Der Arzt vom Tegernsee Staffel 4 – Arztroman. Laura Martens

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Der Arzt vom Tegernsee Staffel 4 – Arztroman - Laura Martens Der Arzt vom Tegernsee Staffel

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der Tür stand – immerhin war sie es gewohnt, von ihrem Chef informiert zu werden –, huschte ein flüchtiges Lächeln über sein Gesicht, dann meinte er: »Ich muß bei den Eberts anrufen und mit ihnen wegen Meike sprechen. Wenn Frau Ebert nicht zu mir in die Praxis kommen will, dann suche ich sie auf.«

      Tina nickte verstehend und zog sich zurück.

      Dr. Baumann wählte, dann räusperte er sich. Er lauschte dem Ruf und wartete. Ihm war klar, daß die Frau des Künstlers verzweifelt war. Wenn er mit ihr nicht sprechen konnte, dann mußte er mit Gero Ebert reden. Es ging um die achtjährige Meike. Ihr mußte dringend geholfen werden.

      Der Ruf ging noch immer hin, und schließlich begriff Eric, daß niemand am anderen Ende den Hörer abnehmen würde. Er legte auf und wählte gleich darauf nochmals. Vielleicht hatte er sich ja bei einer Zahl geirrt. Einige Sekunden lauschte er dem Ton, dann gab er auf. Er nahm das Krankenblatt und konzentrierte sich nun auf die Patientin, die ihm gleich gegenübersitzen würde.

      *

      Frauke litt, und mit ihr litten die Kinder. Sie ließ diese nicht einmal in den Garten zum Spielen, denn sie schämte sich. Nun war sie völlig sicher, daß ihr Mann der schönen Angelina verfallen war. Für sie hatte er das Geld gebraucht. Bestimmt hatte er sie mit Geschenken überhäuft. Frauke dachte an Scheidung. Sie steigerte sich immer weiter in ihre Verzweiflung hinein, sie fühlte sich gedemütigt und wollte mit keinem Menschen sprechen. Dabei wartete sie jedoch darauf, daß Gero anrief. Aber das Telefon schwieg. An das Versprechen, das sie Frau Katharina gegeben hatte, dachte sie nicht mehr.

      Was sollte sie aber sonst tun? Sie war verzweifelt, und ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Das Gejammer und Streiten der Kinder zerrte an ihren Nerven, doch sie war nicht fähig zu reagieren. So herrschte im sonst so sauberen und freundlichen Haus der Familie Ebert das Chaos. Frauke erledigte nur die allernötigste Hausarbeit. Es war fast ein Wunder, daß ihr überhaupt auffiel, daß ihre Tochter bei jedem Bissen, den sie zu sich nahm, würgte. Genervt schrie sie diese an:

      »Hör mit diesem Theater auf! Ich falle nicht länger darauf herein. Diesmal bleibst du sitzen, bis du alles aufgegessen hast.«

      »Ich kann nicht!« Meike schossen die Tränen in die Augen.

      »Iß!« Frauke schob den noch immer vollen Teller weiter unter die Nase ihrer Tochter.

      Meike versuchte, nicht auf den Teller zu sehen. Doch dieses Mal war die Mutter unerbittlich.

      »Los! Wenn du jetzt nicht ißt, dann stopfe ich dir jeden Bissen selbst in den Mund.«

      Meike wollte die Mutter nicht ärgern. Sie griff zur Gabel, aber als sie ein Stücken der Pommes frites aufspießte, kam ihr bereits alles wieder hoch. Schnell preßte sie die Lippen aufeinander.

      »Was soll das? Mach endlich deinen Mund auf!« Frauke nahm die Hand ihrer Tochter und führte diese mit dem Kartoffelstückchen zum Mund. Da konnte Meike nicht mehr anders, sie übergab sich.

      Entsetzt sprang Frauke auf, ihr Zorn legte sich schlagartig. Ihre Tochter würgte und würgte, aus ihrem Mund kam nur eine grünliche, schleimige Flüssigkeit. Ihr wurde bewußt, daß Meike in den letzten Tagen kaum etwas gegessen hatte. Sie hatte versagt, auch als Mutter hatte sie versagt. Sie nahm Meike in die Arme, die jetzt von einem Weinkrampf geschüttelt wurde. Auch sie zitterte, trotzdem versuchte sie jetzt, ihre Tochter zu beruhigen.

      »Ich kann nicht, Mami! Ich kann wirklich nichts essen.« Erneut begann Meike zu würgen. Aber da ihr Magen leer war, kam nichts mehr heraus.

