Der Arzt vom Tegernsee Staffel 4 – Arztroman. Laura Martens
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Elisa seufzte, dann stimmte sie zu: »Wir haben Meike und Florian auch schon lange nicht mehr gesehen. Sie wollten uns doch schon vor vierzehn Tagen besuchen kommen, doch dann haben sie wieder abgesagt.«
»Du weißt doch, Gero hat sich mit der Galerie viel Arbeit aufgehalst.«
»Ja, ich weiß, aber schon die Eröffnung war ein großer Erfolg.« Unwillkürlich streckte sich Elisa. Sie war sehr stolz auf ihren Sohn.
»Diese Einweihungsfeier liegt auch schon wieder ein halbes Jahr zurück«, sagte Reiner nachdenklich, »seither haben wir unsere Kinder nicht mehr gesehen.«
Elisa zuckte die Achseln. »Die Zeit vergeht so schnell. Aber es ist gut, wir fahren an den Tegernsee. Ich werde einen Koffer packen, denn ich möchte dann auch einige Tage bleiben. Platz haben wir ja in Geros Haus.«
»Natürlich! Wir hätten schon längst einmal bei den Kindern anrufen müssen.« Unsicher lächelte Reiner. Als Pensionär hatte er eigentlich fast weniger Zeit als vorher.
Elisa eilte bereits wieder die Treppe hinauf ins Schlafzimmer. Als Reiner ihr folgte, hatte sie bereits den Koffer vom Schrank genommen.
*
Katharina Wittenberg öffnete dem Ehepaar Ebert die Haustür. Fragend sah sie auf das ältere Paar.
»Ebert«, stieß Reiner Ebert hervor. »Wir kommen wegen unserer Enkelkinder und wegen unserer Schwiegertochter. Wir wurden von Dr. Baumann angerufen.«
»Richtig!« Katharina lächelte. »Bitte, regen Sie sich nicht auf. Meike und Florian spielen im Garten, und Frauke hat sich hingelegt.«
»Aber wir verstehen das nicht! Wo ist unser Sohn?« mischte sich Elisa Ebert ein.
»Wahrscheinlich ist er in Bad Wiessee. Aber treten Sie doch näher. Ich bin Katharina Wittenberg, die Haushälterin von Dr. Baumann.« Mit großer Selbstverständlichkeit reichte sie dem Ehepaar die Hand. »Kommen Sie bitte mit auf die Terrasse, dort können Sie Ihre Enkelkinder begrüßen, und Dr. Baumann wird Ihnen dann alles weitere erklären.«
»Aber was ist mit Frauke? Ist sie krank?«
»Nein, nein, sie ruht sich nur etwas aus. Wenn Sie mit Dr. Baumann gesprochen haben, dann können Sie mit Frauke und den Kindern nach Hause fahren.«
Elisa und Reiner Ebert sahen sich an. Sie verstanden immer weniger. Katharina ließ ihnen jedoch keine Zeit zu weiteren Fragen oder Überlegungen, sie ging einfach voraus und führte das Ehepaar durch das Haus hinaus auf die Terrasse.
Franzl, mit dem die Kinder gespielt hatten, kam herangeschossen. Bellend stürmte er die Terrassenstufen hinauf. Meike und Florian erkannten ihre Großeltern und eilten hinterher. Großvater und Großmutter öffneten ihre Arme, und die Kinder stürzten sich begeistert hinein. Nur zu gerne ließen sie sich herzen und küssen. Zufrieden sah Katharina zu. Großeltern und Enkel schienen sich zu mögen und zu lieben. Also doch eine heile Welt, dachte sie.
»Sie haben doch sicher nichts gegen eine Tasse Kaffee? Bitte, setzen Sie sich doch.«
»Nein, nein, wir wollen nicht länger stören«, meinte Herr Ebert und wechselte mit seiner Frau einen Blick.
»Ich habe den Kaffee schon gemacht. Die Kinder haben vorhin bereits Kakao bekommen. Bitte, setzen Sie sich, ich hole den Doktor.«
Wieder ließ Katharina keine Fragen aufkommen und verschwand. Es blieb aber auch keine Sekunde still, denn Florian begann sofort begeistert von Franzl, dem liebsten Hund der Welt, zu erzählen.
