Beim nächsten Mann bleib ich solo. Hella Heller

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Beim nächsten Mann bleib ich solo - Hella Heller

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wirke ich heute keinen Tag älter als vor fünf, sechs Jahren. Er dagegen hatte ein paar Falten mehr, das konnte ich sogar im Licht der Spots erkennen. Aber sie standen ihm. Überhaupt sah er sehr gut aus. Sein dunkelblondes Haar war noch immer voll, er trug es etwas länger als damals, das schmeichelte seinem kantigen Profil. Das weiße Hemd saß wie angegossen, womit ich nicht meine, dass es verschwitzt an ihm geklebt hätte. Nein, Henri besaß, wie ich wusste, ein extra Deo für ultraheiße Momente. Der Mann kannte sich aus! Auch seine Hose saß und brachte immer, wenn er sich drehte, einen ausnehmend hübschen Apfelpo zur Geltung.

      Und Henri drehte sich oft.

      Alles in allem war dieser Mann eine echte Sahneschnitte. Und die begegnete mir gleich am Abend meiner Trennung! Wenn das kein Wink des Schicksals war! Henri und ich würden noch heute mit unserer platonischen Vergangenheit brechen.

      Wir tanzten, was Uschs Plattenteller hergaben.

      Henri drehte und drehte sich und jedes Mal, wenn er sich drehte, umwehte mich ein Hauch von Zitrus, Zeder und Zaubernuss, und ich sah auf diesen verführerischen …

      »I’m so happieee!!!«, schrie Mira in meine Andacht hinein, während sie schon wieder mit wedelnden Armen um uns herstakste, und erneut drehte Henri sich wie am Gummiband gezogen und gönnte mir seine Hinteransicht. »Happy-happy as could beee …«, grölte Mira den Refrain mit und hüpfte wie angestochen am Platz, während Henri um sie herumtänzelte.

      Drei, vier Lieder später tanzten sie noch immer. Ich kehrte an die Theke und zu der platonischen Verbindung zwischen Henri und mir zurück. Offenbar war sein Allerwertester für mich das Aussichtsreichste an ihm.

      Zum Glück war ich auf diesen Arsch nicht angewiesen!

      Bestimmt war er weiterhin verheiratet und genoss genehmigten Ausgang, weil seine Frau heute Mädelsabend hatte.

      Ich bestellte mir einen Prosecco und nahm das verbliebene Material in Augenschein.

      Wie war ich froh, inzwischen keine faulen Kompromisse mehr zu machen! Es tat gut, sich selbst zu genügen und von keinem abhängig zu sein. Das Letzte, was eine Frau wie ich braucht, ist ein männliches Surrogatextrakt, wie es hier mit Bierflasche in der Hand an der Wand lehnte. Geschweige denn, zu Hause meine künstlerischen Bilder an die Wand stellte!

      Erhobenen Hauptes schritt ich zur Garderobe. Als ich bereits im Mantel war, kam Mira-Olivia vom Klo.

      »Willst du schon gehen?«

      »Wonach sieht’s denn aus?«, versetzte ich.

      »Aber ich dachte, du pennst heute bei mir?«

      »Ach wirklich?« Ich sandte ihr einen Schlafzimmerblick.

      »Aber Conny! Klar schläfst du bei mir! Das war doch so abgemacht. Du wirst ja wohl nicht zurück zu Albert! Warte, bin gleich wieder da!« Entschlossen wandte sie sich zur Garderobe und wedelte mit ihrer Marke.

      »Hey, du musst doch jetzt nicht mitkommen«, rief ich, aber da hielt sie schon ihre Sachen in der Hand. Nach kurzem Kramen zerrte sie einen Fellbommel aus ihrer Umhängetasche und reichte ihn mir.

      »Hier, mein Zweitschlüssel! Wirf ihn morgen in den Briefkasten. Gute Nacht, meine Süße!«

      Sie schmatzte mir zwei Busenfreundinnenbussis auf die Wangen, gab ihr Zeug wieder ab, und weg war sie.

