Die Eroberung von Plassans. Emile Zola

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Die Eroberung von Plassans - Emile Zola

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ohne mit irgend jemandem zu sprechen; er scheine keine Menschenseele zu kennen und Scham über den heimlichen Spott zu empfinden, den er rings um sich fühle.

      „Aber man spricht in der Stadt doch über ihn?“ fragte Mouret aufs höchste interessiert.

      „Zu mir hat niemand über den Abbé gesprochen“, antwortete Octave.

      „Doch“, entgegnete Serge, „man redet über ihn. Abbé Bourrettes Neffe hat mir gesagt, daß er in der Kirche nicht sehr gut angesehen sei; man liebe diese Priester nicht, die von weit her kämen. Zudem sehe er so elend aus . . . Wenn man sich an ihn gewöhnt hat, wird man ihn in Ruhe lassen, diesen armen Mann. In der ersten Zeit muß man wohl viel verstehen.“

      Marthe riet den jungen Leuten nun, nicht zu antworten, wenn sie jemand über den Abbé ausfrage.

      „Oh! Sie können antworten“, rief Mouret. „Wir wissen über ihn ganz sicher nichts, was ihn Unannehmlichkeiten aussetzen würde.“

      Mit dem besten Glauben der Welt und ohne an Böses zu denken, machte er von diesem Augenblick an seine Kinder zu Spionen, die er dem Abbé an die Fersen heftete. Octave und Serge mußten ihm alles wiedererzählen, was in der Stadt gesagt wurde; überdies erhielten sie den Auftrag, dem Priester nachzugehen, wenn sie ihm begegnen sollten. Aber diese Nachrichtenquelle war schnell erschöpft. Die gedämpfte Aufregung, die durch die Ankunft eines fremden Vikars in der Diözese verursacht worden war, hatte sich gelegt. Die Stadt schien „dem armen Mann“, dieser schäbigen Soutane, die im Schatten ihrer Gäßchen dahinglitt, Gnade erwiesen zu haben; sie hegte weiterhin für ihn nur eine große Geringschätzung. Andererseits begab sich der Priester schnurstracks zur Kathedrale und kam von dort immer durch dieselben Straßen zurück. Octave sagte lachend, er zähle die Pflastersteine.

      Daheim wollte Mouret Désirée, die nie fortging, zum Auskundschaften benutzen. Abends nahm er sie mit hinter in den Garten, hörte ihr zu, wie sie über das plapperte, was sie tagsüber getan und gesehen hatte; er versuchte, das Gespräch auf die Leute vom zweiten Stock zu bringen.

      „Hör mal“, sagte er eines Tages zu ihr, „wenn morgen das Fenster offensteht, wirst du deinen Ball in das Zimmer werfen und hinaufgehen, um ihn zurückzuerbitten.“

      Am nächsten Tag warf sie ihren Ball hinauf; aber sie war noch nicht auf der Freitreppe, als der Ball, von einer unsichtbaren Hand zurückgesandt, wieder auf der Terrasse aufsprang. Ihr Vater, der auf die Artigkeit des Kindes gerechnet hatte, um die seit dem ersten Tag abgebrochenen Beziehungen wieder anzuknüpfen, gab jetzt die Hoffnung auf; er stieß offensichtlich auf den unzweideutig gefaßten Willen des Abbé, sich daheim verbarrikadiert zu halten. Aber dieser Kampf machte seine Neugier nur glühender. Es kam so weit mit ihm, daß er in den Ecken mit der Köchin klatschte, zum lebhaften Mißvergnügen Marthes, die ihm Vorwürfe über seinen Mangel an Würde machte; aber er brauste auf, er log. Da er sich im Unrecht fühlte, unterhielt er sich mit Rose über die Faujas nur noch im geheimen.

      Eines Morgens machte Rose ihm ein Zeichen, ihr in die Küche zu folgen.

      „Nun, Herr Mouret!“ sagte sie und schloß die Tür. „Seit über einer Stunde lauere ich darauf, daß Sie aus Ihrem Zimmer herunterkommen.“

      „Hast du etwas erfahren?“

      „Sie werden gleich sehen . . . Gestern abend habe ich mehr als eine Stunde mit Madame Faujas geplaudert.“

      Mouret fuhr vor Freude zusammen. Er setzte sich auf einen Küchenstuhl, dessen Strohgeflecht ausgefranst war, mitten zwischen Wischlappen und Abfälle vom Vorabend.

      „Sag schnell, sag schnell“, flüsterte er.

