Der Irrläufer. Gudmund Vindland

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Der Irrläufer - Gudmund Vindland

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tief. Ich knickse. Das tut weh! Magnus trägt mich mehr oder weniger über den Platz durch die Menge und die Hurrarufe. Auf dem Weg zum Haupthaus wende ich mich um und mache mit meinem lädierten Bein ein paar Cancanschritte.

      «Belluut gibt es auch im Schienbein ...» Magnus hebt mich auf und trägt mich weiter.

      In Eiriks Büro sind wir allein. Mit beiden Händen leert Magnus den Medizinschrank aus. Bedeckt den halben Tisch mit Pflaster, Tuben und Flaschen. «Also, nun guck dir diesen ganzen Kram an!» Er muß lachen. Oh, wir lachen! Ich bin ganz tatterig von allem, was passiert ist, und zittere unkontrolliert. Krieg den Rock nicht aus, und Magnus muß mir helfen.

      «Die haben gedacht, das gehört mit zum Sketch!» keuche ich. «Die haben gedacht, das sollte so sein!»

      Magnus zieht mir den Rock aus und packt mich gleich darauf. Nimmt mich ordentlich in den Arm und küßt mich. Wir prusten und keuchen und stöhnen und lachen. So glückselig waren wir! Magnus hält mich von sich ab und sieht mich an. Da stehe ich – in Hemdverband und Unterhose und hab einen stehen. Er streichelt mich vorsichtig über Rücken und Bauch, und ich sehe und fühle und weiß, daß er mindestens so geil wird wie ich. Das Blut hämmert in den Schläfen und im Hals, und wir sagen fast im Chor mit belegter Stimme: «Mein Junge!»

      «Ich liebe dich!» flüstert Magnus.

      Wir klammern uns aneinander und werden ganz wild. Magnus hat auch nichts am Oberkörper, und ich versuche, seine Hose, die sich beult, zu öffnen. Aber da schnappt er nach Luft und wird stocksteif. Ich weiß, was das bedeutet, weil ich das schon früher erlebt habe. Er hat Angst. Hier stehen wir wahrhaftig in Eirik Blutaxts heiligem Büro und lieben uns! Und jeden Moment kann Jesu Blut mit Bibel und Kruzifix in der Tür stehen! Magnus befreit sich aus meinem Griff. «Dein Bein, Yngve. Wir müssen dich doch verbinden, Junge!»

      Und niemals ist jemand so leidenschaftlich verarztet worden wie ich damals. Er verbraucht eine ganze Flasche Pyrisept zum Reinigen und eine ganze Schachtel Bacimycin-Wundpulver und Kompressen und Bandagen. Er ist schrecklich eifrig und fließt über vor Zärtlichkeit. Küßt mich immer wieder auf die Wange oder den Mund und streicht mir durchs Haar. Saugt an meinen Brustwarzen und in meinem Nabel: «Mmmm, du schmeckst nach Salz!» Er bohrt sein Gesicht in meine Unterhose: «Ach, du riechst so gut, Yngve. Du bist so schön! Hör zu: nachher, heute nacht! Wir verstecken uns. Hast du das kleine Zimmer im Wirtschaftsgebäude gesehen? Ganz hinten? Es hat einen Riegel und ist voll mit alten Matratzen. Da gehen wir heute nacht hin, wenn die anderen eingeschlafen sind!»

      «Magnus, ich liebe dich!»

      Es ist gar nicht so leicht, sich zu verstecken in einem Lager voller lebensgeiler Leute, denen nichts erlaubt ist. Aber schließlich schaffte ich es, mich unbemerkt ins Wirtschaftsgebäude zu schleichen. Magnus kam direkt darauf zu. Er war so aufgeregt, daß er zitterte. «Ach, Yngve, ich hab nachgedacht ... eigentlich ist das ja Wahnsinn, was wir machen, das ist nicht richtig ...»

      «Nein, Magnus. Hör jetzt auf mit dem Quatsch! Denk doch so was jetzt nicht! Wir mögen uns und wollen lieb zueinander sein. Das ist das einzige, was jetzt zählt, und ich liebe dich. Komm her!»

      Ich umarmte ihn und lotste ihn in den hintersten Raum, verschloß die Tür mit einem soliden Riegel, und dann waren wir alleine. Lange standen wir nur da und umarmten uns wieder. Atmeten wieder zusammen. Liebkosten uns wieder. Spürten den gesegneten Geruch von dem, den wir am liebsten hatten. Wir standen da und wurden zusammen geil. Spürten, wie sich enorme Kräfte in uns aufbauten. Endlich!