      Frauke, die sich selbst kaum noch auf den Beinen halten konnte, führte ihre Tochter ins Badezimmer und begann dort, ihr das Gesicht zu waschen. Auch das beschmutzte T-Shirt zog sie ihr aus. Wie blaß und durchscheinend Meikes Gesichtchen war! Eigentlich waren da nur die großen

      dunklen Augen, die jetzt überliefen. Zum ersten Mal bemerkte Frauke auch die hervorstehenden Rippen. Ihre Tochter war wirklich nur noch Haut und Knochen. Was hatte Frau Katharina gesagt? Dr. Baumann wollte ihre Kinder untersuchen? Natürlich! Ihm war aufgefallen, wie schlecht Meike aussah. Wie hatte es nur soweit kommen können! Ihre Kinder waren doch immer ihr ein und alles gewesen. Sie zog Meike noch enger an sich, und nun weinte auch sie.

      »Mami, Mami!« Florian begann zu schreien. Zuerst hörte Frauke ihn gar nicht, doch dann ertönte ein lautes Klirren, und als sie mit ihrer Tochter ins Eßzimmer kam, sah sie, daß Florian einen Teller und eine Tasse zu Boden geworfen hatte.

      »Aber Florian, was soll denn das?« Verzweifelt rang Frauke die Hände. Was war nur aus diesem lieben Kind geworden?

      »Ich will auf den Flugplatz!« Florian stampfte mit dem Fuß auf. »Ich will zu Papa!« Erneut stampfte er auf. »Ich will zum Onkel Doktor, ich will Franzl besuchen!«

      Dr. Baumann! Ja, sie mußte die Kinder in seine Praxis bringen. Fraukes Hände fuhren an die Schläfen. Sie preßte die Fingerspitzen dagegen, denn hinter ihrer Stirn pochte und dröhnte es.

      »Wir gehen zu Dr. Baumann«, sagte sie, ihre Hände sanken wieder herab. »Meike, würdest du dir bitte ein frisches T-Shirt anziehen?«

      Meike fuhr sich über die Augen, doch dann gehorchte sie und ging hinüber ins Kinderzimmer. Frauke sah auf die Scherben, und erneut stieg Panik in ihr hoch. Dann fiel ihr Blick aber auf Florian, der jetzt mit gesenktem Kopf dastand. Sie ging zu ihm und nahm ihn auf den Arm. »Das war nicht lieb von dir«, sagte sie, doch zu mehr fehlte ihr die Kraft.

      Irgendwie gelang es ihr dann doch, die Kinder ins Auto zu setzen und zum Doktorhaus zu fahren. Zum Glück dauerte die Fahrt nicht lange, denn Florian begann schon wieder zu quengeln. Sie fand auch eine Parklücke, und es gelang ihr einzuparken, doch dann konnte sie nicht mehr. Ihre Stirn sank gegen das Lenkrad.

      »Mami!« Meike begann zu weinen. »Mami, ist dir auch schlecht? Bist du krank?«

      »Nein, nein! Ich bin nur so müde.« Langsam hob Frauke wieder den Kopf und drehte sich nach ihren Kindern um. »Wir werden jetzt in die Praxis gehen. Bitte, seid lieb!«

      »Ich gehe zu Franzl!« verkündete Florian und zerrte an seinem Gurt.

      Auch Meike versuchte, den Gurt zu öffnen, ihr gelang es selbst. Sie öffnete auch die Autotür und schlüpfte hinaus.

      »Ich will auch, ich will auch!« kreischte Florian.

      Frauke öffnete den Mund, sie wollte schreien, doch noch einmal riß sie sich zusammen. Sie stieg aus und hob ihren Sohn aus seinem Kindersitz. Er strampelte und drehte sich heftig in ihren Armen, und schließlich riß er sich los und eilte zum Gartenzaun.

      »Franzl, Franzl, wo bist du? Ich darf dich anfassen, der Onkel Doktor hat es erlaubt.« Er versuchte, auf den Zaun zu klettern. Hilflos, mit hängenden Armen, stand Frauke neben ihrem Auto.

      Katharina hängte gerade hinter dem Haus Wäsche auf. Sie stutzte, denn da kam Franzl angesprungen und raste an ihr vorbei.

      »Franzl!« rief Katharina. Sie wischte sich die nassen Hände an der Schürze ab und folgte dem Hund. Sie mußte doch nachsehen, was hier los war. Dann öffnete sie auch sofort die Gartentür und trat auf die Straße hinaus, als sie Frau Ebert und ihre Kinder erkannte.

      »Das ist eine Überraschung!« Sie lächelte, obwohl sie sofort bemerkte, daß hier einiges nicht stimmte. Am liebsten hätte sie alle drei gleichzeitig in die Arme genommen und gedrückt. Sie griff jedoch als erstes nach Florian. »Wenn du nicht so laut schreist, darfst du

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