Der Sommernachtsmörder. Marianne Berglund

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Sommernachtsmörder - Marianne Berglund страница 17

Автор:
Серия:
Издательство:
Der Sommernachtsmörder - Marianne Berglund

Скачать книгу

Schrift.

      »Phantastisch«, murmelte Ring. »Da sind wir ja schon weit gekommen.«

      Bixe überhörte diesen spitzen Kommentar. »Wir wenden uns zuerst an Jonas Sjögrens Angehörige«, sagte sie. »Seine Familie, seinen Freundeskreis.«

      »Ja, und wer soll das machen?«, fragte Sander.

      Bixe verspürte einen bitteren Geschmack im Hals, als sie daran dachte, was immer von Neuem getan werden musste. Jemand musste vor die Angehörigen treten und ihnen in die Augen schauen und das sagen, was gesagt werden musste. Ein Donnerschlag. Nein, sie freute sich wirklich nicht auf diese Aufgabe. Auch wenn sie nur über den Brand sprechen und fragen mussten, wo Sjögren sich aufhalten könnte. Das war schon unangenehm genug.

      »Wer?«, wiederholte Ring, vermutlich in der Hoffnung, der Kelch möge an ihm vorbeigehen.

      »Erik, kannst du die Angehörigen ermitteln?«, fragte Bixe. »Es ist ja auch möglich, dass Sjögren bei irgendwelchen Verwandten zu Besuch ist.«

      Ihr Kollege nickte müde.

      »Und du, Janne, du kommst mit mir in seine Wohnung. Wir brechen so bald wie möglich auf. Die Technik ist sicher jetzt fertig.«

      Sie schaute wieder in ihre Papiere, überflog sie mit halb geschlossenen Augen.

      »Du, Erik«, sagte sie danach zögernd.

      »Ja?«

      »Du wohnst doch im Andersbergsring 94?«

      »Stimmt. Wieso?«

      »Ich sehe hier, dass Jonas Sjögren im Andersbergsring 102 gemeldet ist. Das ist doch sicher in deiner Nähe.«

      »Das ist schräg gegenüber.«

      »Dann kennst du ihn doch sicher?«

      »Die Häuser bei uns haben jeweils sechs Stockwerke und acht Eingänge. Ist das Antwort genug?«

      10

      Sie ahnte eine Bewegung: Es war ein Schmetterling. Wie still und gelassen der über die Verkaufstheke flog, im kalten Neonlicht. Er bewegte sich über der altmodischen Glasplatte, unter der jede Menge Pinsel und Spachtel und sie wusste nicht was noch alles zu bewundern waren. Es war Samstagvormittag, eine gute Woche danach und der Tag, an dem alles wieder normal werden sollte. Der Tag nach der Nacht, die sie vergessen musste, um weiterkommen zu können. Dann sah sie plötzlich den Schmetterling. Als ob die Zeit Bescheid weiß, dachte sie, als ob die ihr Paket geöffnet hat und mir den Inhalt jetzt zeigt, wo es so weit ist. Dann erfuhr sie plötzlich, wer er war, dieser Mann, dieser Abschaum. Diesmal konnte sie sein ganzes Gesicht sehen. Nicht von der Dämmerung oder von dunklen Wolken verdeckt, das Neonlicht über dem Tresen war leuchtend hell.

      Der Verkäufer hatte seine Mütze in den Nacken geschoben und gesagt, es sei wirklich ein stickiger Tag. Ja, sagte sie, entsetzlich stickig und drückend. Und das Lächeln hatte in der Luft gehangen, in Erwartung ihrer nächsten Bemerkung. Sie wusste nicht so recht, was sie vor allem brauchte. Einen Mann vielleicht, der nicht nur zwei linke Hände hatte. Oder nein, keinen Mann, nie wieder. Dann lieber einen Schmetterling mit Flügeln, die man zwischen den Fingern zerkrümeln konnte, wenn man ihn am Weiterfliegen hindern wollte.

      »Fassadenfarbe«, sagte sie. »Rot.«

      »Rote Fassadenfarbe«, sagte er. »Heute soll es also Rot sein.« Er fragte, ob sie mit Fensterrahmen und Haustür fertig sei, und die Farbe, die sie früher in der Woche gekauft hatte, sei sie damit zufrieden gewesen? Und ahnte sie da nicht ein kleines Lächeln über seinem hässlichen schmalen Mund, ein schiefes, hämisches Lächeln? Sie hätte es zerkrümeln mögen, ja, Fassadenfarbe, anstreichen, überstreichen, ein Schmetterling soll unter der Farbe festkleben, die Flügel verschmiert wie weiche Butter.

