Die Eroberung von Plassans. Emile Zola

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Eroberung von Plassans - Emile Zola страница 10

Автор:
Серия:
Издательство:
Die Eroberung von Plassans - Emile Zola

Скачать книгу

unter sich. Mouret, der sich neben ihm auf die Ellenbogen gestützt hatte, wagte aus Höflichkeit nicht, sich zurückzuziehen. Er war ganz und gar eingenommen, als sein Mieter nach einigem Schweigen mit seiner sanften Stimme zu ihm sagte:

      „Sie haben einen hübschen Garten, Herr Mouret.“

      „Oh, einen ganz gewöhnlichen“, antwortete er. „Es standen da ein paar schöne Bäume, die ich fällen lassen mußte, denn in ihrem Schatten wuchs nichts. Das ist nun mal nicht anders. Man muß an das Nützliche denken. Diese Ecke genügt uns. Wir haben die ganze Zeit über Gemüse.“

      Der Abbé staunte, ließ sich Einzelheiten berichten. Der Garten war einer jener alten, von Laubengängen umgebenen und durch hohe Buchsbaumsträucher in vier regelmäßige Gevierte eingeteilten Provinzgärten. In der Mitte befand sich ein schmales Becken ohne Wasser. Ein einziges Geviert war Blumen vorbehalten. Auf den drei anderen, die an ihren Ecken mit Obstbäumen bepflanzt waren, wuchsen prächtiger Kohl und herrliche Salate. Die mit gelbem Sand bestreuten baumbestandenen Gartenwege waren peinlich sauber gehalten.

      „Das ist ein kleines Paradies“, meinte Abbé Faujas mehrmals.

      „Es gibt mancherlei Unannehmlichkeiten, das kann ich Ihnen sagen“, erwiderte Mouret im Gegensatz zu der lebhaften Genugtuung, die er darüber empfand, von seinem Besitz so gut sprechen zu hören. „Es wird Ihnen zum Beispiel aufgefallen sein, daß wir uns hier auf einem Abhang befinden. Die Gärten sind terrassenförmig angelegt. So liegt der von Herrn Rastoil tiefer als meiner, der wiederum tiefer liegt als der der Unterpräfektur. Das Regenwasser richtet oft Schäden an. Und außerdem, was noch weniger angenehm ist, sehen die Leute von der Unterpräfektur zu mir herüber, um so mehr, als sie jene Terrasse gebaut haben, die meine Mauer überragt. Es stimmt, daß ich zu Herrn Rastoil hinübersehe, eine armselige Entschädigung, versichere ich Ihnen, denn ich kümmere mich nie um das, was die anderen tun.“

      Der Priester schien ihm aus Gefälligkeit zuzuhören, schüttelte den Kopf, stellte keine Frage. Er folgte mit den Augen den Erklärungen, die ihm sein Hauswirt mit der Hand gab.

      „Sehen Sie, dort ist noch ein Ärgernis“, fuhr letzterer fort und zeigte auf ein Gäßchen, das hinten am Garten entlangführte. „Sehen Sie diesen kleinen, zwischen zwei Mauern eingefaßten Weg? Das ist die Chevilottes-Sackgasse, die an einem Einfahrtstor zum Gelände der Unterpräfektur endet. Alle anliegenden Grundstücke haben eine kleine Ausgangspforte zur Sackgasse, und es herrscht dort unaufhörlich ein geheimnisvolles Kommen und Gehen . . . Ich, der ich Kinder habe, habe meine Pforte mit zwei guten Nägeln versperrt.“ Er zwinkerte mit den Augen und sah den Abbé an, wobei er vielleicht hoffte, daß dieser ihn frage, was das für ein geheimnisvolles Kommen und Gehen sei.

      Aber der Abbé sagte nichts; er musterte die Chevilottes-Sackgasse ohne mehr Neugier, er lenkte seine Blicke friedfertig wieder zu Mourets Garten zurück.

      Unten am Rande der Terrasse säumte Marthe an ihrem gewohnten Platz Servietten. Als sie die Stimmen hörte, hatte sie zuerst kurz aufgeblickt; dann hatte sie sich, erstaunt darüber, ihren Gatten in Gesellschaft des Priesters an einem Fenster des zweiten Stocks zu sehen, wieder an die Arbeit gemacht. Sie schien nicht mehr zu wissen, daß die beiden da waren.

      Mouret hatte aus einer Art unbewußter Prahlerei heraus, glücklich darüber, zu zeigen, daß er soeben endlich in diese hartnäckig verschlossene Wohnung eingedrungen war, die Stimme erhoben. Und der Priester ließ mitunter seine ruhigen Augen auf Marthe verweilen, auf dieser Frau, von der er nur den gesenkten Nacken mit der schwarzen Masse des Haarknotens sah.

      Schweigen trat ein. Abbé Faujas schien noch immer nicht geneigt zu sein, vom Fenster wegzugehen. Er schien nun die Gartenbeete des Nachbarn eingehend zu betrachten. Herrn Rastoils Garten war nach englischer Art angelegt, mit kleinen Alleen, kleinen Rasenflächen, die von kleinen Blumenbeeten unterbrochen waren. Im Hintergrund war eine Baumrotunde, in der sich ein Tisch und Gartenstühle befanden.

