Sternschnuppen. Gudmund Vindland

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Sternschnuppen - Gudmund Vindland

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Yngve, vierundzwanzig und Øystein, zwanzig. Ja?«

      Er tauschte mit uns allen ein Lächeln und Geräusche des Wohlbefindens, ehe er auf Inga zeigte und das umwerfende Kompliment brachte: »Schöne Titten!«

      Wir lachten, und sie setzte den Kinderfunk fort: »Ach, tausend Dank, Børre. Da muß ich dir aber auch sagen, daß du einen hübschen Schwanz hast, ja? Der ist wirklich toll.«

      Er gurgelte hingerissen und zupfte stolz an seinem Gerät. Und dann – mit einem einzigen langen Sprung – warf er sich auf sie. Es ging so schnell, daß alle einfach einige Sekunden wie gelähmt dasaßen, dann brüllte Inga los, und alles war nur noch wildes Chaos. Als ich wieder auf die Beine kam, stand Kyrre schon über ihnen und versuchte, den Typen von Inga herunterzuziehen, und Ragnhild schrie, und Kyrre brüllte: »Jetzt helft mir doch, zum Teufel! Der ist stark!«

      Øystein war als erster bei ihnen und stürzte sich in das kurze Handgemenge, das damit endete, daß sie Børre von Inga weg- und ein Stück über den Steg zerrten. Inga setzte sich auf und schien einen leichteren Schock davongetragen zu haben, aber dann fand sie die Sprache wieder, und ich kann wirklich garantieren, daß der Kinderfunk unwiderruflich zu Ende war.

      »Was zum Teufel erlaubst du dir, du verdammtes Schwein! Bilde dir bloß nicht ein, du könntest einfach herkommen und hier herumgrabschen, auch wenn du noch so schwachsinnig bist! Wir leben schließlich nicht in der Steinzeit!«

      Da erlitt ich einen Anfall von totalem Durchblick und sagte:

       »Vielleicht sehen wir so aus!«

      In diesem Moment stieß unser spontaner Ehrengast ein herzzerreißendes Geheul aus, und dann riß er sich los und floh in die Richtung, aus der er gekommen war. Und weg war er.

      »Was ist denn bloß passiert?« fragte Inga.

      »Was hast du gesagt?« wollte Kyrre von mir wissen.

      »Er hat gedacht, er wäre in der Steinzeit gelandet.«

      »Was zum Teufel meinst du damit?« fragte Ragnhild.

      »Hört mal. Er sieht fünf nackte Menschen in freier Wildbahn. So was hat er noch nie gesehen – im Heim, meine ich. Dann rufen wir ihn zu uns und laden ihn ein, und er strippt und hat einen stehen, was wir ohne saures Gesicht akzeptieren. Das hat er auch noch nie erlebt, das kann ich euch schwören. Und alles ist nur Lächeln und Idylle. Habt ihr sein Gesicht nicht gesehen? Er hat sich den Kopf zerbrochen, um zu kapieren, was hier eigentlich abläuft. Es war eine ganz neue Erfahrung, versteht ihr? Dann sagt er etwas Nettes über Ingas Busen, und du sagst, er hätte einen hübschen Schwanz – und das hat ihm jedenfalls noch nie jemand gesagt. Also hat er gedacht, es wäre vielleicht erlaubt, einen Versuch zu machen. Armer Teufel!«

      »Ach, Gott! Immer soll ich an allem schuld sein!« Jetzt heulte Inga los, und Ragnhild tröstete, und während ich anfing, mich anzuziehen, war Kyrre derjenige, der nickte und meinte: »Ich glaube, da hast du die richtige Analyse gebracht.«

      »Ja«, sagte ich und zog meine Schuhe an. »Aber jetzt müssen wir ihn finden und versuchen, ihm das irgendwie klarzumachen. Er hat ja seine Klamotten und Schuhe und alles hiergelassen. Wir können ihn hier nicht nackt durch die Gegend düsen lassen. Kommt irgendwer mit? Ich geh verdammt noch mal nicht allein!«

      Øystein hatte sich schon angezogen, und so machten wir uns auf den Weg, um den armen Jüngling aus der Not zu retten.

      Das war nicht so leicht, obwohl wir ihn sofort fanden. Er hatte sich hinter dem Nachbarsteg versteckt. Dort saß er eingequetscht zwischen Beton und Fels, und als er uns erblickte, heulte er gleich wieder los. Er blutete an beiden Knien und hatte sich überall mit Blut eingeschmiert, so daß er aussah wie geschlachtet.