      Sie folgte ihm in den Laden, in das Labyrinth zwischen den Regalen. Die Büchsen in unterschiedlichen Größen, weiße Etiketten, Farbmuster, die an Bindfäden davor baumelten.

      »Rot«, sagte sie.

      »Welches Rot denn?«, fragte er lächelnd.

      »Klares Rot«, sagte sie.

      »Wozu soll es denn benutzt werden?«, fragte er.

      »Ich will die Außenwände vom Ferienhaus anstreichen«, sagte sie.

      »Aha«, sagte er, suchte im Regal, streckte die Hand aus, zog eine Leiter heran, und schwupp, schon hielt er das Gesuchte in der Hand. »Mit der hier wird es sicher gut. Ist das der richtige Farbton?«

      Und dann, als sie zur Kasse zurückgingen, flatterten plötzlich diese Flügel über dem Tresen. Sie blieb stehen, blieb mit offenem Mund stehen, sah den scheußlichen Schmetterling, er flog in ihr Blickfeld, blieb dort hängen und schlug vergeblich mit den Flügeln. Sie glaubte zuerst an eins ihrer Trugbilder, denn die waren häufig.

      Die Frau, die ihn begleitete, hielt einen Korb über dem Arm. Der Mann trug ein kurzärmliges Hemd, eine Fleeceweste, Stiefel. Aber nichts davon war wichtig, es gab nur noch den Schmetterling. Sie lächelten einander an. Der Mann, die Frau und sie. Sie war mit diesem Lächeln zufrieden. Über der Theke brannte die Neonröhre.

      »Äh«, sagte der Verkäufer.

      Sie war stehen geblieben. In der Zeit, die für den Verkäufer nicht stillstand. »Äh«, sagte er noch einmal. Sie fuhr zusammen, wachte auf, ließ sich von der Zeit wieder mitreißen, versuchte, sie einzufangen, um nicht zurückgelassen zu werden, ärgerte sich über ihren offenen Mund, ihren töricht verzogenen Mund. Gott verhüte, dass es ein anderer wäre als er. Denn nicht einmal Gott konnte etwas ungeschehen machen. Und jetzt hatte sie ihn ihren Weg kreuzen lassen. Sie hatte darauf gewartet. Sie sah es als Zeichen an, auch das.

      »Danke«, sagte sie. »Das wäre alles für heute.« Sie drehte sich halb um und lächelte wieder die beiden anderen an. Ob er sie erkannt hatte? War das möglich? Nein, es sah nicht so aus. Er erwiderte ihr Lächeln gelassen, gleichgültig vielleicht, dann ließ er seinen Blick über die Regale im Laden schweifen.

      »Ich notiere mir den Farbton«, sagte der Verkäufer, »damit wir beim nächsten Mal den richtigen finden. Falls Sie noch mehr brauchen, meine ich.«

      Sie ging mit harten Schritten aus dem Laden, mit aller Augen im Nacken, die Mütze des Verkäufers und der Schmetterling über der Theke, sie ging ins Labyrinth, um dort zu verschwinden. Wenn sie nur wüsste, wo. Ein anderes Mal, es würde noch ein Mal geben. Sie war jetzt sicher, denn sie hatte etwas erfahren.

      Der Wagen stand draußen. Er war weiß. Viel zu weiß. Funkelnd wie ein spitzer Zahn im zufälligen Sonnenlicht. Sie warf einen Blick auf das Nummernschild, prägte sich Buchstaben und Ziffern ein. Das war das Mindeste und einwandfrei das Leichteste, was sie tun konnte.

      Die Stille auf dem Parkplatz war angenehm. Samstag, und die Zeit schien auf irgendeine Weise herumzutrödeln. Nach diesem Tag würde sie es nicht mehr eilig haben. Sie hatte den ganzen Urlaub vor sich liegen, fünf lange Wochen.

      Unter der Decke sauste ein Ventilator. Von den Bäumen her war Vogelgezwitscher zu hören. Der leuchtende Lack des Autos brannte unter ihren Handflächen. Leerer Parkplatz, weit und breit kein Mensch zu sehen. Sie konnte es sich erlauben. Konnte sich fast alles erlauben. Zum Beispiel mit einem Schlüssel einen Kratzer in den glänzenden Lack zu ziehen. Mit einem

Скачать книгу