Karo König. Arno Alexander

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Karo König - Arno Alexander

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Telephonistin ein.

      Gleich darauf antwortete eine sonore Männerstimme:

      „Hier Überfallkommando.“

      „Bitte rufen Sie doch den Herrn heran, der in der Nacht die Expedition an der Jannowitzbrücke leitete,“ stotterte der Geheimrat aufgeregt.

      Der andere schien sich mit irgend jemand zu beraten. Nach etwa zwei Minuten erklärte er:

      „Das war Inspektor O’Kelly. Sie erreichen ihn unter Wedding 27974.“

      O’Kelly war zufällig zu Hause und meldete sich sofort. Blumenthal nannte seinen Namen und Titel.

      „Hören Sie, Herr Inspektor! Ich schwebe in Todesgefahr!“ jammerte er.

      „Wieso, bitte?“

      „Ich habe mehrere Erpresserbriefe erhalten und warf sie bis jetzt alle in den Ofen; man bekommt dergleichen in meiner Stellung ja sehr oft und ist daran gewöhnt. Nur den letzten Brief habe ich mir aufgehoben, weil es zu komisch war, mit welcher Kühnheit der Schreiber mir für heute den Tod ankündigte. Ich wollte den Brief zum Andenken aufbewahren …“

      „Ja, und?“

      „Schrecklich! Der Schreiber ist doch der Karo König! Ich wußte nichts von ihm und nun lese ich in der Zeitung …“

      „Entschuldigen Sie, bitte,“ unterbrach ihn O’Kelly hastig. „Ich bin in zehn Minuten bei Ihnen.“

      Der Geheimrat verbrachte die zehn Minuten damit, daß er sein gesamtes Hauspersonal in der Wohnung umherjagte, um alle Fenster und Türen zu verriegeln. Im Gegensatz hierzu aber schlug er, zur nicht geringen Verwunderung der Dienerschaft, eigenhändig die Scheiben sämtlicher nach der Straße zu gelegenen Fenster ein; dann stellte er mit einer etwas angerosteten alten Pistole Schießübungen an, indem er zur Zielscheibe ein mächtiges Ölgemälde wählte. Als O’Kelly eintrat, hatte er bereits drei glückliche Treffer in verschiedenen, mehr oder weniger kostbaren Beleuchtungskörpern angebracht.

      Der Kriminalbeamte betrachtete etwas konsterniert die Scherben und den beweglichen kleinen Mann, der jetzt, mit dem alten Schießeisen fuchtelnd, auf ihn zuschritt.

      „Inspektor O’Kelly, nicht wahr?“

      Jener nickte.

      „Ich sehe, Sie sind zum Kampf bis aufs Messer entschlossen?“ fragte er leise lächelnd.

      „Natürlich!“ erwiderte der andere stolz. Das Bewußtsein, einen Kriminalbeamten in seiner Nähe zu haben, schien seinen Mut zu verzehnfachen. „Ich werde mein Leben teuer verkaufen!“

      „Könnte ich mal den Brief, von dem Sie sprachen, sehen?“

      Der Geheimrat kramte in seinen Taschen.

      „Hier ist er. Alles Stuß, natürlich. Wenn’s nicht gerade dieser berühmte Karo König wäre … na ja …“

      O’Kelly hätte gern gelächelt, aber er konnte es nicht. So lächerlich die Worte auch klingen mochten, es lag ihnen doch eine unangenehme Wahrheit zugrunde. Der Karo König, über den man noch vor zwei Tagen nicht einmal im Kriminalamt etwas erfahren konnte, war über Nacht eine bekannte Persönlichkeit — „Berühmt“ — geworden. Dafür hatten die Zeitungen bestens gesorgt.

      Der Kriminalbeamte war ans Fenster getreten und las interessiert den neuen Drohbrief des Karo König. Er trug das gestrige Datum und unterschied sich weder im Aussehen noch im Inhalt wesentlich von dem an Larsen gerichteten.

