Kalendergeschichten: Naturgeschichten & Sagen für das ganze Jahr. Anzengruber Ludwig

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Kalendergeschichten: Naturgeschichten & Sagen für das ganze Jahr - Anzengruber Ludwig

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hatte kurze Zeit nach des Prinzen Eintritt seinen sonstigen Posten verlassen; sie waren daher sehr erstaunt, den Alten hier mit dem Prinzen Hand in Hand zu treffen, vielleicht nicht weniger erstaunt als der Prinz selbst, der sich nun von ihm aus der Höhle leiten ließ.

      Der Prinz hieß sogleich alles zur Rückreise rüsten, es war auch sehr bald alles zum Aufbruche bereit, denn die Herren des Gefolges, welche sehr froh waren, fortzukommen, hatten schon alle Vorbereitungen in dieser Hinsicht getroffen.

      Bis das Pferd vorgeführt wurde, hatte der Prinz schweigend neben dem alten Weisen gestanden, jetzt, bevor er sich in den Sattel schwang, umarmte er den ihm lieb gewordenen Berater und dieser faßte ihn zum Abschiede noch einmal an der Hand und sagte:

      »An allem erfreu

       Die offenen Sinnen

       Und bleib dir getreu

       Bei jedem Beginnen!«

      Lange blickte er den Dahinziehenden nach und lange noch wandte der Prinz sein Pferd.

      Monosogoporibius I. empfing mit gewohnter Güte seinen dritten Neffen und nachdem er ihm gleich den andern probeweise das Regiment übertragen hatte, zog er sich wieder auf sein Jagdschloß zurück. –

      Jahre vergingen, seine Ruhe wurde nicht gestört, er war uralt geworden und fühlte sein Ende nahe, da ließ er eines Tages alles zur Reise rüsten, bestieg eine Sänfte und ließ sich durch das Land nach der Hauptstadt tragen.

      Sie waren eine Tagreise weit gekommen, da fragten die Leute am Wege bei den Herren des Gefolges an, wer denn da so vornehm reise.

      »Nun,« sagte einer der Herren, »euer König!«

      »Ei, Herr,« sagte ein alter Bauer, »Ihr wollt Euch wohl über arme Leute lustig machen! Aber unseren König kennen wir wohl, der ist noch in den besten Jahren, und so kann er doch nicht über Nacht zusammengeschnorrt sein, wie der da in der Sanfte!«

      »Aber,« sagte der Herr vom Gefolge, »das ist doch euer rechter und wahrhafter König, Monosogoporibius I.«

      Da zog der Bauer die Mütze und sagte: »Je der Tausend, ich hätte nicht gedacht, daß der noch lebt! Nun lebe er noch tausend Jahre, vorausgesetzt, daß das ihn selber nicht verdrießen möchte! Das war ein gar schönes Stück von ihm, wie er das Ketzerbraten im Lande eingestellt hat, da war ich selber noch als lediger Bursche dabei. Nun, Gott tröste ihn! Nichts für ungut, man kann es fast nicht glauben, daß er noch leben soll! Aber nicht wahr, den jetzigen nimmt er uns nicht weg? Das wäre hoch gefehlt. Ah, das wird er wohl nicht?«

      »Nein, nein, das wird er nicht!« lächelte Monosogoporibius I. seelenvergnügt in der Sänfte.

      Sein Neffe holte ihn, sobald er von seinem Nahen unterrichtet wurde, mit allen Ehren ein. Monosogoporibius I. aber merkte seine letzte Stunde gekommen, er versammelte im Königsschlosse alle Großen des Reiches um sein Sterbebette, und außen um den Palast drängte sich das Volk. Noch einmal, das letzte Mal, mußte sein alter Hofsekretär ihm ein Schriftstück unterbreiten, das Testament; das war nicht so schön geschrieben, man sah den Buchstaben an, daß manchmal die Hand des Schreibers leise gezittert hatte, der alte König warf ihm einen strengen Blick zu, aber als er ihm die Feder abnahm, drückte er ihm wieder leise die Hand. Der dritte Neffe wurde zum Erben des Reiches eingesetzt und hatte den Namen Monosogoporibius II. zu führen.

      Er mußte auf den Wunsch seines erlauchten Oheims sogleich das Manifest über seinen Regierungsantritt dem alten Hofsekretär in die Feder diktieren.

      Der Neffe gab erst dem Schmerze über den Verlust seines Oheims mit wenigen, aber liebevollen Worten beredten Ausdruck, dann sagte er, er erneuere nur das Versprechen, das er in seinem ersten Manifeste seinen Völkern gegeben habe, so zu regieren, daß sie es nur merken sollten an der Wohlfahrt des gemeinen Wesens.

