Panik-Pastor. Martin Dreyer
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Urplötzlich erhebt sich ein älterer Herr von seinem Platz aus der hinteren Reihe. Er drängt sich zum Mittelgang, stürmt mit großen Schritten nach vorne auf mich zu. Der recht groß gewachsene Mann baut sich direkt vor der Bühne vor mir auf und blickt mich mit dunkelbraunen Augen ganz fest an. Dann streckt er seine Hände in meine Richtung. Mit lauter und durchdringender Stimme schreit er mir wutentbrannt und voller Aggression folgenden Satz entgegen:
»MARTIN DREYER! HIERMIT ÜBERGEBE ICH DICH DEM SATAN! DEINE SEELE SOLL IN DER HÖLLE VERBRENNEN!!!«
Danach dreht sich der ältere Herr auf seinen Hacken um und verlässt mit schnellen Schritten die Kirche, genauso überraschend, wie er gerade nach vorne gekommen ist.
Und ich? Ich bin sprachlos. Ich bin konsterniert. Ich bin getroffen. Mir kullern Tränen die Wangen runter. Irgendwie habe ich in diesem eigentlich geschützten Augenblick mit allem gerechnet, aber nicht mit so etwas. Dieser Christ hat mich gerade dem Satan übergeben! Mein Herz, meine Seele ist in dem Moment vollkommen ungeschützt. Ich habe mich ganz für die Gemeinde und meinen Dienst an den Menschen geöffnet und alle Schutzwälle runtergelassen. Mir fehlen spontan die Mittel, um mich hinreichend für so einen Angriff zu schützen. Wumm, das hat gesessen.
Sofort stehen die Ältesten der Gemeinde auf. Fünf Christen stellen sich in einem Kreis um mich herum und beginnen zu beten. »Herr, segne Martin«, sagt einer. »Wir brechen diesen Fluch in Jesu Namen«, ein anderer. »Danke für Martin und seinen Dienst«, sagt eine ältere Dame. Sosehr die ersten Worte wehtaten, desto stärker tun mir die zweiten Worte gut. Ich nehme jede Umarmung dankbar an. Schließlich ist der Gottesdienst vorbei.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen bringt mich der Pastor wieder zum Bahnhof. Ich bin überrascht, wie nahe wir uns in den zwei Tagen gekommen sind. Ein wirklich toller Pastor, so wie man sich einen Gemeindeleiter wünscht.
Auf dem Rückweg in der Bahn denke ich noch lange über diesen Moment im Gottesdienst nach. Wie können Menschen nur so etwas tun? Sich vor jemanden stellen, den sie gar nicht kennen, und ihn laut dem Satan übergeben? Dieser Mann muss ja ganz bewusst extra in den Gottesdienst gefahren sein, nur um genau das zu tun. Er hatte es sich vorher vorgenommen, er war nur dort, um mich zu verfluchen. Das war keine spontane Handlung, das war geplant. Der Pastor versichert mir später, dass dieser Mensch in der Gemeinde gänzlich unbekannt ist. Aber was für eine Motivation steckt dahinter, wenn ein Christ, der an den gleichen Gott der Liebe glaubt wie ich, sich genötigt sieht, einen anderen Christen in die Hölle zu wünschen, nur weil er theologisch andere Einsichten hat als er? Vermutlich gehört dieser Mann zu der Front der Kritiker, die auch meine Übertragung der Volxbibel verdammen. Diese Gruppe von Christen gehen zum Teil auch im Internet recht militant gegen Andersdenkende vor. Ihr Motiv ist dabei eigentlich nur Angst. Es gibt ein Heer von angstbesetzten Christen, die hinter jeder Ecke einen bösen Dämon vermuten. Und Angst war noch nie ein guter Ratgeber.
Tatsächlich gibt es auch einige Prediger, die mit dieser Angst arbeiten, die eine Angst vor der Hölle und vor dem Satan schüren. Alles Negative wird dem Satan zugeschrieben, alles Positive Gott. Nur: so einfach ist das Leben nicht. Und auch die Bibel kennt viele Grautöne zwischen Schwarz und Weiß.
Ich bin nur froh, dass ich so viel Bestätigung für meinen Dienst bekomme, dass diese schlimme Form der Kritik, bis hin zum Aussprechen von Flüchen, mich nicht mehr im Tiefsten treffen kann. Auch wenn ich mich selbst als einen sehr unsicheren Menschen erlebe – dass Gott mich in seinen Dienst gerufen hat, dessen bin ich mir gewiss. Nicht alles, was ich in seinem Auftrag getan habe, war gut. Im Rückblick würde ich vieles anders machen und anders sagen. Aber dass Gott mich berufen hat und gebrauchen konnte, das habe ich zu oft und zu unzweifelhaft erlebt. Also: Geh weg, Satan, du hast mich nicht bekommen.
WAS ICH VON DIESER REISE MITGENOMMEN HABE
Ich halte für mich fest, dass es sich lohnt, die Angst zu überwinden. Gott kennt meine tatsächliche innere Verfassung, er kennt mein Herz und vor ihm brauche ich mich nicht zu fürchten. An den Gedanken, dass es Christen gibt, die mich für eine Gefahr halten, werde ich mich nie ganz gewöhnen können. Es ist manchmal anstrengend, sich bewusst zu machen, dass in dem Raum, der vor mir liegt, tatsächlich Menschen sitzen, die mich als einen grausamen Verführer ansehen, der besonders junge Menschen in die Hölle bringen will. Das ist aber auch ein typisch deutsches Problem. Es war nicht das erste Mal, dass mich ein Christ dem Satan übergeben hat, aber noch nie ist das direkt vor meinen Augen geschehen.
Im nächsten Kapitel möchte ich einen kurzen Rückblick auf meinen Dienst gewähren. Vor vielen Jahren konnte ich während eines Einsatzes eine Kirche auf dem afrikanischen Kontinent kennenlernen. In Kenia funktioniert die christliche Gemeinschaft gänzlich anders als in Deutschland. Ein Gottesdienst in der Form wie in Schneeberg ist dort vollkommen undenkbar. Die afrikanischen Christen haben einen sehr schlichten, einfachen, emotionalen und überaus schönen Glauben. Das Christentum ist dort aber auch immer etwas Existenzielles. Alles hängt davon ab, der gesellschaftliche Zusammenhalt, die Hoffnung, der Broterwerb, ja, sogar die medizinische Versorgung. Gottesdienste sind überlebensnotwendig und deswegen immer überfüllt. Von der Reise nach Kenia, durch große Städte und dürre Savannen, möchte ich als Nächstes berichten. Damals kannte ich die Angst noch nicht, sie war nicht so mächtig wie heute. Was war in der Zeit anders? War ich freier in der Ausübung meines Dienstes? Oder lag es an der fremden afrikanischen Kultur und Frömmigkeit?
Nachtrag: Einige Monate später bekomme ich einen Brief von den Eltern des Jungen, der in den Wald geflüchtet ist. Im Umschlag befinden sich mehrere Fotos und eine sehr große Geldspende. In dem Brief berichten mir die Eltern, dass nach dieser kurzen Begegnung mit mir ihr Junge irgendwie den Weg aus der Sucht herausgefunden hat. Ja, mehr noch, er kam zum Glauben, hat aufgehört zu dealen und macht nun eine Ausbildung zum Lkw-Fahrer. Er hat ein vollkommen neues Leben im Glauben an Gott begonnen und wurde vom Drogenkonsum vollständig befreit. Erstaunlich, aber doch ein guter Grund, laut »Halleluja« zu rufen.
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