angenehmen Teil kommen“, begann er, wobei er versuchte, seine Stimme besonders tief klingen zu lassen und dabei sowohl die gestählte Brust als auch den Bizeps vorteilhaft zur Geltung zu bringen, „möchte ich dir das Ganze kurz erklären. Frieda und ich waren gute Kollegen. Und das Einzige, was uns beruflich verband, war, dass wir bei Meyer an demselben Institut arbeiteten. Und mit ClimateSave habe ich nichts zu tun. Ich musste für Meyer nur die Drecksarbeit erledigen und die Berichte vorab lesen und ihm diese dann mit Anmerkungen versehen, weiterleiten. Da ich ein pragmatisch denkender Mensch bin, haben sich meine Anmerkungen in Grenzen gehalten. Erstens denke ich, dass Frieda eine gute Wissenschaftlerin ist, äh war, und zweitens bin ich der Meinung, dass sich unser Obermufti doch selber Gedanken über das ganze Gedöns machen soll, zumal er es ja selbst auch noch liest. Die Schnittmengen mit eurem Projekt liegen eher bei Hans-Peter, ein Post-Doc, der sehr stark in die empirische Überprüfung der bei euch gesammelten Daten und Dokumente involviert war. Im Übrigen hatte ich keinen Zugang zu eurer Datenbank. Das war ein großes Staatsgeheimnis. Die Passwörter waren nur Meyer, Frieda und Hans-Peter bekannt.“

      Auf einen Schlag wummerte Barbaras Herz wie wild. Sie spürte es bis zum Hals hinauf schlagen. Bumm – Bumm – Bumm. Hatte diese dumme Schlampe sie doch schon wieder auf eine falsche Fährte gesetzt. Und jetzt saß sie bei diesem dauergeilen Muskelprotz, der offensichtlich keine Sekunde mehr verstreichen lassen wollte, ohne dass es endlich zur Sache kam. Was ihr Angst machte, denn lieber würde sie in ein Kloster gehen, als sich mit diesem geistigen Dünnbrettbohrer einzulassen, den sie sowohl optisch als auch menschlich abstoßend fand. Vor Schreck rutschte ihr beinahe das Herz in die Hose, als sie spürte, wie sich nun sein starker Arm um ihren Rücken legte, und er sie zu sich zu ziehen versuchte. Sie setzte ihre nicht unbeachtliche Masse ein, um dem zu widerstehen, was gar nicht so einfach war, da sich sein Muskeltraining wohl auszahlte.

      „Was ist denn? Können wir das berufliche Ratespiel endlich mal hinter uns lassen? Du hast doch auf dem Dating-Portal geschrieben, dass du eine offene Person bist und dass du starke Arme zum Anlehnen benötigst. Dass du neue Erfahrungen suchst, wobei du in dieser Sache bei mir genau richtig bist.“

      Sein linker Arm wanderte unaufhaltsam Richtung ihres großen rechten Busens. Nun kam zu dem in Techno-Beat-Geschwindigkeit wummernden Herzen auch noch hinzu, dass ihr schlecht wurde. Richtig schlecht. Der Wein stieß ihr auf und am liebsten hätte sie sich aus der Situation weggebeamt.

      „Dein schnell schlagendes Herz verrät mir, dass du es doch auch willst“, betätigte Markus seine poetische Ader, wirkte dabei aber wie ein Fitnesskaufmann, der einer Oma an den Geräten weismachen wollte, dass sie wie Jane Fonda in ihren besten Jahren war.

      Er zog sie jetzt mit beinahe brachialer Gewalt an sich heran und versuchte, ihr seine Zunge in den Hals zu stecken. Mit großer Kraftanstrengung stieß sie ihn von sich.

      „Das verstehe ich nicht“, jammerte er. „Dabei stehe ich genau auf Frauen wie dich. Gut gebaut, alles dran, wie es sein sollte, sehr fraulich …“

      Dieser Typ log auch noch, ohne rot zu werden. Wenn sie nur an Frieda dachte, war ihr klar, dass Markus alles mitnahm, was nur ging, und wohl jeder seiner neuen Eroberungen das Blaue vom Himmel versprach.

      „Mir geht es nicht gut!“, behauptete Barbara und bemühte sich, ein glaubhaft klingendes Würgen vorzutäuschen.

      „Das ist die Erregung!“, konterte Markus. „Das geht allen so …“

      „Nein, mir geht es gar nicht gut“, wiederholte Barbara und nutzte den Moment aus, denn der Doktorand hatte sie für eine Sekunde aus seiner Umklammerung freigegeben, was ihr ein blitzschnelles Aufstehen ermöglichte.

      Schnellen Schrittes ging sie zur Türe. Sie hörte, dass auch Markus aufstand und beschleunigte ihren Schritt. Wenn er sie einholte, war sie geliefert. Ein Albtraum, diese Situation, in den diese alte Schlampe sie gebracht hatte. Jetzt musste sie sich beinahe tatsächlich übergeben, da sie sich bildlich vorstellte, wie die beiden …

      „Ich gehe mich kurz frisch machen“, spielte sie ihre Trumpfkarte und hörte erleichtert, dass Markus jetzt stehen blieb.

      „Das ist eine ausgezeichnete Idee!“

      Als

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