      „Herr Rastoil ist sehr reich“, begann Mouret wieder, der der Blickrichtung des Abbé gefolgt war. „Sein Garten kostet ihn was; der Wasserfall, den Sie zwar nicht sehen können dort hinter den Bäumen, ist ihm auf mehr als dreihundert Francs zu stehen gekommen. Und kein Gemüse, nichts als Blumen. Eine Zeit hatten die Damen sogar davon gesprochen, die Obstbäume fällen zu lassen; das wäre ein wahrer Mord gewesen, denn die Birnbäume sind prächtig. Ach was! Er hat recht, seinen Garten nach seinem Belieben einzurichten. Wenn man die Mittel dazu hat!“ Und da der Abbé immer noch schwieg, fuhr er fort und drehte sich dabei zu ihm um: „Sie kennen Herrn Rastoil, nicht wahr? Jeden Morgen geht er von acht bis neun Uhr unter seinen Bäumen spazieren. Ein dicker Mann, ein bißchen untersetzt, kahl, ohne Bart, mit kugelrundem Kopf. Ich glaube, er hat in den ersten Augusttagen die Sechzig erreicht. Seit nahezu zwanzig Jahren ist er nun Präsident unseres Zivilgerichts. Es heißt, er sei gutmütig. Ich verkehre nicht mit ihm. Guten Tag, guten Abend, und das ist alles.“ Er hielt inne, als er sah, daß mehrere Personen die Freitreppe des Nachbarhauses hinuntergingen und sich zu der Baumrotunde hinwandten. „Ach ja“, sagte er und senkte die Stimme, „heute ist Dienstag . . . Man gibt ein Essen bei Rastoils.“

      Der Abbé hatte eine leichte Bewegung nicht unterdrücken können. Er hatte sich vorgebeugt, um besser zu sehen. Zwei Priester, die neben zwei erwachsenen Mädchen gingen, schienen ihn besonders zu interessieren.

      „Wissen Sie, wer diese Herren sind?“ fragte Mouret. Und auf eine unbestimmte Handbewegung Faujas’ fuhr er fort: „Sie überquerten die Rue Balande in dem Augenblick, als wir uns getroffen haben . . . Der Große, der Junge, der, der zwischen den beiden Fräulein Rastoil geht, ist Abbé Surin, der Sekretär unseres Bischofs. Ein sehr liebenswürdiger Bursche, wie es heißt. Im Sommer sehe ich ihn mit diesen Fräulein Federball spielen . . . Der Alte, den Sie ein bißchen dahinter erblicken, ist einer unserer Generalvikare, Herr Abbé Fenil. Er leitet das Seminar. Ein schrecklicher Mann, flach und spitz wie ein Säbel. Ich bedauere, daß er sich nicht umdreht; Sie würden seine Augen sehen . . . Es überrascht mich, daß Sie diese Herren nicht kennen.“

      „Ich gehe wenig aus“, antwortete der Abbé, „ich verkehre mit niemanden in der Stadt.“

      „Und das ist nicht recht von Ihnen! Sie müssen sich oft langweilen . . . Oh! Herr Abbé, man muß Ihnen Gerechtigkeit widerfahren lassen: Sie sind nicht neugierig. Wie! Seit einem Monat sind Sie hier, und Sie wissen nicht einmal, daß Herr Rastoil jeden Dienstag ein Essen gibt! Aber das springt einem an diesem Fenster doch in die Augen!“ Mouret lachte leicht auf. Er machte sich über den Abbé lustig. Dann fuhr er in vertraulichem Ton fort: „Sehen Sie den großen alten Herrn, der Madame Rastoil begleitet? Ja, den Mageren, den Mann mit dem breitkrempigen Hut. Das ist Herr de Bourdeu, der frühere Präfekt des Departements Drôme, ein Präfekt, den die Revolution von 1848 aus dem Sattel gehoben hat. Noch einer, den Sie nicht kennen, wette ich . . . Und Herr Maffre, der Friedensrichter? Dieser ganz weiße Herr mit den großen vorstehenden Augen, der mit Herrn Rastoil als letzter kommt. Zum Teufel! Bei dem da gibt es für Sie keine Entschuldigung. Er ist Ehrendomherr von Saint-Saturnin . . . Unter uns, man beschuldigt ihn, seine Frau mit seiner Härte und seinem Geiz ins Grab gebracht zu haben.“ Er hielt inne, sah dem Abbé ins Gesicht und sagte mit spöttischer Barschheit zu ihm: „Ich bitte Sie um Entschuldigung, Herr Abbé, aber ich bin nicht fromm.“

      Der Abbé machte abermals eine unbestimmte Handbewegung, die alles beantwortete und ihn enthob, sich deutlicher zu erklären.

      „Nein, ich bin nicht fromm“, wiederholte Mouret spöttisch. „Man muß jedermann gewähren lassen, nicht wahr? — Bei den Rastoils beachtet man die Kirchengebote. Sie müssen die Mutter und ihre Töchter in Saint-Saturnin gesehen haben. Sie sind Ihre Pfarrkinder . . . Diese armen Fräulein! Die Ältere, Angéline, ist gut sechsundzwanzig Jahre alt; die andere, Aurélie, wird vierundzwanzig. Und dabei nicht schön, ganz gelb, mit mürrischem Aussehen. Das schlimmste ist, daß man die Ältere zuerst verheiraten

Скачать книгу