Beim nächsten Mann bleib ich solo. Hella Heller

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Beim nächsten Mann bleib ich solo - Hella Heller

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tastete ich mich zur Zimmertür. Draußen auf dem Flur war es auch finster. Ich tappte den stockdunklen Jammer entlang. Aua! Etwas Spitzes hatte sich in meinen Oberarm gebohrt, das Geweih einer blöden Kuckucksuhr. Schnell drückte ich das Ding zurück an die Wand. Die ganze Wohnung lag nachtschwarz. Nur hinten in der Wohnküche glomm ein zittriges Licht.

      Dort saß Albert vor einer Kerze.

      »Irgendwas kaputt? Sicherung rausgeflogen?«, erkundigte ich mich und hielt Ausschau nach durchgeschmorten Küchengeräten.

      »Dir auch einen schönen Abend, Zuckerlämmchen«, gab Albert zurück. »Ja, es ist was kaputt. Offenbar unsere Ehe. Sicherungen sind auch rausgeflogen. Und zwar bei dir …«

      Das war mal wieder typisch Albert! Den Krug einfach so lange zum Brunnen schleppen, bis er zerbricht und es aus ist, aber dann plötzlich beleidigt rumdüstern.

      Ich nahm ihm gegenüber am Küchentisch Platz. Die Kerze flackerte vor seiner Nase und malte ihm ein bizarres Schattenspiel aufs Gesicht.

      »Sehr witzig! Ich nehme an, du willst Strom sparen?« Mir kam eine neue Idee. »Wenn das hier ein romantischer Abend werden soll, kann ich nur sagen: Sei nicht albern, Albert.«

      »Schwarze Romantik, Constanze! Passend zu deinen Rosen«, murmelte er grimmig.

      »Monsieur Auerbach … Lass uns wie vernünftige Menschen reden. Wir sind erwachsen und dreißig Jahre verheiratet.«

      »Stimmt. Und für mich gab es bis gestern nicht den leisesten Hinweis, dass du daran etwas zu ändern gedenkst. Ich fand den Brief echt lustig! Die Sache mit der Scheidung hab ich für einen Scherz gehalten! Dass du es ernst meinst, begriff ich erst, als du nicht heimkamst! Scheidung, out of the Blue! Wie sollte ich das ahnen? Du redest doch schon ewig nicht mehr mit mir, Constanze! Du interessierst dich weder für mich noch für meine Arbeit!«

      Ich rollte die Augen. Natürlich wollte mein Mann nichts davon mitbekommen haben, dass wir uns schleichend auseinandergelebt hatten. Auseinanderschleichend gelebt hatten. Obwohl das nun schon Jahre so ging. Ich hätte aus dem Stand tausend Belege für unsere eheliche Entfremdung aufzählen können. Aber Albert war nun mal emotional völlig blockiert und ein Weltmeister im Verdrängen. Ein Aldi der Vernunft und des Gefühls. Bloß nicht zu viel investieren! Weder Hirn noch Schmalz!

      »Also Albert, jetzt werd mal bitte wieder rational und lass uns eine harmonische Lösung –«

      Weiter kam ich nicht, denn da erhob Professor Doktor Auerbach sein Stimmorgan und brüllte, dass die Wände wackelten: »Ich bin rational, Constanze! Ich bin harmonisch und erfülle dir deinen offenbar sehnlichsten Wunsch. Bitte sehr! Ich gebe dich frei! Ich trenne mich von dir! Aber!« Sein Gesicht verzog sich zu einer Fratze. »Auf den Tag, an dem ich mich von dir scheiden lassen werde, kannst du warten, bis du so schwarz wirst wie deine Scheiß rosen! Punkt!«

      Damit stürmte er aus der Küche. Im langen Jammer schepperte es, als der Schirmständer umfiel.

      Kurz darauf krachte die Wohnungstür ins Schloss.

       11. Arbeit am Lebensglück

      Am Samstag Vormittag war Albert noch nicht wieder zurück.

      Bestimmt hatte er die Nacht bei einer seiner OP-Schwestern verbracht, die ihn immer schon so toll und so süß fanden wegen seiner dunklen Locken. Nun gut, das war inzwischen zwanzig Jahre her und durch Alberts weißgrauen Haarschopf schimmert längst das Knie. Er ist eben älter geworden.

