Fremder Mann an der richtigen Tür. Arno Alexander

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Fremder Mann an der richtigen Tür - Arno Alexander

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gesagt?

      Da sah er sie: sie hatte die Arme auf die Sofalehne gestützt, den Kopf darauf gelegt und — schlief… Er blieb vor ihr stehen, und seine Hand strich leise, damit sie es ja nicht spürte, über ihr weiches Haar. Dann griff er mit seinen kräftigen Armen zu, hob sie auf und trug sie in ihr Zimmer. Als sie aber hier langsam die Augen öffnete und als er sah, wie ihre Arme sich nach ihm ausstreckten, legte er sie auf ihr Bett und ging hinaus.

      Erst, als er wieder allein in seinem Zimmer war und den Riegel vorgeschoben hatte, atmete er auf. Dann stand er noch lange an der Tür und wartete, ob es nicht klopfen würde. Aber es klopfte nicht…

      III

      Arthur Amadeus Liegnitz war ein Manu von Grundsätzen, ein Mann mit geregeltem Einkommen und geregelter Lebensweise. Nichts konnte ihn so verdrießen, als wenn jemand störend in diese wohlgeordnete Lebensweise eingriff, und daher wußte Frau Winter, seine Haushälterin, schon im voraus, daß ihr nichts Angenehmes bevorstand, als sie um elf Uhr an die Schlafzimmertür ihres Gebieters klopfte.

      Wie gar nichts anderes zu. erwarten war, lag Arthur Amadeus Liegnitz um diese Zeit schon im Bett. Auf dem kleinen Tischchen neben dem Kopfende des Bettes stand ein Teller mit zwei geschälten und säuberlich zerlegten Birnen; daneben lag ein Stoß Zeitungen. Am Fußende des Bettes stand ebenfalls ein Tischchen; darauf befand sich ein Radioapparat, der eine leise, aber schmissige Musik von sich gab.

      Bie dem ungewohnten Klopflaut an seiner Tür legte Liegnitz verwundert seine Zeitung nieder und lauschte eine Weile, ob sich das merkwürdige Geräusch an der Tür wohl wiederholen würde.

      Es wiederholte sich… Jetzt fuhr er in seinen. Kissen hoch. Seine Blicke wanderten bald zur Tür, bald zum Radioapparat, von wo eine weiche Männerstimme durchaus zur Unzeit immer wieder betonte: „Die Sonne geht auf, die Sonne geht auf…“ Mit einem grimmigen Fluch steckte Liegnitz die Hand aus und stellte den Apparat ab. „Was wollen Sie, Frau Winter?“ rief er ärgerlich.

      „Es ist ein Mann — ein Herr da, der Sie unbedingt sprechen will!“ klang es ängstlich zurück.

      „Sagen Sie ihm, daß ich nachts zu schlafen gewöhnt bin!“ schnaubte Liegnitz. Jetzt saß er leicht vorgebeugt auf dem Bettrand, und seine nackten Beine baumelten in der Luft.

      „Hab’ ich schon gesagt — hab’ ich alles gesagt!“ jammerte die Stimme der Haushälterin vor der Tür. „Aber der Herr behauptet, es eile sehr… Er geht nicht weg. Er weigert sich.“

      So etwas war Liegnitz noch nicht vorgekommen. Er sprang auf, stapfte ein paarmal barfuß über den gestickten Bettvorleger hin und her, dann schüttelte er verzweifelt den Kopf. „Wie heißt der Kerl?“ „Großfeld!“

      Dieser Name schien Liegnitz irgendwie peinlich zu berühren. „Führen Sie den Herrn ins Wohnzimmer! Er soll warten!“ rief er. Dann begann er umständlich, für seinen äußeren Menschen zu sorgen. Er zog sich vollständig an, denn er hielt auf Würde. Ohne nach der Uhr zu sehen, wußte er, daß fünfundzwanzig Minuten vergangen waren, als er, rosig und frisch, in seinem dunkelgrünen Anzug das Wohnzimmer betrat.

      Seine mühsam errungene gute Stimmung wurde hier aber alsbald auf eine harte Probe gestellt. Was er sah, war wirklich geeignet, ihn zur Verzweiflung zu bringen: Heinrich Großfeld, ein blonder Mann von vielleicht zweiunddreißig Jahren, lag weit zurückgelehnt in dem altertümlichen Schaukelstuhl und beobachtete einige Wellensittiche, die im Zimmer herumflögen.

