Sophienlust Staffel 15 – Familienroman. Elisabeth Swoboda

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Sophienlust Staffel 15 – Familienroman - Elisabeth Swoboda Sophienlust Staffel

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näher, Jens«, sagte Daniel.

      »Jens?«, fragte Anjuta. Sie saß jetzt aufrecht im Bett.

      Der Junge nickte und kam langsam näher. Er ging bis zum Bett. Dort blieb er hilflos stehen. Alle seine Gefühle waren in Aufruhr.

      »Komm!« Anjuta streckte die Arme nach ihm aus. Sie hatte entsetzliche Angst, er könnte sie ablehnen.

      Doch Jens setzte sich auf die Bettkante und legte seinen Kopf an ihre Brust. »Mutti!«

      Da schlang Anjuta ihre Arme um die Schultern des Jungen und wühlte ihr Gesicht in sein Haar. Es wurde nass von ihren Tränen. »Mein Kind«, flüsterte sie. Immer wieder streichelte sie Jens’ Schultern und seinen Kopf, Daniel hatte sie vergessen.

      Daniel hatte sich ans Fenster gestellt. Von dort aus beobachtete er Mutter und Sohn. Und in diesem Moment, in dem er abseits stand und gar nicht im Mittelpunkt, erkannte er, dass Anjuta ihm plötzlich wieder alles bedeutete. Er hatte sie vergessen gehabt, viele Jahre lang. Doch jetzt wusste er auf einmal, dass sein Leben ohne sie sehr leer und einsam sein würde.

      Es dauerte lange, bis sich Anjuta und Jens wieder an Daniel erinnerten.

      »Komm zu uns«, bat Anjuta und streckte die freie linke Hand nach Daniel aus.

      Er setzte sich auf die andere Bettseite und erzählte in abgekürzter Form, wie er Jens gefunden hatte.

      »Möchtest du lieber wieder zu deinen Pflegeeltern zurück?«, fragte Anjuta ängstlich.

      Jens schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, aber wo soll ich denn jetzt bleiben?«

      Daniel und Anjuta blickten sich an.

      Da senkte der Junge den Blick. Er begriff, dass er bei keinem bleiben konnte. »Nach Gmund möchte ich aber nicht mehr zurück«, wiederholte er noch einmal. »Lieber gehe ich in ein Heim.«

      »Natürlich«, rief Daniel aus. »Dass ich nicht gleich daran gedacht habe!«

      Jens schaute ihn an mit dem Blick eines geprügelten Hundes. In ein Heim also, dachte er. Und ich habe mich so gefreut. Worauf, das wusste er allerdings selbst nicht genau. Er sah ja ein, dass er in dem Sanatorium bei seiner Mutter nicht bleiben konnte. Seine Großeltern wollten ihn auch nicht, und dieser Herr Fernau war ein Fremder.

      Aber eigentlich hatte Jens gar nicht mehr das Gefühl, dass Daniel ihm fremd sei. Wenn er mich behalten würde, würde ich gern bei ihm bleiben, dachte er. Aber wahrscheinlich geht das auch nicht. »Haben Sie keine Kinder?«, erkundigte er sich vorsichtig.

      »Doch«, sagte Daniel. »Eine kleine Tochter. Ulrike heißt sie. Sie ist in Sophienlust. Und dorthin werde ich dich auch bringen.«

      »Ich denke, Sie wollen mich in ein Kinderheim bringen?«, fragte Jens.

      »Sophienlust ist ein Kinderheim.«

      »Oh!« Jens hätte gern gefragt, warum Daniels Tochter in einem Kinderheim lebte. Aber dann kam ihm das doch zu neugierig vor.

      »Sophienlust ist kein normales Kinderheim«, erklärte Daniel ihm. »Ulrike ist sehr glücklich dort.«

      »Hat sie keine Mutti mehr?«, wollte Jens wissen.

      »Doch.« Daniels Züge verschlossen sich. »Aber Ihre Mutti hat keine Zeit für sie.«

      Jens schwieg, und Anjuta legte sich in die Kissen zurück. Sie dachte an Carstas Besuch und an die gemeine Szene, die sie ihr gemacht hatte. Ob Daniel davon wusste?