      Seine Schwestern dagegen sind nach wie vor meist junge Hühner. Ich habe zwar keine Ahnung, welche ihm gerade nachrennt, Albert erzählt ja nie etwas. Aber, Pflegekräftemangel hin oder her, für ihn gab es immer genug Schwestern, das war klar. Ich sah sie im Pulk hinter Albert über die blanken Flure wetzen. Dicke, dünne, vollbusige, blonde, blauäugige, brünette, rehäugige … Herr Professor Doktor Auerbach, Herr Professor Doktor Auerbach!

      Um die Szene loszuwerden, stieg ich unter die Dusche.

      Nach dem Duschen ließ ich die Tropfennasen am Glas, meine Haare im Siffon und das Duschhandtuch auf dem Boden liegen. Außerdem quetschte ich einen Strang Zahncreme ins Waschbecken, und zwar schön mitten aus der Tube. Die legte ich unverschlossen auf den Beckenrand. Albert würde ausflippen. Wenn ihn eines noch fuchsiger machte als Verschwendung, dann Unordnung und Hygienemangel, wie er es nennt. Wie schade, dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte, wenn er mein Post-it an der Badezimmertür entdeckte: »Sorry. War in Eile.«

      Es stimmte. Ich hatte es wirklich eilig, hier wegzukommen!

      Vor der Haustür fiel mir wieder ein, dass ich ja getrennt war. Der Herr Professor Auerbach konnte mir schnurzpiepegal sein. Mit diesem Gedanken schaffte ich es, Albert und seine Schwestern endlich an mir vorüberziehen zu lassen wie eine große weiße, nach Desinfektionsmittel riechende Chloroform-Wolke.

      Der Himmel über der Wolke war blau.

      Die Sonne schien. Ich setzte die Sonnenbrille auf und radelte in die Stadt, um an meiner neuen Existenz zu arbeiten.

      Als Erstes schaute ich im Buchladen AnnaBella vorbei. Dort schließen sie Samstags schon um zwei Uhr, und ich musste dringend die Lage sondieren. Außerdem wollte ich ungern mit diesen sperrigen Einkaufstüten vom Second Chance da rein. Die Kundschaft fällt leicht drüber, und Buchhändlerinnen verdienen ja sehr wenig, sie sehen in vollen Tüten schnell eine Provokation, selbst in solchen aus dem Secondhand-Shop.

      Diesmal stand wieder eine andere an der Kasse. Ich besah mir die Frau näher. Jung, aber mit Blümchenmuster wie von Oma. Vor mir standen noch zwei Kundinnen an, die zahlen wollten, eine dritte hielt einen Zettel in der Hand. Während ich wartete, vibrierte mein Handy. Ich warf einen kurzen Blick darauf.

      Mira hatte mir ein albernes Filmchen geschickt. Schnäbelnde Flamingos. Vor einer Stunde hatte sie mir schmusende Einhörner gesendet, gestern kopulierende Pandabären. Seit Freitag versuchte ich sie anzurufen, sie ging aber nicht ran. Offenbar hatte die Clubnacht ihr nicht nur den Verstand geraubt, sondern auch die Sprache verschlagen.

      Ich klickte die Flamingos weg und besah mir das Angebot an der Ladentheke. Lesezeichen, Schlüsselanhänger, alberner Non-Book-Schnickschnack. Genau dort würde eines Tages mein Bestseller liegen. »Wo habt ihr die Wechselburger? Ich brauch sie unbedingt zum Verschenken!« – »Ich auch!«, »Ich auch!« – »Hier bitte!« Lässiger Griff der Buchhändlerin zum sprichwörtlichen Platz an der Kasse. Wenn mein Werk erst einmal draußen war, hatte dieser Billigkram da nichts mehr verloren!

      Die mit dem Zettel drängelte sich vor.

      »Sagen Sie, ich such ein Buch. Soll ziemlich gut sein, von einer Julia. Nachnamen weiß ich leider nicht, aber was mit C.«

      »Sachbuch oder Roman? Wissen Sie vielleicht den Titel?« Die Neue kassierte weiter, ohne aufzusehen. Auch auf ihrem Unterarm saßen grüne und gelbe und rote Blümchen. Früher waren Buchhändlerinnen nie tätowiert.

      »Irgendwas mit Vögeln«, murmelte die Kundin und setzte entschuldigend hinzu: »Ich soll’s jemand mitbringen.«

      Haha! ›Irgendwas mit Vögeln‹ war ja mal ein origineller Titel!

      Die Buchhändlerin händigte der nächsten Kundin das Wechselgeld aus, in ihrem Hirn lief dabei schon die Suchabfrage. Ich wartete gespannt. Fragen

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