Beim nächsten Mann bleib ich solo. Hella Heller

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Beim nächsten Mann bleib ich solo - Hella Heller

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bei Ihnen, nur noch die Dame hier.«

      Die Dame hier war ich. Die Augen der Buchhändlerin richteten sich auf mich. Im Blick las ich ein: Mach schon. »Was kann ich für Sie tun?«

      »Also ich wollte fragen – vielleicht hätten Sie da ja was für mich«, begann ich und brach ab. Ich klang selbst schon wie eine, die weder Titel noch Autor kennt. »Wissen Sie, ich bin früher mal hier im Laden gewesen und darum dachte ich, ob Sie eventuell –«

      Das Telefon klingelte. Die Buchhändlerin ging ran.

      »Sachbuch oder Roman? Titel? – Ach so ja, das grüne. – Ja. – Haben wir da, stell ich Ihnen gern zurück.«

      Als sie aufgelegt hatte, war ihr Blick leer. Ich verdrückte mich mit einem »Hab’s-eilig«-Lächeln. Gerade konnte ich mich jobmäßig nicht sehr gut rüberbringen.

      Draußen vor der Tür blieb ich stehen und atmete durch. Bis zum nächsten Mal würde ich meinen Auftritt vorm Spiegel üben. Ich betrachtete mich im Schaufensterglas: Frau zwischen Büchern. Kein Zweifel, ich sah aus wie genau die Buchhändlerin, die in diesem Laden fehlte! Das musste ich ihnen bloß noch klarmachen. In der Auslage alles Romane. Einer stach mir besonders ins Auge.

      Ich machte kehrt, riss die Ladentür auf und schrie Richtung Kasse: »Hey, von wegen Vögeln! Sie meint Juli Zeh! Unterleuten! Das mit dem Wiedehopf drauf! Liegt im Fenster!«

      Die Buchhändlerin hob den Kopf. »Der Vogel auf dem Cover von Unterleuten ist ein Kampfläufer.«

      Und der Vogel an der Kasse war eine Schnepfe! Aber das schluckte ich runter und rief lieber: »Hey, ich kenne mich mit Büchern aus! Hab früher hier mitgearbeitet! Ich bin die Conny! Bestimmt erinnert sich eine noch an mich. Constanze Wechselburger. Ihr könnt mich jederzeit anrufen, wenn ihr im Laden Hilfe braucht.« Ich wuselte ins Geschäft, kramte eine Visitenkarte aus der Tasche und warf sie auf den Tresen.

      Die Schnepfe sah mich an, als wollte ich ihr einen Wiedehopf aufbinden. »Das alte Kollektiv gibt’s längst nicht mehr.« Aus ihrem Munde klang das so, als sei es kollektiv auf den Friedhof übergesiedelt. Egal. Ich hatte den Wiedehopf am Schopf gepackt und eine Spontanbewerbung hingelegt.

      Dafür hatte ich mir jetzt eine Belohnung verdient.

      Auch wenn ich nichts suche, im Second Chance werde ich immer fündig. Leider haben sie dort nicht Männer im Angebot. Aber die Auswahl an Vintageklamotten ist riesig, sodass man der ein oder anderen Versuchung erliegt. Meistens gleich beiden und mehr. Beim Eingang nahm ich mir einen großen blauen Plastikeinkaufswagen und zog los. Männer nehmen den Aufzug, Frauen nehmen sich einen Wagen. Anfangs hatte ich solche Rieseneinkaufswagen albern gefunden. Die Frauen sehen damit so seltsam entschlossen aus. Als ginge es um was. Als zögen sie in die Schlacht, um möglichst viel an sich zu raffen. Kampfkäuferinnen. Aber inzwischen wusste ich aus bitterer Erfahrung, dass spätestens nach drei Gängen die Arme schwer werden unter der Last der Kleider, die du anprobieren willst, und die Bügel hinterlassen Striemen auf der Haut.

      Nach einer halben Stunde hatte ich mich mit meinem vollen Wagen in die mittlere Etage vorgearbeitet, wo immer so nette Oberteile hängen. Hier waren alle Umkleidekabinen besetzt, aber ganz oben gab es bestimmt freie. Außerdem findet man dort voll geile Siebzigermode. Man kann da auch eigenes Zeug abgeben, das man loswerden will. Praktischerweise klingelte in diesem Moment direkt neben mir der Aufzug. Die Metalltüren gingen auf und entließen eine runde, bunt gekleidete afrikanische Mutter mit zwei süßen Kleinen. Stimmt, Kinderklamotten gibt es auf dieser Etage. Eilig manövrierte ich meinen Traktor in den Lift. Er war leer bis auf einen älteren Mann. Sicher fuhr der auch hoch, jedenfalls brauchte er dringend neue Klamotten und Schuhe und Herrensachen sind oben. In seinem Zeug sah er aus wie eine Kreuzung aus Klabautermann und Kapitän Blaubär. Er trug eine Windjacke, am Hals leuchtete ein roter Rollkragen. Der Schirm seiner Cap ragte über eine Sonnenbrille, den unteren Teil des Gesichts verhüllte ein weißer Vollbart.