      Eine Schwester trat ein und bat Daniel, die Patientin nicht zu sehr anzustrengen.

      Daniel verstand den Wink. »Wir gehen schon, Schwester.« Und zu Anjuta sagte er: »Wir kommen morgen Vormittag wieder.«

      Jens beugte sich vor und gab Anjuta einen Kuss auf die Wange. Dabei wurde er rot. »Gute Nacht, Mutti«, sagte er leise.

      »Und werde bald wieder gesund.«

      Nachdenklich schaute Anjuta den beiden nach, als sie das Zimmer verließen. Werde bald wieder gesund, hatte Jens gesagt. Daniel hatte ihn also nicht ganz aufgeklärt. Plötzlich presste sie ihr Taschentuch an den Mund und biss hinein. Jetzt, da ich mein Kind endlich gefunden habe, muss ich sterben, dachte sie. Ein Weinkrampf schüttelte ihren ganzen Körper. Doch als die Schwester eintrat, trocknete sie schnell ihre Tränen. Sie wusste, dass der Arzt den Schwestern befohlen hatte, alle Aufregungen von ihr fernzuhalten.

      Womöglich lassen sie Daniel und Jens nicht mehr zu mir, wenn sie glauben, dass die beiden mich aufregen, überlegte sie. »Es ist nur die Freude«, sagte sie schnell zu der Schwester. »Ich weine vor Freude.«

      »Und worüber freuen Sie sich so?«, fragte die ältere Schwester misstrauisch.

      »Über mein Kind. Ich habe mein Kind gefunden.« Nun schluchzte Anjuta erst recht auf und ließ zu, dass die Schwester sie mütterlich in die Arme nahm. Und diesmal weinte sie wirklich vor Freude.

      *

      Daniel wohnte mit Jens in der gleichen Pension, in der er vorher schon allein gewohnt hatte.

      Jens hatte seit dem Verlassen des Krankenhauses kein Wort gesprochen. Zu viel Neues war auf einmal auf ihn eingestürmt. Daniel verstand das und ließ ihn in Ruhe.

      »Wir werden hier im Hause eine Kleinigkeit essen und dann gleich zu Bett gehen.«

      »Kriegen wir denn hier etwas?«, fragte Jens. Er hatte eigentlich gar keinen Hunger. Er aß immer wenig. Daran hatte er sich bei den Nissens gewöhnen müssen.

      »Unten ist ein kleines Restaurant. Nichts Besonderes, aber sauber und ordentlich.«

      Das, was Daniel als »nichts Besonderes« bezeichnet hatte, beeindruckte Jens immens. Er hatte ja vorher nie ein richtiges Restaurant betreten, sondern immer nur die Gmunder Gastwirtschaft, in der er für den alten Nissen den Kornschnaps hatte holen müssen.

      »Wie gefällt dir deine Mutti?«, fragte Daniel, sobald sie saßen.

      Jens’ Augen begannen zu leuchten. »Sie ist wunderschön«, sagte er, weil er nicht genau wusste, wie er seine Begeisterung ausdrücken sollte.

      Ja, dachte Daniel, Jens hat recht. Sie ist wunderschön. Und ich habe mich wieder in sie verliebt, obwohl ich nun eine Familie habe und obwohl ich weiß, dass ich Anjuta verlieren werde.

      »Haben Sie etwas?«, fragte Jens erschrocken.

      »Nein, warum?« Daniel blickte den Jungen irritiert an. »Sehe ich so aus?«

      »Ich dachte, Ihnen sei nicht gut«, entschuldigte sich Jens.

      »Warum sagst du nicht einfach Onkel Daniel zu mir?«, schlug er vor. Dass sein eigener Sohn ihn siezte, störte ihn.

      »Wenn ich darf?«

      »Natürlich darfst du. Ich bitte dich ja darum.« Daniel fuhr Jens streichelnd übers Haar. Zum ersten Mal.

      Da fand Jens endlich den Mut, Daniel das zu sagen, was ihn schon den ganzen Nachmittag quälte. »Hoffentlich denkst du nicht, dass ich undankbar

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