      Dann mußte er unterschreiben, der Sekretär reichte dem alten Könige, der freudig aufgehorcht hatte, das Blatt, und als Monosogoporibius I. in sicheren und schönen Zügen »Monosogoporibius II.« las, da war er ganz über die Zukunft seines Landes und Volkes beruhigt und verschied mit einem frohen Lächeln.

      Wie mit dem Herrgott umgegangen wird

       Inhaltsverzeichnis

       Eine Geschichte mit einigen »Merks«

      Es ist eine arge Welt, einer macht's dem andern und der liebe Gott allen zusammen nie recht. Es ist eine hübsche Sache um die Frömmigkeit, aber wenn einer um Sonnenschein und der andere auf dem nämlichen Fleck um Regen betet, da möcht' ich wohl einen dritten zum Herrgott machen und zusehen, was der bei all seiner Allmacht anfinge, um es mit keinem von den beiden zu verderben.

      Im Norden sind die Menschen etwas kühler und nehmen's nicht gleich übel, wenn er sich etwas schwerhörig stellt, aber im Süden da sind sie heißblütig und werden sehr ungehalten: da ist es denn für dort eine ganz gute Einrichtung, daß man zwischen Gott und die aufdringlichen Beter die lieben Heiligen eingeschoben hat, die nun freilich für jede unerfüllte Bitte aufkommen müssen.

      Wahrhaftig, so ein Heiliger ist nicht zu beneiden und ich möcht' keiner werden; denn abgesehen davon, daß die Erreichung einer solchen hohen Stelle auf der Erde mit manchen Unannehmlichkeiten und Umständlichkeiten verknüpft ist, so muß ja einer im Himmel ganz höllisch aufpassen, daß er tagüber keine Anrufung vergißt, so daß ihm fast keine Zeit bleibt, sich der ewigen Seligkeit zu erfreuen, höchstens zur Nachtzeit, aber solche übernächtige Seligkeit verträgt sich wieder tags darauf spottschlecht mit den Berufsgeschäften, wie manche gar wohl wissen, die gerade keine Heiligen sind.

      Ja, es ist eine hübsche Sache um die Frömmigkeit, wenn es nur nicht manche so weit versehen möchten, daß ihr Gebet einer Lästerung auf ein Haar gleicht. Da war einmal eine öffentliche Dirne, die hat einen jungen Menschen zu berücken gewußt, daß er eine Zeitlang zu ihr gehalten hat; nun sind ihm denn doch endlich die Augen aufgegangen und das war ein Glück für ihn, sonst wäre er ja ein verlorener Mensch gewesen, und er hat das Weibsbild verlassen. Aber die Allerweltsliebste war darüber gar sehr betrübt und was thut sie? In die Kirche geht sie und betet zur »allerreinsten Jungfrau Maria«, dieselbe möge ihr das Herz ihres Buhlen wieder zuwenden, damit die unsaubere Liebschaft ihren Fortgang haben könne. Wenn das nicht gelästert ist, dann weiß ich überhaupt nicht, was Beten heißt und sein soll.

      Ueber das Stück lacht wohl keiner, dazu ist's nicht angethan und steht nur da, damit man sieht, was manche für Anliegen vor die Heiligen bringen, denn es ist eine wahrhaftige Thatsache und nicht erfunden. Was aber den Heiligen in Welschland begegnen kann, das will auch erzählt werden und darüber könnten sie selber lachen, falls sie es im Himmel nicht verlernt haben.

      In Welschland hat selbst der ordinärste Kerl etwas Manierliches und Höfliches an sich, freilich daneben auch heißes Blut; wenn er nun die Fürsprache eines Heiligen oder mehrerer bedarf, so läßt er sich's nicht verdrießen, sie eine geraume Weile recht inbrünstig darum anzugehen; er gibt ihnen vollauf Zeit, alles wohl zu überlegen und ins Werk zu richten; wenn sich das aber ewig lange nicht machen will, da verliert er die Geduld und flucht alle Heiligen in seinen Hut hinein. Das sieht sich aber so an: der unerhörte Beter reißt ingrimmig seinen Filzdeckel vom Kopf, hält ihn halb zugeklappt unterm linken Arm, dann greift er mit der Rechten in die Luft, als ob da die Heiligen unsichtbar herumflögen, nennt zuerst den Namen desjenigen, den er sich besonders durch Fasten und Beten verpflichtet hat, also in diesem Falle den Undankbarsten, krampft die Faust zu, als hätte er eine Hummel gefangen,

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