      „Also“, begann die Köchin wieder, „ich war an der Tür zur Straße, um Herrn Rastoils Dienstmädchen guten Abend zu sagen, als Madame Faujas heruntergekommen ist, um einen Eimer Schmutzwasser in den Rinnstein zu entleeren. Anstatt sofort wieder hinaufzugehen, ohne den Kopf zu wenden, wie sie es gewöhnlich tut,ist sie einen Augenblick dageblieben, um mich anzuschauen. Da habe ich zu verstehen geglaubt, sie wolle sich mit mir unterhalten; ich habe ihr gesagt, daß es tagsüber schön gewesen sei, daß der Wein gut sein würde . . . Sie antwortete, ohne sich zu beeilen: ,Ja, ja‘, mit der gleichgültigen Stimme einer Frau, die kein Land besitzt und die solche Sachen überhaupt nicht interessieren. Aber sie hatte ihren Eimer hingestellt, sie ging nicht fort; sie hat sich sogar neben mir an die Mauer gelehnt . . .“

      Kurzum, was hat sie dir erzählt?“ fragte Mouret, den die Ungeduld marterte.

      „Sie verstehen, ich bin nicht so dumm gewesen, sie auszufragen; da wäre sie abgezogen . . . Ohne es mir anmerken zu lassen, habe ich sie auf Dinge gebracht, die sie angehen könnten. Als der Pfarrer von Saint-Saturnin, dieser brave Herr Compan, vorbeigekommen ist, habe ich ihr gesagt, er sei sehr krank, er werde es nicht mehr lange machen, man könne ihn an der Kathedrale schwer ersetzen. Sie war ganz Ohr, versichere ich Ihnen. Sie hat mich sogar gefragt, was für eine Krankheit Herr Compan habe. Wie eben eines das andere gibt, habe ich dann zu ihr von unserem Bischof, von Monsignore Rousselot, gesprochen. Das ist ein sehr braver Mann. Sie wußte sein Alter nicht. Ich habe ihr gesagt, daß er sechzig Jahre alt ist, daß auch er recht weich ist und sich ein wenig an der Nasenspitze herumführen läßt. Man rede genug über Herrn Fenil, den Generalvikar, der im Bistum alles macht, was er will . . . Sie war gefesselt, die Alte; sie wäre da auf der Straße bis zum nächsten Morgen geblieben.“ Mouret machte eine verzweifelte Handbewegung.

      „In alledem sehe ich“, rief er, „daß du ganz alleine geredet hast . . . Aber sie, sie, was hat sie gesagt?“

      „Warten Sie doch, lassen Sie mich ausreden“, fuhr Rose seelenruhig fort. „Ich habe mein Ziel erreicht . . . Um sie dazu zu bringen, daß sie sich mir anvertraut, habe ich zu ihr schließlich von uns gesprochen. Ich habe gesagt, daß Sie Herr François Mouret seien, ein früherer Geschäftsmann aus Marseille, der es in fünfzehn Jahren verstanden habe, im Wein-, Öl- und Mandelhandel ein Vermögen zu erwerben. Ich habe hinzugefügt, Sie hätten es vorgezogen, Ihre Jahreszinsen in Plassans zu verzehren, einer ruhigen Stadt, in der die Eltern Ihrer Frau wohnen. Ich habe sogar ein Mittel gefunden, ihr beizubringen, daß Ihre Frau Ihre Cousine ist, daß Sie vierzig Jahre alt sind und Ihre Frau siebenunddreißig ist; daß Sie eine sehr gute Ehe führen; daß man Sie im übrigen nicht oft auf dem Cours Sauvaire trifft. Kurzum, Ihre ganze Geschichte . . . Sie hat sich sehr interessiert gezeigt. Sie antwortete, ohne sich zu beeilen, immer: ,Ja, ja‘. Wenn ich anhielt, nickte sie so mit dem Kopf, um mir zu sagen, daß sie höre, daß ich weiterreden könne . . . Und bis die Nacht hereinbrach, haben wir uns so, mit dem Rücken an der Hauswand, wie gute Freundinnen unterhalten.“ Von Zorn erfaßt, war Mouret aufgestanden.

      „Wie!“ schrie er. „Das ist alles! — Sie hat Sie eine Stunde lang schwatzen lassen, und sie hat Ihnen nichts gesagt!“

      „Sie hat, als es dunkel geworden war, zu mir gesagt: ,Die Luft wird kühl.‘ Und sie hat ihren Eimer genommen und ist wieder hinaufgegangen . . .“

      „Hören Sie, Sie sind ein Schaf! Diese Alte da würde zehn von Ihrer Sorte verkaufen. Na ja! Die können nun lachen, wo sie über uns alles wissen, was sie wissen wollten . . . Verstehen Sie, Rose, Sie sind ein Schaf!“

      Die alte Köchin war nicht gerade langmütig; sie begann ungestüm umherzulaufen, stieß die Pfannen und Töpfe durcheinander, drehte die Wischlappen zusammen und warf sie hin. „Wissen Sie, Herr Mouret“, stammelte sie, „wenn Sie in meine Küche gekommen sind, um mir Grobheiten zu sagen, war es nicht der Mühe wert. Da können Sie wieder gehen . . . Was ich getan habe, habe ich einzig und allein getan, um Sie zufriedenzustellen. Würde Ihre Frau uns hier zusammen finden und sehen, was wir machen, würde sie mit mir schimpfen; und sie hätte recht,

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