Der Irrläufer. Gudmund Vindland

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Der Irrläufer - Gudmund Vindland

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habe für Kost und Unterbringung für eine ganze Woche bezahlt ...»

      «Ja, natürlich, geizig bist du auch noch, du kleiner ...» Er riß sich mit Gewalt zusammen, öffnete eine Schublade und holte eine kleine Kasse hervor. «Dieses Lager dauert acht Tage und kostet hundertfünfzig Kronen. Du warst dreieinhalb Tage hier, also bekommst du hundert Kronen zurück. Das ist mehr, als dir zusteht ... verschwinde jetzt!» zischte er und schmiß den Hunderter über den Schreibtisch.

      «So hab ich das nicht gemeint. Ich muß hierbleiben, weil Magnus mich braucht!»

      «Dich braucht!» Der Mann explodierte. «Dich braucht er am allerwenigsten auf der Welt! Er braucht Gooottt! Er braucht Gottes Vergebung für seine Süüünnnnnden!»

      «Aber, Magnus hat doch gar nicht Schlimmes getan!»

      «Sag mal, Yngve, wie alt bist du eigentlich?» Er versuchte auf einmal, freundlich und beherrscht zu klingen.

      Ich begriff, worauf er hinauswollte, und eine Welle des Triumphs durchfuhr mich: «Ich werde im Oktober sechzehn.» Die Augen auf der anderen Schreibtischseite verengten sich, und genauso freundlich redete ich weiter: «Magnus ist im April sechzehn geworden ...»

      Aus dem zusammengekniffenen Gesicht zischte es: «Dafür kannst du deinem ... kannst froh sein, junger Mann!» Dann brüllte er: «Wenn es nämlich umgekehrt gewesen wäre, hätte ich dich persönlich wegen Verführung Minderjähriger angezeigt. Denn das hast du doch eigentlich getan, oder etwa nicht? Du bist listig wie eine Schlange! Du bist erfahren! Für dich war es doch kein Problem, einen unschuldigen Jungen wie Magnus aufs Kreuz zu legen! Das arme Kind!» Plötzlich sah er aus, als wollte er sich in die Hosen machen. Er beugte sich vornüber und zischte: «Großer Gott! Wie lange geht das denn schon so?»

      «Das geht dich nichts an!» Ich war hellwach.

      Der Mann explodierte wieder: «Was du treibst, ist gegen das norwegische Gesetz, weil es pervers ist. Das ist gegen Gottes Gebot! Das ist ein Verbrechen wider den Heiligen Geist!»

      Immer noch konnte ich mich beherrschen und unterbrach ihn: «Ich kenne einen Pastor, der das genaue Gegenteil behauptet. Der nennt Homosexualität Nächstenliebe. Der hat übrigens auch mit Magnus geschlafen!»

      Der Mann schnappte nach Luft. «Wer, in aller Welt ... Nein! Das ist gelogen! Du lügst, du kleiner Teufel! Du versuchst, Gottes und der Kirche eigene Diener anzuschwärzen! Du bist ein besessener Psychopath! Du bist von Satan besessen ...»

      Ich biß die Zähne zusammen und wartete auf eine Pause, um den Namen von Christian Teufelpastor sagen zu können, aber irgend etwas hielt mich zurück. Nicht einmal Christian hatte es verdient, diesem geisteskranken Unmenschen auf der anderen Tischseite in die Hände zu fallen.

      In dem Moment schnappte er zu: «Ja, und wer ist das? Von wem redest du? Antworte!»

      «Auch das geht dich nichts an!»

      «Das wußte ich! Vor Gott wagst du nicht zu lügen. Du fürchtest die Kraft Gottes ... Denn die habe ich!»

      Da platzte es aus mir heraus: «Ich hätte nicht gedacht, daß Gott so verdammt laut schreien müßte, um gehört zu werden!»

      In dem Moment war der Mann schon aufgesprungen. «Setz dich hin, du Lümmel! Ich bin noch nicht fertig!»

      «Du bist hier nicht beim Militär!»

      Er kam auf mich zu. «Du bist ein verderbtes, verlorenes Geschöpf. Du hast eine junge, reine Seele verführt ... aus einem christlichen Heim ... Du hast ihn in den Schmutz gezogen! Du hast ihn besudelt und ihn fast ums Leben gebracht! Und darüber hinaus wagst du es, hier zu stehen und Gott zu spotten!»

