Sekten, Sekt und Selters - Ein Moselkrimi. Carl von Lieser

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Sekten, Sekt und Selters - Ein Moselkrimi - Carl von Lieser

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(wie er es formulieren würde), dem man tunlichst aus dem Wege zu gehen hatte?

      Der Morgen hatte so friedlich angefangen, und selbst die ganze Nacht über hatte es keinen einzigen Polizeieinsatz in Trier gegeben. Die Stadt hatte wie gewohnt verschlafen am Fluß gelegen, ihre Bürger sittsam in ihren Betten, wo sie traumverloren die Greuel verschnarchten, die sich in der Nacht am Moselufer zutrugen. Denn das war klar, die mußte es gegeben haben, die Beweise lagen uns zu Füßen...

      "Gibt es Anzeichen für einen Mord, oder gar zwei Morde?"

      "Erwarten Sie allen Ernstes eine Antwort von mir? Sie sehen doch, daß wir uns mitten in der Spurensicherung befinden, oder nennen sie es Recherche, wie sie wollen. Sie täten uns einen Riesengefallen, wenn Sie uns jetzt alleine lassen würden, Herr Starreporter Mendgen!"

      "Na schön, wenn Sie meinen... Aber vielleicht sollte ich die Kollegen vom Volksfreund informieren, oder die vom Südwestfunk, vom RPR und so fort. Würde Ihnen das besser gefallen?"

      Der Schuß vor den Bug zeigte Wirkung. Der Kommissar dachte einen Moment nach und zupfte mich dann leicht am Ärmel.

      "Unter uns gesagt, Herr Mendgen, der junge Herr scheint sich tatsächlich selbst über den Jordan gebracht zu haben. Und der Penner da, der weist starke Verletzungen am Brustkorb auf, sieht aus wie ein Unfall. Mehr kann ich Ihnen jetzt beim besten Willen nicht sagen. Zufrieden?"

      "Glauben Sie, daß die beiden Vorfälle etwas miteinander zu tun haben?" bohrte ich nach.

      "Moment mal - entschuldigen Sie bitte!" Haverkamp war von einem seiner Beamten gerufen worden, der offenbar etwas entdeckt hatte. Ich schaute flußaufwärts und sah Naomi, die wie ein Häufchen Elend am Wegesrand kauerte, sie schien jeden Augenblick in sich zusammenzusinken. Ich fühlte es von weitem: ihr war schweinekalt.

      Als ich langsam auf sie zuging, rief mir Haverkamp nach:

      "Und daß Sie mir ja nicht die Meute auf den Hals hetzen, Herr Mendgen! Wir werden im Laufe des Tages zu einer Pressekonferenz einladen. Verspreche ich Ihnen."

      2. Zweimal Hirsch

      Gegen halb acht waren wir wieder in der Wohnung, meine erste Schulstunde würde in 30 Minuten beginnen, ich war weder geduscht, noch hatte ich gefrühstückt. Und ohne lief bei mir nichts. Außerdem machte ich mir ernsthaft Sorgen um Naomi, sie wirkte apathisch, es war so, als habe sie heute morgen ein Stück Lebenskraft eingebüßt. Mit Sicherheit stand sie viel stärker unter Schock, als sie und ich es wahrhaben wollten.

      "Naomi, du solltest dich ein paar Stunden hinlegen, du brauchst Ruhe", empfahl ich ihr.

      "Und du?" Das war alles, was sie sagte. Ihre Stimme klang schwach, fast gebrochen. Sie konnte kaum stehen, ihre Knie waren weich wie Pudding, ihre Haut eiskalt. Sie leistete keinen Widerstand, als ich sie auf meine Arme nahm und ins noch lauwarme Bett trug. Ich machte ihr Luft, öffnete den Reißverschluß der Joggingjacke. Auf ihrem schneeweißen T-Shirt zeichneten sich die beiden schwarzen Beerchen ihrer Brust markant ab. Für was um Himmels Willen waren die jetzt steif? fragte ich mich in meiner Einfalt. Da ist es mal wieder, dieses Klischee, werden Sie sagen: Männer denken immer nur an das eine. Und so ist es wohl auch. Sie drehte sich zaghaft auf die rechte Seite, ich strich die Tagesdecke über sie, küßte sie auf die Wange und hoffte, daß es ihr sehr bald wieder besser gehen möge.

      Konnte ich sie jetzt allein da liegen lassen? Niemand war im Haus, seit unser Vermieter, der greise Herr Erdmann, sich im Irminenstift von einem Schlaganfall erholte, der ihn Ende August aus heiterem Himmel getroffen hatte. Naomi war gerade zwei Tage zuvor bei mir eingezogen. Der mobile Essensdienst der AWO hatte Alarm geschlagen, weil Erdmann mittags um zwölf nicht wie üblich auf das Klingelzeichen hin die Tür öffnete. Rein zufällig war ich zuhause, - denn es passierte ausgerechnet auch noch an meinem freien Tag - da fanden wir ihn in seinem Fernsehsessel. Er war ganz auf die linke Armlehne herabgesunken, rührte sich nicht, ließ zumindest aber ein röchelndes Atemgeräusch vernehmen. Drei Minuten später war er auf dem Weg ins Mutterhaus, seinem "Vorzugslazarett in Friedenszeiten", wie er in gesunden Tagen zu spötteln pflegte...

