Sophienlust Staffel 15 – Familienroman. Elisabeth Swoboda
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Daniel stellte fest, dass Ulrike jetzt viel gelöster und ausgeglichener war als früher.
Auch ihre Schüchternheit hatte sie völlig abgelegt. Sophienlust schien ihr gut zu bekommen.
Daniel erzählte in groben Zügen, wie er Jens kennengelernt hatte und warum er überhaupt nach ihm gesucht hatte. »Seine Mutter hat mich darum gebeten.«
»Warum hat sie es denn nicht selbst getan?«, fragte Ulrike naiv.
»Weil sie krank ist«, antwortete Jens.
»Aber sie wird bald wieder gesund sein. Dann holt sie mich zu sich.«
Daniel senkte den Blick. Er hatte den Kindern nur so viel erzählt, wie er für notwendig hielt. Trotzdem hatte er natürlich kurz geschildert, wie schlecht es Jens bei der Familie Nissen ergangen war.
Als Ulrike das hörte, streichelte sie mitfühlend und ohne jede Scheu Jens’ Hand.
Auch das war für den Jungen neu. Es löste eine spontane Zuneigung zu dem kleineren Mädchen in ihm aus.
Während Ulrike und Jens im Haus waren, diskutierten die anderen Kinder natürlich über den Neuen. Ausnahmslos fanden ihn alle nett. Den meisten tat er leid, weil er so schüchtern war.
»Dabei sieht er richtig gut aus«, meinte Pünktchen.
»Und gescheit scheint er auch zu sein«, fügte Nick hinzu. »Er muss bloß ein bisschen selbstbewusster werden. Ich glaube, er lebt in der dauernden Angst, irgendetwas falsch zu machen.«
»Wer weiß, was der arme Kerl alles durchgemacht hat«, sagte Irmela.
»Jetzt fährt Ulrikes Vater wieder weg.« Vicky deutete mit der Hand zum Haus. Dort stieg Daniel Fernau gerade in seinen Wagen ein. Jens und Ulrike standen nebeneinander und winkten dem davonfahrenden Auto nach.
»Wollen wir wieder zu den anderen gehen?«, fragte Ulrike.
Jens nickte nur.
»Oder soll ich dir lieber den Park zeigen?«, fragte Ulrike.
»Zeig mir den Park«, bat er. Die vielen Kinder machten ihn unsicher. Er stand ohnehin immer nur dabei und hörte zu.
Mit Ulrike konnte er wenigstens sprechen. Außerdem kannte er ihren Vati.
Das verband ihn mit ihr mehr als mit den anderen Kindern.
»Dein Vati hat mir erzählt, dass deine Mutti Schauspielerin ist«, sagte er. »Eine sehr berühmte sogar.«
»Ja«, sagte Ulrike nur.
»Da musst du doch mächtig stolz auf sie sein.«
»Ich bin nicht stolz auf sie.« Ulrikes Miene war plötzlich sehr abweisend.
»Habe ich irgendwas Falsches gesagt?«, fragte Jens erschrocken.
»Nein. Ich mag bloß nicht gern an meine Mutti denken.«
»Das verstehe ich nicht.« Die beiden waren vor dem Spielplatz stehen geblieben. »Ich könnte dauernd an meine Mutti denken. Sie ist so lieb und schön …«
»Schön ist meine Mutti auch, aber nicht lieb.«
»Nicht?«, fragte Jens erstaunt.
»Nein, überhaupt nicht. Deshalb bin ich auch viel lieber in Sophienlust.«
»Magst du gar nicht mehr nach Hause?«, fragte Jens entgeistert.
Ulrike überlegte. Dann schüttelte sie den Kopf. »Hier gefällt es mir besser.«
»Und du hast überhaupt kein Heimweh nach deinen Eltern?«
»Doch. Nach Vati schon.« Ulrike setzte sich auf eine der Schaukeln.
»Soll ich dich anschieben?«, fragte Jens.
»Ja, mach nur«, bat sie. »Aber nicht so fest. Ich trau mich nicht, so hoch zu schaukeln. Willst du es auch einmal versuchen?«
Ulrike machte die Schaukel für Jens frei und schaute ihm bewundernd zu, als er hoch hinauf in die Luft flog.
»Bist du aber mutig«, staunte sie.
»Bin ich gar nicht.« Jens stoppte mit den Füßen, bis er stand. »In Gmund haben sie mich immer Feigling genannt.« Es fiel ihm nicht leicht, das auszusprechen. Doch er wollte Ulrike gegenüber ehrlich sein, weil sie Onkel Daniels Tochter war und weil sie so nett zu ihm war. Aber nett waren die anderen Kinder ja eigentlich auch alle. Niemand hatte ihn ausgelacht oder versucht, ihn zu verprügeln wie in Gmund. Aber jetzt bin ich ja auch besser angezogen, dachte er.
»Warum haben sie dich einen Feigling genannt?«, fragte Ulrike treuherzig.
»Weil …, weil ich mich niemals geprügelt habe. Ich meine, ich habe mich nicht gewehrt, wenn sie mich ausgelacht haben.«
»Warum haben sie dich ausgelacht?«
»Weil ich nie Schuhe anhatte.« Jens senkte den Blick. »Und weil ich immer so zerlumpt angezogen war. Und weil mein Pflegevater immer betrunken war.«
»Oh«, hauchte Ulrike mitfühlend. Wieder legte sie ihre kleine Hand auf Jens’ Arm. Sie war ein Kind, das besonders viel Zärtlichkeit abgab. Dabei hatte sie von der Mutter nie echte Liebe und Zärtlichkeit erfahren.
Das kleine Mädchen konnte sich zwar nicht vorstellen, wie das war, wenn man einen Vater hatte, der immer betrunken war, aber es war wahrscheinlich sehr schlimm. »Mein Vati ist nie betrunken«, sagte Ulrike. »Er ist der liebste Vati von der ganzen Welt.«
»Das glaube ich dir.«
»Möchtest du auch so einen Vati haben wie ich?«, fragte sie weiter. Da sie von der Mutter vernachlässigt worden war, konzentrierte sich nun ihr ganzer Stolz auf den geliebten Vater.
»Ja«, sagte Jens sehnsüchtig.
»Aber du musst doch eigentlich auch einen Vati haben«, plapperte Ulrike unbekümmert weiter.
»Schon. Aber ich kenne ihn nicht. Ich bin schon froh, dass ich meine Mutti jetzt kenne.«
»Ist sie lieb?«
»Und wie«, antwortete der Junge begeistert. »Wenn sie wieder gesund ist, nehme ich dich einmal mit zu ihr.«
»Wirklich?« Ulrike schaute strahlend zu ihm auf. Jens gefiel ihr, weil er nicht so ruppig war wie die anderen älteren Jungen. Und doch war er größer und stärker und wusste viel mehr.
Beim Abendessen setzte sich Ulrike neben Jens. »Du darfst essen, so viel du willst«, klärte sie ihn auf.
»Ja, und du darfst jederzeit nachfassen«, rief Vicky über den Tisch.
Jens aß seinen Teller mit großem Appetit leer. So gutes Essen hatte es bei den Nissens nie gegeben. »Habt ihr immer so gutes Essen?«, fragte er Ulrike leise.
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