Tarzan – Band 3 – Tarzans Tiere. Edgar Rice Burroughs
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Und keiner von dem ganzen wilden Trupp tat schrecklicher in allem mit, als dieses glatthäutige, mächtige Tier, das noch vor einigen Monaten eine bekannte und beliebte Erscheinung in der Londoner Gesellschaft gewesen.
Bisweilen trennten sich die Tiere auch für ein paar Stunden oder einen Tag, wenn sie irgendetwas Besonderes vorhatten. So war der Affenmensch einmal auf halber Höhe der Bäume durch den Wald nach dem Strande geklettert und hatte sich dort in der heißen Mittagssonne in den Sand gestreckt.
Zwei scharfe Augen lugten von einem niedrigen Hügel am Wasser auf ihn herab …
Fürs erste füllten diese Augen sich mit einem Ausdruck des Erstaunens: Was sollte dieser starkknochige weiße Mensch hier in der glühenden Tropensonne? Warum war er nackend und ging wie ein Wilder daher? Dann wurde ein Zeichen nach rückwärts gemacht; sogleich richteten sich zwei andere Augen hinunter auf den Affenmenschen, und immer mehr und mehr tauchten auf, bis ein ganzer Trupp bunt aufgeputzter Krieger auf dem Bauche liegend den Kamm des Hügels säumte. Kampflüstern machten sie sich an den weißhäutigen Fremdling heran.
Der Wind kam ihnen entgegen und trug Tarzan deshalb ihren Geruch nicht zu. Er lag halb mit dem Rücken gegen sie, merkte es also nicht, als sie vom Hügel herab und durch das hoch emporgewucherte Gras auf sein Strandlager zu schlichen. Es waren alles zusammen wilde, ungeschlachte Burschen: Ihr fremdartiger Kopfputz, die grotesk bemalten Gesichter und das ganze Drum und Dran von Metallschmuck und buntschillernden Federn verstärkten diesen Eindruck noch. Als sie den Hügel hinter sich hatten, rückten sie vorsichtig Schritt für Schritt in geduckter Haltung näher und näher an den weißen Mann heran, der sich so ahnungslos im Sande sonnte. Drohend schwangen sie ihre schweren Kampfkeulen.
Tarzan litt wieder einmal sehr unter seiner ihn tief bedrückenden Schwermut, die in den Sorgen um sein und der Seinen Schicksal ihre Nahrung fand und seine sonst so scharfen Sinne gleichsam umschleierte. Daher hatte er es auch gar nicht bemerkt, dass er nicht mehr allein am Strande war; ja um ein Haar wären die Wilden unbemerkt über ihn hergefallen … Er war jedoch sofort auf den Beinen, als er mit einem Male merkte, dass irgendetwas hinter seinem Rücken vorging; denn etwas Verdächtiges hören und im Bruchteil einer Sekunde mit allen Fasern zum Handeln bereit zu sein, das steckte ihm in Fleisch und Blut. Mit gellendem Geschrei und geschwungenen Keulen stürmten die Wilden heran, doch gleich den vordersten erledigte er mit einem gewaltigen Schlag. Schon umringten sie den hochragenden, sehnigen Gegner, doch dessen wuchtiger Knüttel sauste rechts und links und überall auf sie nieder und warf ihre Reihen in wilder Panik zurück.
In einiger Entfernung berieten die Überlebenden, was nun zu tun sei. Der Affenmensch erwartete jedoch ruhig und mit verschränkten Armen ihren neuen Angriff. Diesmal rückten sie mit ihren verderbenbringenden Speeren an, und bald hatten sie Tarzan in einem engen Halbkreis vom Dschungel her umzingelt.
Wenn sie ihn jetzt alle auf einmal mit einem Hagel von Speeren überschüttet hätten, wäre er kaum lebend davongekommen. Wollte er also nicht die Kette der Wilden in rasendem Ansturm durchbrechen, so blieb ihm nur das Meer in seinem Rücken als einziger Rettungsweg.
Seine Lage war geradezu verzweifelt. Doch plötzlich verzog sich das Lächeln, das immer noch nicht von seinem Gesicht gewichen war, zu einem breiten Lachen. Die Schwarzen hielten sich immer noch zurück: Mit großem Getöse und unter gellendem Geheul sprangen sie in wildem Kriegstanze auf und nieder; man hörte dazwischen deutlich, wie die nackten Füße klatschend den Boden berührten. Ein seltsames Schauspiel!
Doch mit einem Male erhob der Affenmensch seine Stimme zu einem langanhaltenden unheimlichen Kampfruf. Wie vom Schlage gerührt brachen die Schwarzen ihre Tanzerei ab, und ängstlich fragend suchte einer des anderen Blick. Das war ein Brüllen, wie sie es bisher noch nie vernommen hatten, ein Brüllen, dem selbst ihr wütendes Kampfgeheul nicht gleichkam. Keiner Menschenkehle konnte solch furchtbarer Ruf sich entringen, das musste ein Raubtier gewesen sein –, und doch sahen sie es mit eigenen Augen, wie der weiße Mann immer noch aus weit geöffnetem Munde den schreckengebietenden Kampfruf über den Dschungel jagte.
Nach ein paar Sekunden freilich wich die Erstarrung, und in geschlossener Kette tanzten sie ihrem Opfer immer näher und näher. Ein plötzliches Brechen im Dschungelgestrüpp rückwärts hemmte von Neuem ihre Schritte. Was da auftauchte, ließ ihnen vor Entsetzen fast die Augen aus ihren Höhlen treten, und wohl manch mutigeres Herz, als es den Wagambi in der Brust schlug, würde bei diesem Anblick auch gezittert haben.
Ein stattlicher Leopard sprang mit funkelnden Augen und kampfwütigen Pranken vom Dschungelrande herab, und hinter ihm polternd eine Horde riesiger Menschenaffen, halbgebückt über ihren kurzen krummen Beinen, mit den langen Armen die Erde berührend. Schwer lastete ihr wuchtiger Oberkörper auf dem kantigen Unterbau, und unbeholfen kamen sie vom Dschungel herüber.
Tarzans Tiere waren dem Rufe ihres mächtigen Gefährten gefolgt!
Und noch ehe sich die Wagambi von ihrer Bestürzung erholen konnten, war ihr Schicksal besiegelt: Von beiden Seiten brach das Unheil über sie herein, hier die zähnefletschenden Tiere und dort der Affen-Tarzan.
Zwar empfing diese ein Hagel von Speeren und mächtigen Keulen, zwar mussten auch einige Affen ihr Leben lassen, aber – die Krieger von Ugambi waren nicht mehr.
Nur ein einziger Krieger war nach jenem grasüberwucherten Hügel entkommen …
Dieser eine war Mugambi, der Häuptling der Wagambi aus dem Lande Ugambi. Als er in dem üppigen Pflanzendickicht verschwand, folgten ihm nur die scharfen Augen des Affenmenschen, der vom Hügelkamm genau die eingeschlagene Richtung erkennen konnte.
Er nahm unverzüglich die Verfolgung des einzigen Überlebenden auf. Kaum war er am jenseitigen Abhang der Hügelkuppe, als ihm auch schon die Gestalt des Flüchtenden wieder in Sicht kam. Mit raschen Sprüngen suchte jener das lange Kanu zu erreichen, das an den Strand gezogen