Crazy Love. Eva Kah

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Crazy Love - Eva Kah Crazy Love

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Profilfoto auch tatsächlich ihn selbst!

      Und überhaupt geriet ich wieder in einen wahren Dating-Taumel. Mein Telefon schmatzte nur so von eingehenden Mail-Küssen, dass es eine wahre Freude war. Ich antwortete auf fast alle Anfragen und ich traf mich mit beinahe einem Drittel davon. Die Kerle, die es bis zu einem Date schafften, kriegten mich dann normalerweise auch ins Bett.

      Oh ja, ich lernte viel über meinen Marktwert. Und über Schwänze. Sie existierten in so vielen Variationen, wie ich niemals gedacht hätte. Klar, ich wusste schon vorher, dass es dicke und dünne, lange und kurze, krumme, gerade, beschnittene und solche mit Vorhäuten bis zum Knie gab, ich war ja nicht in Teheran aufgewachsen. Aber das wirklich Erstaunliche waren nicht die äußeren Unterschiede, sondern die inneren.

      Schwänze haben alle dieselbe Zusammensetzung: Schwellkörper, Harnröhre, Eichel, viele Nervenenden. Vor allem aber Schwellkörper. Ohne die geht nun mal nix. Und so ein Schwellkörper kann in so unterschiedlichen Formaten und Fähigkeiten daherkommen wie es Eissorten in Italien gibt. Gerade die, von denen man es nicht erwartet, sind oft die Leistungsstärksten. Da gibt es recht unscheinbare Schniepelchen, die sich in gigantische Lanzen aus Stahl verwandeln können, und solche, die in steifem Zustand auch nicht größer sind als vorher. Andere, wie der von dem unverschämten Loveboy, werden überhaupt nicht wirklich hart, was man auch tut. Mir persönlich am Liebsten war schnell das Modell „Eher unauffällig mit Überraschungseffekt“. Wie Marathonläufer im Fernsehen. Am Ende gewinnen immer die zähen Drahtigen.

      Mittlerweile zog sogar Freddy die Augenbrauen hoch, wenn ich ihr in der Mittagspause meine neuesten Errungenschaften aufzählte. Sie war aber zu höflich, um mich irgendwie in die Schranken zu weisen. Immerhin war sie es ja selbst gewesen, die mir den Floh mit Schorschi und luvjah ins Ohr gesetzt hatte. Doch trotz der Selbstbestätigung und trotz der vielen Orgasmen, die mir all diese Kerle verschafften, blieb immer ein kleines Stückchen Unwohlsein. Jedes Mal, wenn ich von einem Fick nach Hause kam und mich im Spiegel betrachtete, wurde das Stückchen Unwohlsein größer. Ich nannte es Routine. Routine ist im Grunde eine gute Sache, kann aber auch zu schlimmen Unfällen führen, wenn man immer dieselbe Strecke fährt und deshalb vergisst, den Blinker zu setzen. Vor der Frage, ob ich es nicht vielleicht langsam ein wenig übertrieb mit der Herumbumserei, konnte ich mich aber durch einen kleinen Arbeitsunfall erfolgreich drücken.

      Die praktischste Dating-App der Welt hat nämlich eine Besonderheit, die sie von allen anderen Dating-Apps unterscheidet: Den Fick-Mich-Radar. Der heißt natürlich nicht Fick-Mich-Radar, sondern luvjah Benutzersuche, aber wozu sollte man andere Benutzer sonst suchen wollen? Wohl kaum zum Briefmarken- Tauschen oder Museumsbesuch. Der Fick-Mich-Radar oder, pardon, die Benutzersuche ist eine Funktion, mit der man schnell mal nachsehen kann, ob sich im Umkreis von einem Kilometer ein paarungswilliges Gegenüber befindet. In so einem Fall wird einem dann auf einer Umgebungsmappe ein hektisch blinkendes rotes Herz angezeigt. Der Radar ist nicht so genau, dass man einzelne Fenster oder gar Stockwerke zuordnen könnte, aber für den richtigen Häuserblock reicht es allemal. Theoretisch wäre es möglich, zu der Adresse hinzurennen und laut schreiend mit den Armen zu wedeln oder sich gleich schon mal die Klamotten vom Leib zu reißen, um den möglichen Bumspartner sofort aus der virtuellen in die reale Beziehungsebene zu locken. Praktisch tut man so was ja doch nicht.

      In meiner eigenen Wohnung hatte ich mich noch nie getraut, den Radar anzuschalten. Was, wenn in meiner nächsten Nachbarschaft Dutzende Suchende säßen? Wenn mein eigenes Haus vor hormonell überladenen luvjah-Mitbenutzern überquölle? Ich käme ja nie mehr auch nur bis zum Briefkasten, geschweige denn zum Bäcker oder gar zur Arbeit.