      Und jetzt lag sie da, Naomi, meine Liebste, das Energiebündel, hingestreckt vom Schock zweier mysteriöser Todesfälle.

      Im Bad fiel mein Entschluß: ich würde heute blau machen. Meine Schüler würden einen Tag Vertretung bestimmt besser verkraften, als Naomi einen Tag Einsamkeit im Krankenbett. Ich telefonierte kurz, sagte ihnen die Wahrheit, was immer die von mir denken mochten, und kroch anschließend vorsichtig an Naomi heran. Ich legte mich zu ihr ins Körbchen, eine Position, in der wir an guten Tagen das Löffelchen- und Gabel-Spiel exerzierten. Doch diesmal blieb es einstweilen beim Löffelchen-Liegen.

      Irgendwo ganz weit weg im Weltall muß ein Idiot ein Telefon installiert haben, jedenfalls kam es mir so vor, als ich jenseits aller guten Träume Klaus Singers markige Stimme vom Band des Anrufbeantworters hörte, der von meinem Arbeitszimmer im Nebenraum herüberschepperte. Ich hatte den Lautsprecher der Anlage vermutlich zu hoch eingestellt. Ich rieb mir die sandbestäubten Augen und spürte zugleich eine Bewegung unter der Bettdecke. Naomis Hand hatte sich über die rechte Flanke vorgepirscht und hatte es schon im Griff, das gute Stück, das die ganze Zeit nutzlos vor sich hingestarrt hatte. Ich genoß das wohlige Gefühl ihrer Umschmeichelungen, und ich merkte, ohne dumme Fragen zu stellen, daß es ihr wieder besser ging. Sie brachte mich wirklich gewaltig auf Trab. Gewandt wie ein Fisch im Wasser glitt sie in die Vis à vis Position zu mir, und anstatt Worte zu wechseln tauschten sich unsere Zungen in ihrer Geheimsprache aus. Es war so, als führten die Küsse Regie, als leiteten sie die Aktivitäten der anderen Organe, und das alles in glänzender Harmonie. Alles Überflüssige an Textilien, alles Störende, alles Trennende perlte wie Wassertropfen von uns ab, bis unsere nackten Körper schließlich im heißen Meer der Begierde ertranken.

      Es war Mittag, als ich endlich zum Abhören des Bandes kam. Für 15 Uhr hatte die Polizei zur Pressekonferenz eingeladen wegen "zwei ungeklärter Todesfälle". Klaus Singer, einer der Studenten in der AZ-Redaktion, wollte von mir wissen, ob ich Zeit hätte hinzugehen. Bei Mord, Todesfällen und Polizeiaktionen und so fort dachten die Kollegen immer nur an mich. Das war schon Tradition in unserem Zeitungs-Team, ich war der Mann für's Grobe. Außerdem glaubten alle, daß Lehrer grundsätzlich immer Zeit haben. Aber ich hatte mir nach zwölf Jahren ehrenamtlicher Arbeit für das Magazin fest vorgenommen, zum Jahresende Schluß zu machen. Ich hatte genug von den Mühen der Ebene - viel Arbeit, wenig Ehre. Dazu galten wir ein wenig als Aussätzige im städtischen Klüngel der etablierten Journalistenriege, uns lud man meist nicht ein, wenn die diversen Veranstaltungen und Festivitäten des ehrenwerten Kreises der schreibenden und sprechenden Zunft anstanden. Mir war das wurscht, wäre sowieso nicht hingegangen. Zeitung machen war für mich ein Hobby, das Spaß machen mußte. Leider war das in letzter Zeit immer seltener der Fall. Deshalb fiel mir mein lang gehegter Entschluß, endlich aufzuhören, nicht sonderlich schwer. Für die beiden Monatsausgaben bis dahin würde ich mich noch einmal voll reinknien, das hatte ich den anderen versprochen. Klar, daß ich zur Pressekonferenz gehen würde.

      Beim Abendessen sah mich Naomi verschmitzt von der Seite an. Ich hatte gekocht, sie war gerade von der Uni gekommen.

      "Übrigens, Schatz, ich möchte mich noch dafür bedanken, daß du heute morgen so nett zu mir warst und bei mir geblieben bist. Das war super!"

      Sie gab mir einen dicken Schmatzer, und ich genoß ihre großen, oreganogesprenkelten Lippen, die ich am liebsten verschlungen hätte.

      "Ich danke dir auch für den Nachtisch", zwinkerte ich nach dem Kuß zurück.

      Ich hatte Standardmenü Eins gekocht, Möhrenbrätlinge, erweitert um den Rest an Bratkartoffeln

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