Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist
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Читать онлайн книгу Die bekanntesten Theaterstücke - Heinrich von Kleist страница 65
ALKMENE:
Nun ja.
Sie küßt ihn.
JUPITER:
Du Himmlische!
ALKMENE:
Wie glücklich bin ich!
Und o wie gern, wie gern noch bin ich glücklich!
Wie gern will ich den Schmerz empfunden haben,
Den Jupiter mir zugefügt,
Bleibt mir nur alles freundlich wie es war.
JUPITER:
Soll ich dir sagen, was ich denke?
ALKMENE:
Nun?
JUPITER:
Und was, wenn Offenbarung uns nicht wird,
So gar geneigt zu glauben ich mich fühle?
ALKMENE:
Nun? Und? du machst mir bang –
JUPITER:
Wie, wenn du seinen
Unwillen – du erschrickst dich nicht, gereizt?
ALKMENE:
Ihn? Ich? gereizt?
JUPITER:
Ist er dir wohl vorhanden?
Nimmst du die Welt, sein großes Werk, wohl wahr?
Siehst du ihn in der Abendröte Schimmer,
Wenn sie durch schweigende Gebüsche fällt?
Hörst du ihn beim Gesäusel der Gewässer,
Und bei dem Schlag der üpp'gen Nachtigall?
Verkündet nicht umsonst der Berg ihn dir
Getürmt gen Himmel, nicht umsonst ihn dir
Der felszerstiebten Katarakten Fall?
Wenn hoch die Sonn in seinen Tempel strahlt
Und von der Freude Pulsschlag eingeläutet,
Ihn alle Gattungen Erschaffner preisen,
Steigst du nicht in des Herzens Schacht hinab
Und betest deinen Götzen an?
ALKMENE:
Entsetzlicher! Was sprichst du da? Kann man
Ihn frömmer auch, und kindlicher, verehren?
Verglüht ein Tag, daß ich an seinem Altar
Nicht für mein Leben dankend, und dies Herz,
Für dich auch du Geliebter, niedersänke?
Warf ich nicht jüngst noch in gestirnter Nacht
Das Antlitz tief, inbrünstig, vor ihm nieder,
Anbetung, glühnd, wie Opferdampf, gen Himmel
Aus dem Gebrodel des Gefühls entsendend?
JUPITER:
Weshalb warfst du aufs Antlitz dich? – War's nicht, Weil in des Blitzes zuckender Verzeichnung Du einen wohlbekannten Zug erkannt?
ALKMENE:
Mensch! Schauerlicher! Woher weißt du das?
JUPITER:
Wer ist's, dem du an seinem Altar betest?
Ist er's dir wohl, der über Wolken ist?
Kann dein befangner Sinn ihn wohl erfassen?
Kann dein Gefühl, an seinem Nest gewöhnt,
Zu solchem Fluge wohl die Schwingen wagen.
Ist's nicht Amphitryon, der Geliebte stets,
Vor welchem du im Staube liegst?
ALKMENE:
Ach, ich Unsel'ge, wie verwirrst du mich.
Kann man auch Unwillkürliches verschulden?
Soll ich zur weißen Wand des Marmors beten?
Ich brauche Züge nun, um ihn zu denken.
JUPITER:
Siehst du? Sagt ich es nicht? Und meinst du nicht, daß solche
Abgötterei ihn kränkt? Wird er wohl gern
Dein schönes Herz entbehren? Nicht auch gern
Von dir sich innig angebetet fühlen?
ALKMENE:
Ach, freilich wird er das. Wo ist der Sünder,
Dess' Huld'gung nicht den Göttern angenehm.
JUPITER:
Gewiß! Er kam, wenn er dir niederstieg, Dir nur, um dich zu zwingen ihn zu denken, Um sich an dir, Vergessenen, zu rächen.
ALKMENE:
Entsetzlich!
JUPITER:
Fürchte nichts. Er straft nicht mehr dich,
Als du verdient. Doch künftig wirst du immer
Nur ihn, versteh, der dir zu Nacht erschien,
An seinem Altar denken, und nicht mich.
ALKMENE:
Wohlan! Ich schwör's dir heilig zu! Ich weiß
Auf jede Miene, wie er ausgesehn,
Und werd ihn nicht mit dir verwechseln.
JUPITER:
Das tu. Sonst wagst du, daß er wiederkömmt.
Sooft du seinen Namenszug erblickst,
Dem Diadem verzeichnet, wirst du seiner
Erscheinung auf das innigste gedenken;
Dich der Begebenheit auf jeden Zug erinnern;
Erinnern, wie vor dem Unsterblichen
Der Schreck am Rocken dich durchzuckt; wie du