      Der Mann stand nur einen Meter von mir entfernt. Ich ballte die Fäuste fester und fester und hielt ihn mit meinem Blick von mir ab.

      Er sprach leise und eindringlich weiter: «Aber ich gebe dir eine letzte Chance, denn darauf haben alle Sünder Anspruch. Fall hier und jetzt auf die Knie! Bekenne vor mir und vor Gott deine schrecklichen Sünden und entsage dem Teufel, dann werden dir deine Sünden vergeben. Das verspreche ich dir!»

      «Fahr zur Hölle!»

      Ich renne zur Tür, nehme die Treppe zum ersten Stock in vier Sprüngen und reiße die erste Tür auf. Leer. Die nächste, leer. Ich höre, wie der Mann die Treppe heraufkommt. Eine neue Tür auf. Da – Magnus. Ich beuge mich über ihn: «Magnus, mein Junge! Wie geht es dir?» Keine Reaktion.

      Der Mann in der Tür: «Das hilft dir auch nichts, junger Mann.»

      «Was hast du mit Magnus gemacht, du Schwein!» Ich gehe mit geballten Fäusten auf ihn los.

      Er züngelt scharf: «Aber, beruhig dich doch jetzt, Junge! Er schläft, das siehst du doch!»

      «Was hast du mit meinem Liebsten gemacht?» Ich packe den Mann am Revers und schüttle ihn.

      «Laß los! Das ist nicht gefährlich. Ich bin Arzt! Er hat nur ein mildes Schlafmittel bekommen. Er brauchte das. Laß los, sag ich!»

      Ich fasse fester zu und stoße den Mann gegen den Türrahmen. «Das ... war ... deinetwegen!» Ich will schlagen, aber dann höre ich etwas und drehe mich um. Magnus sitzt aufrecht im Bett. Mit einem Schrei im Gesicht. Und dann schreit er. Ich werfe mich über ihn. Magnus schreit, beißt, kratzt, schreit. Ich auch: «Mein Junge! Ich bin’s. Yngve!»

      «Geh weg! Geh weg, ich will dich nie mehr sehen!»

      «Magnus! Ich liebe dich!»

      «Geh weg! Hau doch ab! Geeeehhh ...» Dann kommt der Mann mit der Spritze. Magnus ist weg.

      «Ich werde gnädig sein, obwohl du, Gott weiß, etwas ganz anderes verdient hast.» Der christliche Jugendleiter-Arzt Eirik starrt mir haßerfüllt ins Gesicht. Eirik Blutspritze!

      «Ich könnte die Polizei anrufen. Ich könnte dich wegen Körperverletzung anzeigen. Ich könnte dich verhaften und einsperren lassen. Aber das werde ich nicht tun. Ich werde dich gehen lassen! Unter ganz wenigen Bedingungen! Du mußt Magnus in Ruhe lassen. Du mußt deine perversen Gelüste bekämpfen und dich in Zukunft von allen anderen Jungen fernhalten! Du mußt Gottes Wort lesen und dich durch das Gebet von ihm leiten lassen! Du mußt ...»

      «Fahr doch zur Hölle, du scheiß Teufel ...» Das sage ich leise. Hoffnungslos. Ich gehe aus dem Büro.

      «Willst du dein Geld nicht mitnehmen?» ruft dieser Unmensch mir doch tatsächlich nach.

      Ich gehe völlig benommen. In den Schlafsaal. Packe meinen Rucksack. Rolle den Schlafsack zusammen. Gehe wieder hinaus. «Magnus, Magnus!»

      Ich taumle zum Tor hinaus. Merke, wie die Tränen kommen. Werfe mich in den Graben und weine. Sehne mich. Hasse. Rede mit mir selber. «Zum Schluß hast du doch verloren, Yngve. Die anderen haben gewonnen. Die anderen haben ihn dir weggenommen. Magnus! Mein Junge.»

      Ich gehe zur Hauptstraße. Zwischendurch schluchze ich heftig. Im Herbst soll ich mit dem Gymnasium anfangen.

      Ich bin ganz allein.

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