      Aber, Stichwort Arbeit, dort war das ja etwas ganz anderes. Wenn man grundsätzlich schon keinen Handyscheiß veranstalten darf, ist die Hemmschwelle eine ganz andere. In einer müßigen Minute in der Umkleide probierte ich den Fick-Mich-Radar also einfach mal aus. Wieder einmal war ich auf meinen eigenen Wecker hereingefallen und saß eine Stunde zu früh in der Klinik. Anstatt mir den fünften Kaffee zu holen oder gar freiwillig eine Überstunde zu leisten, dödelte ich mit Schorschi herum. Aus Jux schmiss ich die Benutzersuche an. Einfach so. In diesem relativ noblen Viertel, mit all den schicken Villen und Anwaltskanzleien rundherum, würde sowieso niemand mit dem Telefon auf Partnersuche gehen.

      Es dauerte eine Weile, bis die Daten durch die dicken Betonwände der Klinik drangen, doch dann saß ich kerzengerade vor Schreck: Es gab tatsächlich andere luvjah-Benutzer in der näheren Umgebung, und zwar genau dort, wo ich mich gerade aufhielt! Das hektisch blinkende rosa Herz erschien ziemlich genau über meinem eigenen zentralen Standpunkt. Wie auf einer Schießscheibe. Voll ins Schwarze. Freddy konnte es auch nicht sein, die hatte an diesem Tag, es war ein Montag, frei. Bei meiner Suche hatte ich sowieso nur „Männer“ angetippt. Der andere Nutzer musste sich also direkt hier in der Klinik befinden!

      Ein Patient? Ein Besucher, dem ebenso langweilig war wie mir? Der Pförtner? Gar unser Chef? Nein, der war doch glücklich verheiratet. Oder etwa nicht…? Dieses Rätsel durfte nicht ungelöst bleiben. Ich musste wissen, wer das war. Wenn ich sein Profil anguckte, würde er zwar auch meines sehen können, aber das machte nichts. Mein Profil war anonym genug. Außer meinem Alter und meiner Körpergröße würde er nichts erfahren, und in der Kragenweite gab es noch mindestens zwei weitere Schwestern hier.

      Sein Profil war leider auch anonym genug. Er nannte sich Rappelvollachtzehn, war 28 Jahre alt und 1 Meter 82 groß. Dazu fielen mir auch mindestens vier Kollegen ein. Hobbies: „Auf Achse sein.“ Das traf auf die meisten Angestellten einer Klinik zu, ob männlich oder weiblich. Wer nicht gern auf Achse war, für den war das hier nichts. Und wenn es doch ein Patient…? Nein, meine Überlegungen würden nicht ausreichen. Kurz entschlossen tippten Schorschi und ich eine Nachricht an Rappelvollachtzehn.

       Hey. Ich sehe gerade, dass wir uns gleichzeitig an diesem schönen Ort befinden. Also ich hätte heute noch etwas Freizeit. Du?

      Die Antwort kam prompt.

       Ich auch. Wann denn?

       Öh, jetzt gerade. Die nächste halbe Stunde.

       Prima. Das reicht genau für einen Quickie in der Putzkammer im zweiten Stock. Wir treffen uns dort in zwei Minuten!

      Oh. So ein Tempo bei der Date-Anbahnung hatte es vermutlich in der ganzen Geschichte von luvjah noch nicht gegeben. Der Fick-Mich-Radar verdiente seinen Namen voll und ganz. Ich ließ Schorschi sinken und kratzte mich im flotten Stufenschnitt. Wollte ich da jetzt wirklich hingehen? Wenn ich die Tür zu dieser Putzkammer öffnete, würde er mich ja sicherlich nicht gleich sofort anspringen. Oder? Aber ich musste einfach wissen, wer das war. Noch hatte ich ja nicht besonders viel herausgefunden außer dem Verdacht, dass es sich doch um einen vom Personal handelte. Wer würde sonst wissen, wo man sich in der Orthopädischen Klinik Nordheide zum Bumsen treffen könnte? Die Putzkammern waren nämlich von innen abschließbar.

      Nach ungefähr dreißig Sekunden innerlichen Ringens sprang ich auf, verließ die Umkleide und machte mich eilig auf den Weg in den zweiten Stock. Noch gut neunzig Sekunden, das sollte zu schaffen sein! Ich nahm den Lift, der ausnahmsweise sogar funktionierte. Leider hielt er aber im ersten Stock, um einen Pfleger mit einem Putzeimer einzulassen. Ich fluchte innerlich. Es war ein arroganter Kerl, den wir Schwestern den „heißen Ivan“ nannten. Keine Ahnung, ob er diesen Spitznamen seiner Herkunft oder nur dem rassigen Äußeren verdankte, jedenfalls behandelte er uns Mädels alle etwas herablassender, als es einem Pfleger zustand. Wir grüßten uns kurz. Er drückte ebenfalls auf den Knopf für die zweite Etage, und wir verbrachten die Fahrt schweigend. Im zweiten Stock angekommen, zog er sofort mit seinem Putzeimer von dannen. Mir blieb noch eine Minute, von der ein Großteil für Warten auf freie Bahn draufging. Möglichst unauffällig lungerte ich im Treppenhaus herum und schielte immer wieder durch die Glastür, bis ich im langen Flur niemanden mehr entdeckte. Dann bog ich

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