      „Wer hat denn die Vögel herausgelassen?“ knirschte Liegnitz und starrte auf die offene Tür des Käfigs in der Ecke.

      „Ich“, sagte der junge Mann ruhig. „Die Tierchen wollten gern mal fliegen…“

      „Und an die Möbel haben Sie nicht gedacht, Herr…?“ fragte Liegnitz zornig und machte einen vergeblichen Versuch, einen der Vögel wieder einzufangen.

      „Nein“, antwortete Großfeld, „nur an die Vögel.“

      „Und dabei rauchen Sie auch noch wie ein Schlot?“ zürnte Liegnitz und stürzte auf seinen Stuhl zu. jetzt hatte er einen der Vögel erwischt. „Meine Sittiche vertragen keinen Rauch! Und überhaupt — so, meine Dore, jetzt kommst du wieder in dein Häuschen — und überhaupt möchte ich wissen — schlaf gut, mein Liebling — was sie hier mitten in der Nacht eigentlich wollen!“

      „Unter guten Freunden ist ein Besuch zur Nachtzeit doch nichts so seltsames?“ meinte Großfeld und blickte dem Rauch seiner Zigarette nach. „Wir sind doch Freunde, nicht wahr?!“

      „Na, wissen Sie —“, Liegnitz war aufs Sofa gestiegen und fuchtelte mit seinen kurzen Armen, doch die beiden Sittiche auf der Gardinenstange flatterten wieder davon, „— so dicke ist die Freundschaft nicht… Brauchen Sie vielleicht Geld?“

      Großfeld lächelte. „Arthur Amadeus“, sagte er vorwurfsvoll, „wäre ich dann hier?“

      „Also das ist es nicht? Es wäre auch aussichtslos gewesen, völlig aussichtslos… Was wollen Sie denn nun eigentlich? Hallo! Halten Sie das Tier! Auf Ihrem Knie sitzt es — halten Sie’s!“

      „Warum denn?“ gab Großfeld aufreizend ruhig zurück. Es hält sich selbst — mit den Krallen.“

      „Jetzt ist es wieder weg!“ stöhnte Liegnitz. „Also was wollen Sie hier? Ich hab’ es jetzt satt! Sie kommen da mitten in der Nacht hierher, stellen die ganze Wohnung auf den Kopf und wollen mir nicht einmal sagen — —“

      „Doch, ich will!“ unterbrach ihn Großfeld. „Der Leiner ist wieder da.“

      Liegnitz hatte eben Anlauf genommen, einen Sittich auf dem Tisch zu überfallen. Er blieb stehen, wo er stand, und vergaß sogar, die ausgestreckte Rechte wieder sinken zu lassen. Sein Gesicht drückte etwas wie Schrecken aus, aber nur vorübergehend, und ebenso vorübergehend hatte sich die gesunde rötliche Färbung seiner Wangen ein wenig verloren. Gleich darauf war er wieder ganz der alte. Sogar sein Ärger über die nächtliche Störung schien überwunden. „Was Sie sagen!“ rief er lächelnd. „Hat man ihn rausgelassen? Ich dachte, er hätte noch so etwa ein Jährchen abzubrummen…“

      „Stimmt! Aber wegen ausgezeichneter Führung wurden ihm ein Jahr und etliche Monate geschenkt.“

      „Hätt’ ich ihm nie zugetraut — die ausgezeichnete Führung“, meinte Liegnitz und setzte sich. Die Sittiche schien er vergessen zu haben. „Woher wissen Sie das denn?“

      „Man hat so seine Verbindungen… Heute ist er entlassen worden, wird jetzt wohl schon zu Hause sein. Das gibt ein Freudenfest — was, Arthur Amadeus? Wie wird Änne glücklich sein!“

      „Ja, gewiß, sehr…“

      „Und sein Wiedersehen morgen mit Ihnen, stelle ich mir geradezu rührend vor“, plauderte Großfeld weiter.

      Liegnitz zuckte die Achseln. „Warum soll es nicht rührend sein, lieber Großfeld? Ihre Frage klingt ja beinah so, als zweifelten Sie an unserem guten Einvernehmen. Wir standen prächtig miteinander…“

      „Standen —!“ unterstrich Großfeld kurz.

      „Nun ja, und stehen natürlich auch heute noch ebenso zueinander. Genau so.“

      Großfeld begann plötzlich zu lachen — ein langes, herzliches Lachen.

      „Worüber

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