      Ich verließ das Riverside im Gefühl einsamer Größe. Was ging mich Henri an. Das Glück einer unabhängigen Frau hängt einzig und allein von ihr selbst ab, nicht vom Begleiter.

       8. Durchblick

      Nach dem ersten Wein sah ich klarer: Henri hatte mich überhaupt nicht erkannt! Sonst hätte er niemals ein Auge auf Mira-Olivia Jones geworfen. Henri sah so schlecht, dass seine Brillengläser dick wie Glasbausteine hätten sein müssen. Darum trug er Kontaktlinsen. Außer beim Sport und beim Sex, aus Angst, sie zu verlieren. Das hatte er mir irgendwann im Vertrauen gesagt.

      Nach dem zweiten Wein sah ich den Mann. Er saß mir gegenüber vor einem Bier und spielte an seinem Smartphone herum. Lange Haare, breite Schultern, schlanke Hände … als Plunderstückchen ginge er durch. Zum Gesicht konnte ich nichts sagen, bisher hatte er kein einziges Mal den Kopf gehoben.

      Wir waren die letzten Gäste in der Schleiereule.

      Nach dem dritten Wein sah ich, wo es langging. Ich erhob mich von meinem Barhocker und umrundete die Theke.

      »Hallo! Und du so?«

      »Ich such ’ne Frau«, sagte der Mann, ohne aufzusehen.

      »Na, schau mal an!«

      »Mach ich ja«, sagte er, ohne zu gucken.

      »Hier siehst du beispielsweise mich«, half ich nach.

      »Nö«, sagte er und fuhr übers Display. Offenbar war ich heute Abend auf Männer mit Sehstörungen abonniert.

      »Ich bin die einzige Frau im ganzen Laden.«

      »Du bist aber nicht auf Tinder.«

      Da legte ich zwei Finger unter sein Kinn und hob es an.

      Einen Wein später stellte Ulf mir die wegweisende Frage.

       9. Hoppla!

      Ich erwachte, als Sonnenstrahlen mir im Gesicht kitzelten, und sah mich irritiert um. Vorsichtig äugte ich auf die Seite. Außer mir lag niemand im Bett. Dann fiel mir wieder ein, dass ich gestern Nacht nicht zu Ulf mitgegangen war, ihn aber auch nicht mit in Miras Gästezimmer genommen hatte, um Albert den Todesstoß zu versetzen. Ulf hatte mich noch bis zur Haustür begleitet und wäre mir gern weiter gefolgt, aber ich fand den Konjunktiv »hätte mitgenommen werden können« fürs Erste ausreichend. Außerdem war mir kotzübel von zu viel Alkohol.

      Auf meinem frühmorgendlichen Weg ins Bad schlich ich an Miras Schlafzimmer vorüber. Die Tür stand offen. Das Designerbett war mit einer dieser sauteuren Bassetti-Garnituren überzogen, die Decke lag glatt und straff und unberührt.

      Die Dusche staubtrocken. Auch im Becken keine Wasserspuren. Meine Gastgeberin hatte außerhäuslich genächtigt.

      Das Glück, aber auch das Unglück einer Filmwissenschaftlerin liegt in ihrer Vorstellungskraft. Bei mir lief ein Film, den ich gar nicht sehen wollte. Darin wälzte sich Mira Jones ohne Fischkleid mit einem baumlangen Kerl in dessen Lotterbett. Wenigstens war es ein Stummfilm, aber leider in Farbe.

      Ich sah aufs Handy. Die Whatsapp, in der ich ihr um halb drei noch viel Spaß gewünscht hatte, war ungelesen. Anscheinend hatte sie die ganze Nacht keine Hand frei gehabt!

      Dafür hatte mir Albert, altmodisch wie er war, eine SMS geschickt: »Danke für die Blumen :o))«

      Nicht zu fassen. Er bedankte sich für meinen Scheidungsantrag! Das war ja wohl der Gipfel emotionaler Blockiertheit! Oder die Spitze eines Eisbergs an Fiesheiten, die mir das Blut in den Adern gefrieren lassen würden, sobald ich heimkäme …

      Ich grübelte die ganze Heimfahrt, was mich

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