Beim nächsten Mann bleib ich solo. Hella Heller

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Beim nächsten Mann bleib ich solo - Hella Heller страница 15

Автор:
Серия:
Издательство:
Beim nächsten Mann bleib ich solo - Hella Heller

Скачать книгу

Herrn Professor Oberarsch einen fetten Skandal bescheren! Ich würde ihn wegen Gentrifizierung anzeigen und Fernsehteams vor unser Haus bestellen, damit sie filmen konnten, wie ich damit drohte, aus dem Fenster zu springen. Vorher wäre ich noch Femen beigetreten und hätte mir »Nieder mit dem kapitalistischen Aldi-Patriarchat!« auf dem blanken Busen geschrieben. Na gut, ich würde es kürzer formulieren müssen, mein Busen ist klein. Möglicherweise flögen auch ein paar Kuckucke aus dem Fenster, um die Brisanz meiner Aussage zu unterstreichen.

      Als ich radelnd in unsere Straße einbog, hatte ich mich wieder so weit eingekriegt, dass ich zu des Pudels Kern vorstieß. Albert hatte sich eine Auszeit vom Krankenhaus genommen und fuhr wandern?!!! Das brachte mich darauf, dass auch ich wieder einmal Urlaub machen wollte.

       15. Den Abflug machen

      Sonntagnacht um zehn vor drei klingelte Suada Sturm. Wegen mir hätte sie nicht zu klingeln brauchen, ich war längst abfahrbereit und saß auf dem gepackten Koffer. Schließlich hatten wir abgemacht, dass sie mich um halb drei abholen kam. Ihr Geklingel riss leider nicht wenigstens mal Albert aus dem Schlaf. Selbst wenn er hier gewesen wäre. Er schlief mit Wachs in den Ohren. Schon deshalb brachte er eine erhöhte Toleranz gegen Kuckucksuhrenrufe auf. Jahrelang riet er auch mir zu Ohrstöpseln. Wo ich doch so schrecklich geräuschempfindlich sei …

      Wie bei den meisten Dingen waren Albert und ich auch bei Stöpseln verschiedener Meinung. Für mich sind sie Körperverletzung. Gezielte Behinderung eines zentralen Sinnesorgans. Sicherheitsgefährdung. Wie soll ich zugepfropft Brandmelder hören? Sirenenalarm? Hilferufe? Das Miauen der Katze? (Gut, wir haben keine, aber das nimmt dem Argument nichts.) Ohren verstöpseln rangiert gleichauf mit Knebelung.

      Ich schnappte Rollkoffer und Tasche und zerrte sie die Stufen hinab. Gleich flog ich in Urlaub! Die Freude, dass ich diesem Elend für eine Woche entkommen konnte, machte mich ganz flatterig. Sieben Tage, in denen ich in der Frühjahrssonne liegen und mich neu erfinden würde, um Albert für immer zu entrinnen!

      Dass er nun den Spieß umdrehte und vor Sieglinde meine Trennung zu seiner Trennung machte, war wieder typisch. Albert war immer schon reaktiv und einfallslos. Neu war nur, dass er sich obendrein bei seinem Nachwuchs ausheulte und plötzlich sogar Urlaub nehmen konnte. Beides zeigte, dass er immer noch nichts kapiert hatte und ein feiger Hund war. Wann hatte er je mit mir Urlaub gemacht? Wann hatte er sich je mit mir ausgesprochen und sich mir offenbart?

      Am Hauseingang wartete eine Wichtelfrau in einem Wollmäntelchen und unförmigen Wildlederboots auf mich, eine fellbesetzte Kapuze auf dem Kopf.

      »Olà, chicca«, rief die Zwergin und schmatzte mir zwei Wangenküsse auf die Ohren, dass sie klingelten. »Zeit du kommst, die Taximann wartet!«

      Suada ist Brasilianerin, Zumba-Trainerin und meine beste Freundin. Sie hatte vor vier Tagen spontan zugesagt, mich auf meiner Eheflucht zu begleiten. Wir würden es krachen lassen, durch die Clubs ziehen und abtanzen!

      Vor dem Haus sprang ein dunkelhaariger Cabdriver aus seinem Auto, warf mein Gepäck in den Kofferraum und schmiss den Deckel zu. Eilig schlüpften wir alle drei in den Wagen. Wir waren spät und vom Himmel stürzte eine wahre Regenfront.