      „Mein Herr!

      Nachdem Sie weder am 22. ds. M. 25 000.— Mark, noch am 25. ds. M. 50 000.— Mark bezahlt haben, fordere ich Sie hierdurch letztmalig auf, bis morgen abend acht Uhr durch das Einschlagen einer Scheibe eines beliebigen, auf die Straße mündenden Fensters mir bekanntzugeben, daß Sie gewillt sind, auf Verlangen sofort 100 000.— Mark zu bezahlen. Sollten Sie diese Ihre Absicht, zu zahlen, morgen bis acht Uhr abends nicht kundgeben, so werde ich Sie bis spätestens Mitternacht töten.

      Karo König.“

      O’Kelly blickte auf.

      „Darum also die kaputten Fensterscheiben,“ sagte er verständnisvoll. „Sie wollen demnach doch zahlen?“

      „Natürlich will ich!“ rief der andere zornig. „Dachten Sei etwa nicht? Mein Leben ist mir lieber als hunderttausend Mark!“

      „Warum dann erst die Polizei rufen? Wozu dann die Schießübungen?“

      „Ich schwebe doch in großer Gefahr. Wie leicht könnte es sein, daß der Verbrecher seinen letzten Vorschlag vergißt und beschließt, mich sofort zu töten. Bedenken Sie — zwei seiner Briefe habe ich ignoriert!“

      „Und den dritten werden Sie auch ignorieren!“ sagte O’Kelly plötzlich sehr bestimmt. „Nachdem Sie die Kriminalpolizei mal benachrichtigt haben, wäre das Zahlen ganz zwecklos; denn der Karo König wird Sie für den Verrat sowieso zu töten versuchen.“

      Der Geheimrat sank entsetzt in einem Sessel zusammen.

      „Er wird mich sowieso töten?“ fragte er atemlos mit leicht vibrierender Stimme.

      „Nicht doch! Ich habe nur gesagt — er wird versuchen, Sie zu töten. Wir werden Sie natürlich zu schützen wissen.“

      Blumenthal erholte sich langsam von seinem Schrecken.

      „Wie?“ meinte er leise. „Wie wollen Sie mich schützen? Ebenso wie den Schriftsteller auf der Brücke? Ja? Ich habe gelesen, daß er schwer verwundet ist.“

      O’Kelly war diese Erinnerung an sein Versagen sehr unangenehm.

      „Nein!“ sagte er stirnrunzelnd. „Ich werde heute abend von acht bis zwölf Uhr nicht von Ihrer Seite weichen. Was hatten Sie für diese Zeit vor?“

      „Hm … ja …“ die Züge Blumenthals belebten sich. „Ich wollte zu der spiritistischen Sitzung bei Professor Matthiesen gehen. Sie müssen nämlich wissen, daß ich ein großer Gegner dieses modernen Aberglaubens bin. Ich habe in meinem Leben bereits fünf Scharlatane entlarvt. Das erste Mal … aber nein, das dritte Mal war es interessanter — da gelang es mir …“

      „Verzeihen Sie bitte,“ unterbrach ihn O’Kelly höflich, „ich möchte doch bei der Sache bleiben. Ist es ein geschlossener Kreis, oder eine öffentliche Veranstaltung?“

      „Geschlossen. Es versammeln sich etwa zwanzig Personen. Alle auf Empfehlung und meist begeisterte Anhänger dieses Schwindels.“

      „Haben Sie von Ihrer Absicht, heute dorthin zu gehen, irgendjemand Mitteilung gemacht?“

      „Nur einem Menschen — dem Gerichtspräsidenten Kahlbaum. Er ist es auch, der mir die Eintrittskarte verschaffte.“

      „Ich habe keine Bedenken,“ sagte O’Kelly entschlossen. „Können Sie noch drei Eintrittskarten erhalten?“

      „Sicherlich! Es kostet mich nur ein paar Worte. Aber was wollen Sie eigentlich tun?“

      „Ich werde

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