      »Hallo, Børre. Wir tun dir doch nichts! Wir bringen deine Kleider!« Jetzt veranstaltete ich die Kinderstunde, und ich hatte das Gefühl, mich genauso falsch anzuhören wie die Kinderfunkonkel meiner Kindheit.

      Børre heulte und schlug sich die Hände vors Gesicht, aber er schien weder fliehen noch angreifen zu wollen. Er saß einfach nur da und heulte. Ich sah Øystein an: »Geh den Erste-Hilfe-Kasten holen und bring auch ein Handtuch und einen Eimer mit sauberem Wasser mit. Und Seife. Ich versuche, ihn ein bißchen zu beruhigen. Und sag den anderen, sie sollen uns in Ruhe lassen.«

      »Alles klar, ich beeile mich«, sagte Øystein und fuhr mir durch die Haare, ehe er ging.

      Ich wandte mich wieder Børre zu, und nun musterte er mich sorgfältig durch seine Finger hindurch, ehe er rief: »Ihr schmust!« Und dann fing er an zu weinen. Ein piepsendes, wehes Weinen, bei dem ich mich innerlich krümmte.

      »Aber Børre! Sei doch nicht so traurig. Niemand ist böse auf dich. Es war bloß ein Mißverständnis, weißt du. Ich verstehe das gut. Es ist doch kein Wunder, daß du gedacht hast, das wäre in Ordnung. Und jetzt macht es doch nichts mehr.«

      Ich entdeckte zu meiner großen Freude, daß ich mich nicht mehr anhörte wie ein Kinderfunkonkel. Der Junge betrachtete mich durch seine Finger und sagte: »Ihr schmust – ich nicht!« und dann piepste er weiter. Ich setzte mich auf einen Stein und hätte am liebsten mit ihm zusammen geweint. Wie sollte ich sein Vertrauen erwecken, ohne allzu sehr in diese Geschichte hineinzugeraten? Denn ich wollte mit diesem Fall nichts zu tun haben. Meine Aufgabe und meine Verantwortung waren lediglich, ihn zu verbinden und nach Hause zu schaffen. Ich wollte mir kein lahmes Entlein aufhalsen, weil ich wußte, daß mich das binden würde. Ich mußte mich hart machen.

      »Hast du denn keine anderen zum Schmusen, Børre?«

      »Nein. Sagen Pfui, und ich krieg einen Klaps.«

      »Ja, aber was willst du denn eigentlich?«

      »Schmuuuuusen!« Ein gequältes Piepsen.

      »Børre! Jetzt ist Øystein unterwegs und holt Pflaster und Salbe und so was. Wenn er zurückkommt, dann waschen wir dich und machen dich wieder richtig fein. Das ist doch fast wie Schmusen, meinst du nicht?«

      Überraschenderweise schniefte Børre und nickte energisch.

      Er gehorchte wie ein guttrainierter Musterpatient, während Øystein und ich ihn wuschen und verbanden. Als ich sein Gesicht wusch, lächelte er wieder und sagte: »Schmuuuus!« Ich setzte ihm einen kleinen Schmatz auf die Wange – worauf seine Latte sich gleich wieder hob. Darum kümmerte Øystein sich und sagte: »Du, Børre? Weißt du, daß wir dich anfassen und so, bedeutet nicht, daß wir Lust haben, irgendwas sexuell mit dir zu tun zu haben, weißt du. Das dürften wir auch gar nicht, selbst wenn wir Lust hätten. Jetzt kriegst du noch Pflaster auf die Knie – mach mal das Bein gerade –, und dann ziehst du dich wieder an, ja?«

      Øystein war absolut kein Kinderfunk. Er war eher Volkshochschule. Børre beugte sich mit widerstrebendem Nicken der Autorität, und dann zog er mit unserer Hilfe Badehose und Shorts an.

      »Und jetzt noch die Schuhe, und dann bringen wir dich nach Hause zu deinen Großeltern, ja?« sagte ich.

      »Neeeein«, widersprach Børre. »Selber gehen.«

      »Aber wir bringen dich gern hin. Ich möchte sehen, wo du wohnst, und ich würde auch gerne deinen Großeltern guten Tag sagen und so.«

      »Nein, schaff ich selber. Wiedersehn!« sagte Børre und stürzte davon. Oben auf dem Felsen drehte er sich um und rief: »Ihr seid lieb!« Wir ließen ihn laufen, sahen uns an

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