      Wir zogen uns gegenseitig aus. Langsam und sorgfältig. Küßten uns auf den Bauch, in die Kniekehlen, in die Achselhöhlen. Dann zogen wir uns die Unterhosen aus, und dabei standen wir eng zusammen und spürten, wie unsagbar gut es ist, wenn der, den du lieb hast, dein Geschlecht liebkost. Ja, wahrlich. Genau da hatte Strandholmen wirklich etwas mit dem Himmel zu tun! Draußen vor dem Fenster war die Sommernacht und gab uns genügend Licht. Wir konnten alles sehen, was wir fühlten, all das Gute, was wir miteinander machten. Wir lagen auf einer alten Matratze und liebten uns so sanft, so sanft. Teilten unsere verlangenden warmen Körper und gaben einander alles, was wir wußten.

      Magnus legte sich über mich. Er flüsterte: «Komm jetzt.» und gab mir eine Reise zur Milchstraße. Eine schwindlig machende Sternenreise zu einer Explosion durch die Schallmauer – und dann zurück zu meinem Jungen. Ich nahm ihn in den Mund. Lutschte seinen unschuldsreinen, sündenbehafteten Schwanz. Zuerst vorsichtig und sanft. Dann fester und regelmäßig. Magnus lag auf dem Rücken in meinem Schoß und umschlang mich mit den Beinen. Er hielt mich mit beiden Händen in den Haaren und kam wie ein Geysir mit Lärm und Getöse – und mit einem Schrei der eingesperrten Kräfte, die sich Bahn brachen. Wollust und Süßigkeit und Liebe, Selbstverachtung, Scham und Angst.

      Ich trank meinen Liebsten ganz leer.

      Wir lagen nebeneinander und kämpften um Atem. Magnus drehte mir den Rücken zu. Ich strich ihm über den Arm. Er zuckte zusammen: «Du ... hast du das runtergeschluckt?»

      «Ja. Und Mykle hat auch da wirklich recht. Es schmeckt nach Rosen. Nach weißen Rosen.»

      «Du hättest das nicht tun sollen!»

      «Aber, Magnus. Wieso denn nicht? Es war schön. War das für dich denn nicht auch gut? Ich hab das doch nur gemacht, weil ich dich lieb hab!»

      «Faß mich nicht an! Ich ertrag das nicht mehr. Das ist eine Schweinerei! Das ist unrein. Du besudelst mich. Ich hatte Gott versprochen ... O Gott!»

      Ich sehe in sein verquältes Gesicht. Ich sehe, jetzt wird es ernst. Ernster als je zuvor in meinem Leben. Ich sage scharf: «Magnus! Kein Wort mehr davon! Du mußt aufhören, dich zu verfluchen ... und mich ... bloß, weil wir uns mögen. Was wir zusammen machen, ist keine Sünde. Wie, zum Teufel, könnte das Sünde sein? Wir machen doch nur Gutes zusammen, nur das Beste, was wir kennen. Gott hat überhaupt nichts dagegen. Gott ist Liebe ... nicht Vorurteil oder Haß oder Bosheit! All die Angst und die Schuldgefühle hat dir die Kirche gegeben. Die Priester. Christian. Und dein Vater!»

      Aber da schlägt Magnus auf mich ein. Hart und wild. Er schreit und schluchzt: «Das ist nicht wahr! Das ist nicht wahr!»

      «Verzeih mir, Magnus. Ich wollte nicht gemein zu dir sein. Aber früher oder später mußt du das endlich kapieren: Du bist homosexuell, genau wie ich!»

      «Nein. Neeiinn! Sag das nicht! Das ist nicht wahr! Das ist nicht wahr!» Magnus verliert total die Fassung. Er schreit und brüllt hysterisch. Ich versuche, ihn festzuhalten, versuche, ihn zu beruhigen, aber das nützt nichts. Er reißt sich von mir los und fegt durch die Tür. Nackt. Irgendwie bekomme ich meine Hose an, scheuere meine Wunde auf, achte aber nicht darauf. Laufe ihm nach. Und sehe, wie der Junge in vollem Galopp auf die Anlegestelle zustürzt.

      Als ich endlich unten angekommen bin, hat er schon das eine Ruderboot losgerissen und stößt ab. Er steht nackt im Boot und grinst richtig wahnsinnig: «Du kriegst mich nie! Und die anderen auch nicht! Ich werd euch alle reinlegen und von euch wegrudern. Ganz weit wegrudern!»

      «Magnus! Komm zu dir! Du darfst jetzt nirgend wohin rudern.» Ich versuche, ruhig und eindringlich zu reden, aber ich habe solche Angst. Schreckliche Angst davor, daß er auf die Idee kommt, sich etwas anzutun.

      Magnus setzt sich und schwenkt die Ruder aus. Dann sagt er bestimmt: «Ich rudere nur ein bißchen. Ich muß nachdenken ...»

      «Kann ich nicht mitkommen? Ich faß dich auch nicht an. Ich werd kein Wort sagen ...»

      «Nein, du darfst nicht mit!» Er rudert ein paar Schläge, aber dann scheint er sich zu besinnen und sagt etwas ruhiger:

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