      Ruckend setzte sich der Aufzug in Bewegung.

      »Fährt ja gar nicht runter«, brummte der Seemann.

      Scharfsinnig bemerkt.

      Er hatte noch mehr zu sagen: »Dachte eigentlich, ich hätt auf null gedrückt.«

      Ich zuckte mit den Achseln. »Tja. Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan.«

      Mein gehobenes Niveau ließ Kapitän Blaubär verstummen. Verblüfft löste er sich von der Wand, hakte einen Finger hinter den Steg seiner Sonnenbrille und zog sie auf die Nasenspitze. Augen wurden sichtbar, die mir den Atem stocken ließen. Sie waren … honigfarben, mit einem Kranz weißer Wimpern!

      »Constanze?«, fragte der Seemann.

      Zehn Minuten später saßen Björn und ich im Café am Zoo. Den Kleiderwagen hatte ich mir bis abends zurückstellen lassen. Wenn ich nicht mehr zum Anprobieren käme, war es auch egal. Mit meinem ehemaligen Kommilitonen einen Latte zu trinken ging vor.

      Wir schwelgten bald in alten Zeiten. Wie wir in Berlin zusammen auf die Straße gegangen waren! Wie wir zusammen in die Kneipe gegangen waren! Wie wir zusammen ins Kino gegangen waren! Wie wir zusammen ins Bett gegangen waren!

      »Und jetzt so? Wohnst du etwa in Frankfurt?«, fragte ich weiter.

      Er schüttelte den Kopf und schenkte mir einen seiner Honigblicke. »Ich bin nur kurz hier, die Bude meiner Eltern auflösen. Sind beide gestorben, da bleibt jetzt alles an mir hängen.«

      Ich nickte heftig. Da blieb wohl einiges an Björn hängen! Er war, wie ich wusste, Einzelkind und die Bude ein riesiger Edel-bungalow in Kronstein, im Frankfurter Speckgürtel. Das Haus besaß einen Innenpool, den ich von einer Party her kannte, weil ich nach Mitternacht übermütig hineingesprungen war. Björns Vater hatte jahrzehntelang als Stararchitekt den Taunus mit Villen im Edward-Hopper-Stil bebaut, die Mutter die Bauherren und -damen dazu mit edlen Häppchen bewirtet. Sohn Björn hatte für das Leben seiner reichen Erzeuger nichts als Spott und Häme übrig und lieber Häuser besetzt. Jetzt war er millionenschwerer Immobilienerbe. Das fand ich witzig.

      »Bin bei dem Secondhand-Laden gerade einen Haufen Hutschi-Gucchi von Muttern losgeworden. Ist ja irre voll da drin! Warum die Leute nur so viel Klamotten kaufen müssen!«

      Ich nickte und sagte, dass ich dort immer hingehe, um meine alten Sachen abzugeben, weil mir ökologische Nachhaltigkeit am Herzen liegt. Dass ich jedes Mal einen Haufen Zeug von dort heimschleppe, verschwieg ich ebenso wie die Tatsache, dass ich den gepackten Altkleiderkram meist zu Hause vergaß.

      »Und wie lange bleibst du noch?«

      Er schaute so traurig wie ein verlassener Hund. »Morgen geht’s leider schon zurück nach Lissabon.«

      »Du lebst in Portugal?!« Das wurde ja immer besser!

      »Mal hier, mal dort. Die letzten Monate bin ich die Algarve entlanggesegelt, das war supertoll«, versicherte er, sah dabei aber gar nicht glücklich aus. Sein Handy brummte, er überflog eine Nachricht. »Du, ich muss los. War echt toll, dich wiedergetroffen zu haben!«

      Er winkte den Kellner herbei, zahlte für uns beide und lieh sich einen Kugelschreiber. Als er meine Hand ergriff, sie umdrehte und mir seine Nummer hineinschrieb, lief mir ein Trupp Tausendfüßler über den Rücken. Wie romantisch!

      Ich war die Julia Roberts in einem neuen Film.

      Der Titel des Filmes lautete »Second Chance«!

      Am

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