      Mit quietschenden Scheibenwischern schob sich das Taxi durch die Stadt, in der die Nässe hing wie schwere graue Tücher. Über der menschenleeren Autobahn klärte der Himmel sich auf. Unser Fahrer setzte seinen Benz auf die äußerste linke Spur und gab Gas. Röhrend rauschte der Wagen durch die Nacht.

      »Ist Glück wir fliege Sonntag, da gibt keine LKW!«, lachte Suada den Taximann im Rückspiegel an. Er lachte zurück.

      »Vonne wo bist du? Turke?«, fragte Suada.

      Das war ihr Lieblingsspiel. Wenn sie jemand Neuen kennenlernte, begann ein munteres Rätselraten.

      Ein ratloses Gesicht drehte sich zu ihr.

      »Istanbul?«, half ich schnell, damit der Taximann sich wieder nach vorn umwandte.

      »Kabul! Ist Afghanistan.« Jetzt strahlte er mich an.

      »Würden Sie bitte auf die Straße gucken?« Ich wies mit Zeige- und Mittelfinger Richtung Fahrbahn, als säßen Glubschaugen auf den Kuppen.

      »Ah, okay! Gleich da!« Er deutete mein Zeichen auf seine Weise, packte das Lenkrad fester und ließ den Motor aufjaulen. Wir schossen dahin wie der Blitz.

      »Du schon lange in Deutschland?«, krähte es von hinten.

      »Lenk ihn nicht ab, Suada!«, zischte ich über die Sitzlehne.

      »Deutscheland!«, echote es fröhlich vom Steuer her. »Gute Land! Gute Straß!«

      »Warum fahren Sie ganz links? Rechts ist alles frei.«

      »Links schneller«, erklärte der Taximann. »Fahr ich immer da. Mache alle. Nur Opis und Brummis anner Seit.«

      »Aber auf der Autobahn gilt rechts fahren. Wenn man überholen will, wechselt man die Spur. Nach Abschluss des Überholvorgangs wechselt man wieder zurück.« Vielleicht sollte ich über eine Zukunft als Fahrschullehrerin nachdenken.

      »Du lass arme Algerier in Ruh mit deine deutsche Scheißspießerei und euer Hitler-Autobahn!«, trompetete es aus dem Fond.

      »Afghaner«, kam von links.

      Ich gab auf. Die Flughafen-Abfahrt kam in Sicht, doch unser Mann machte keine Anstalten, sie zu nehmen.

      »Hier müssen wir raus«, sagte ich. »Da!«

      »Da?«, fragte er zurück.

      »Ja! Sehen Sie nicht das Schild mit dem Flugzeug?«

      »Ah! Ich noch nix fahr Flugzeug.« Immerhin wechselte er nun auf die Abbiegespur. »Ich nur immer fahr Frankfurt. Erst zwei Monat Deutscheland.«

      Schnittig röhrten wir in die Kurve. Kurze Zeit später betraten Suada und ich mit unseren Trolleys und Taschen die Abflughalle. Suada blieb bei der Glastür kurz stehen und winkte dem davonfahrenden Taxi nach.

      »Nette Afrikaner, oda?«

      Das winzigkleine Flugzeug auf dem Monitor zog seit Stunden seine Bahn über dem großen grünen Kontinent. Allmählich schob sich von links her das Meer ins Bild. Eigentlich sah alles aus wie auf einer Kinderzeichnung. Nur war es leider Echtzeit und ich saß mittendrin. Fest. Ohne gehen zu dürfen. Ich verfolgte unseren Flug live auf dem Bildschirm über meinem Sitz, den Fensterplatz hatte ich bereitwillig Suada überlassen.

      »Schade, du nix siehe die Pyrenee. Schau da unten!«

      »Sehr schön, Suada.«

      »Kommte gleich Portugal!« Suadas Finger schlossen sich aufgeregt um mein Handgelenk.

      Das war mir bekannt. Schließlich hatte ich unser Reiseziel bestimmt. Möglicherweise hatten Björns Schwärmereien für die Algarve mich dazu inspiriert. Im Moment war mir allerdings völlig egal, in welchem Land ich zerschellen würde. Wie konnte man ein Flugzeug überhaupt Boeing nennen! Boing! stand früher im Comic in der Sprechblase, wenn es Beulen setzte. Ein e mehr machte da auch nichts besser. Nun gut, es gab Parfüms, die hießen Blutrache, und trotzdem besprühten sich Menschen damit.

      »Oi!

Скачать книгу