Katharina verständigte Dr. Baumann, und dieser kam sofort. Man begrüßte sich, wechselte zuerst nur belanglose Worte. Die Kinder und der Hund sorgten für Unruhe. Doch gleich darauf erschien auch Katharina mit dem Kaffee. Sie stellte die Tassen, Milch und Zucker auf den Tisch, dann schnappte sie sich die Kinder und den Hund, und schon ging es die Terrassenstufen wieder hinunter und in den Garten hinein.
Dr. Baumann war es, der zur Kaffeekanne griff und die Tassen füllte. Wie beiläufig sagte er: »Ihre Schwiegertochter hat sich im Gästezimmer hingelegt. Ich habe ihr etwas zur Beruhigung gegeben. Sie war sehr erregt.«
»Aber was ist mit unserem Sohn?« platzte Elisa Ebert heraus.
»Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich konnte ihn nicht erreichen. Irgend etwas muß vorgefallen sein, aber Ihre Schwiegertochter wird Ihnen Ihre Fragen bestimmt beantworten können. Ich habe sie angerufen, weil Ihre Schwiegertochter eine Art Nervenzusammenbruch hatte. Sie braucht jetzt Ruhe, und die beiden Kinder zu beaufsichtigen in ihrem momentanen Zustand, ist nicht ganz einfach.«
Reiner Ebert kam seiner Frau mit der Antwort zuvor: »Wir kümmern uns natürlich um unsere Enkelkinder. Wir können sie auch mit nach Würzburg nehmen. Meike und Flori waren schon oft bei uns. Nicht wahr, Elisa?«
Elisa nickte. Automatisch hatte sie nach der Tasse gegriffen und hielt sich daran fest. Sie versuchte zu verstehen, aber es gelang ihr noch immer nicht.
»So einfach ist das nicht«, meinte der Arzt. Er sah von Elisa zu Reiner Ebert. »Bitte, bedienen Sie sich.«
Er wartete, nahm dann selbst einen Schluck Kaffee, ehe er fortfuhr: »Ich werde offen mit Ihnen sprechen, weil ich Sie bitten möchte, dies dann auch mit Ihrem Sohn und Ihrer Schwiegertochter zu tun. Es geht um Meike. Meike leidet an Magersucht.«
»Darum werde ich mich kümmern.« Elisa Ebert streckte sich. »Mir ist auch schon aufgefallen, wie dünn Meike ist. Ich werde sie schon aufpäppeln.«
»Damit ist es leider nicht getan. Magersucht ist eine ernstzunehmende Krankheit. Auch wenn das Kind es eigentlich will, so bringt es doch keinen Bissen herunter. Auch ich kann Meike nicht helfen. Sie brauchte dringend eine Therapie. Sie muß wieder essen lernen.«
»Das ist doch nicht möglich! Das glaube ich nicht!« Elisa Ebert rang die Hände.
»Leider ist es so!« Dr. Baumann lehnte sich zurück. Nun begann er, über diese Krankheit zu sprechen, eine Krankheit, die meistens eine seelische Ursache hatte. Er sprach auch von Kliniken, die sich darauf spezialisiert hatten.
Die Großeltern sagten nichts mehr. Sie mußten das, was sie da aus berufenem Munde zu hören bekamen, erst verkraften.
Nun erschien Frauke Ebert auf der Terrasse. Sie hatte etwas geruht, denn das ihr verabreichte Mittel hatte seine Wirkung getan. Im ersten Moment starrte sie verwundert ihre Schwiegereltern an, dann begriff sie, daß Dr. Baumann diese benachrichtigt haben mußte.
Elisa Ebert war bereits aufgesprungen, eilte auf ihre Schwiegertochter zu und schloß sie in die Arme.
»Wir gehen nach Hause, Frauke, dort erzählst du uns dann alles. Ich bin so froh, daß wir jetzt hier sind. Du mußt dir keine Sorgen mehr machen. Papa und ich, wir werden uns um alles kümmern.«
Frauke war dankbar für die starken Arme der Schwiegermutter. Sie hatte jetzt das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. »Die Kinder«, stammelte sie, »wo sind die Kinder?«
»Im Garten! Wir nehmen sie mit.« Elisa Ebert streichelte ihre Schwiegertochter. »Zu Hause werden wir in Ruhe über alles reden. Ich bin hier, und du kannst dich ganz auf mich verlassen.«
Frauke