Die Winterkönigin - Ein historischer Roman. Maria Helleberg

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Winterkönigin - Ein historischer Roman - Maria Helleberg страница 18

Автор:
Серия:
Издательство:
Die Winterkönigin - Ein historischer Roman - Maria Helleberg

Скачать книгу

entscheiden, ob er auf Wärme oder auf Kälte reagieren solle.

      »Ich habe Tunsberghus so gemocht«, sagte sie. »Ich habe die Burg damals als Morgengabe von meinem teuren Herrn bekommen. Es bedrückte ihn so, daß ich sterben werde. Grüße ihn von mir und bitte ihn für mich um Vergebung. Was haben sie dir als Morgengabe geschenkt, die reichen Folkunger?«

      »Schweden, glaube ich«, antwortete Margarete, ohne nachzudenken.

      Blanka lachte ein trockenes Lachen, fing wieder an zu husten und drückte Margaretes Hand. »Ja, das glaube ich gerne. Sie schenken immer Dinge, die sie gar nicht besitzen. Versuche das herauszubekommen, kleines Mädchen, bevor es zu spät ist. Deine Morgengabe können sie dir nicht mehr wegnehmen, noch nicht einmal, wenn Magnus und Håkon entmachtet werden und fliehen müssen. Magnus sieht es nicht gerne, daß wir uns unterhalten. Ich habe einen schlechten Einfluß auf dich, denkt er. Wenn Magnus noch immer glaubt, ich hätte Erik und seine Frau getötet, wird es Zeit, daß er diesen Gedanken aufgibt. Ich war bereit, es zu tun, ja, das war ich, aber die Pest ist mir zuvorgekommen. Ich hatte das Gift dabei, aber Erik lag bereits im Sterben, als ich kam. Und kurze Zeit später starben auch seine kleine Frau Beatrix und ihre zwei Neugeborenen. Wenn er noch immer glaubt, daß ich es war, mußt du ihn eines Besseren belehren.«

      Margarete versprach es, konnte sich aber beim besten Willen nicht vorstellen, wie Magnus und sie jemals ins Gespräch über Blankas tatsächliche und erdichtete Verbrechen kommen sollten. Magnus sah in ihr doch beständig den von Valdemar gesandten Spion – ein unbedachtes Kind, das ihm noch zu nichts nutze war, aber das sicher jede Unterhaltung wortwörtlich niederschrieb und als Brief zu seinem Vater schickte.

      »Weißt du, wie Frau Birgitta deinen Vater nannte?« fragte Blanka mit ihrer schwachen, aber singenden Stimme. »Dein Vater sei der Wolf, der Schweden und Magnus eines Tages roh verschlingen werde. Sie hat sich geirrt. Ihre eigenen Genossen sind die Wölfe. Du, kleines Wolfsjunges, bist das Beste, was meiner Familie widerfahren ist, seit ich Håkon zur Welt gebracht habe.«

      Blanka konnte unmöglich so krank sein, wie alle behaupteten, dachte Margarete erleichtert.

      In der Nacht wurde sie von Lärm, Schreien und Gepolter im Hof und in der Vorburg geweckt. Sie war allein, also kletterte sie aus dem Bett und öffnete die Fensterläden. Durch den Nebel sah sie das kleine Gefolge, das mit Fackeln durch den Geheimgang zog. Sie dachte zuerst, es sei eine Gruppe auf dem Weg zu einem nächtlichen Treffen, die über den bevorstehenden Feldzug von König Magnus beraten wollte. Dann fiel ihr Blick auf das längliche Bündel, das sie mit Würde zu tragen versuchten, das aber immer wieder ihren Händen entglitt und zu der einen und der anderen Seite rutschte. Schließlich warf sich einer der Männer das Bündel über die Schulter. Erst in diesem Augenblick begriff Margarete, daß Blanka gestorben sein mußte.

      So trugen sie also Königin Blanka aus der Burg Akershus und hatten weder Geld für eine Totenfeier noch für ein Grabmal. Warum bestatteten sie Blanka nicht in der Kapelle im Wagehals, dort war genug Platz. Sie hätte so gern die jährliche Totenmesse für ihre Schwiegermutter gesungen.

      Von König Magnus bekam sie später ein kleines zerkratztes Kätchen, das alles enthielt, was Blanka ihr vererbt hatte. Blanka wurde »auf eigenen Wunsch« in der Kapelle von Tunsberghus beigesetzt.

      Auch diese Beisetzung hatten sie ihr, Margarete, verwehrt. Was hätte dagegen gesprochen, daß sie ihre Schwiegermutter auf ihrer letzten Reise nach Tunsberghus begleitete? Und das Erbe lastete wie eine schwere Anklage auf Blankas Angehörigen. Sie war damals mit der größten Morgengabe nach Schweden gekommen, die man je gesehen hatte. Kisten, gefüllt mit Seide, prächtige Streitpferde, Wagen und Sänften, Kronen und Edelsteine hatte sie mitgebracht, und alle waren überzeugt, daß mit ihrer Ankunft nun für alle eine großartige Zeit bevorstand. Jetzt fand ihr ganzes Leben, das sie in Schweden verbracht hatte, in einer kleinen schäbigen Schachtel Platz.

      Margarete fing an zu weinen, als sie da mit Blankas Habseligkeiten saß. Sie wollte nicht, daß auch nur ein Laut über ihre Lippen kam, aber ihre Schultern zuckten. König Magnus war ihr gleichgültig, aber Blanka mußte gerächt werden.

      Das Testament war zum Jammern: Blanka hatte geglaubt, daß sie reiche Geschenke zum Grab von Karl dem Großen nach Aachen schicken lassen könnte, einen goldenen Kelch etwa – aber woher sollte der kommen? Solch einen Kelch würde sie eines Tages für ihre Schwiegermutter überbringen, schwor sich Margarete. Auch wenn sie nicht wußte, wie sie jemals die Mittel und die Gelegenheit bekommen sollte, um durch Europa zu reisen.

      Blanka hatte wenig besessen: einige zerschlissene Leinenballen, zwei alte Tischtücher, eine kleine Decke für die Füße, zwei Messer und vier Silberlöffel, ein paar feine Stoffe und ein Kleid für den Kirchgang, ein Stück Seide aus Paris und dazu grobes Seidengarn, einen kleinen Schrein, dessen Schloß mit drei kleinen Smaragden besetzt war, und schließlich eine Schale mit Silberdeckel sowie Kräuter für Arzneien. Das Kleid für den Kirchgang war bereits so abgetragen, daß sich alle Querfäden an der Armunterseite aufgelöst hatten. Während ihrer Flucht hatte sie wohl angefangen, aus den feinen Stoffen und der Seide neue Kleidungsstücke zu nähen, war aber nicht weit gekommen.

      Als Margarete diese kläglichen Besitztümer in den Kleiderkisten im Wagehals verstaute, spürte sie zum ersten Mal jene Bitterkeit gegen die Mecklenburger in sich aufsteigen, die ihr Mann und ihr Schwiegervater fortwährend hegten. Wenn man sich mit den Mecklenburgern anlegte, konnte man genauso elendig enden wie Blanka. Das hatte sie nicht vor. Wenn der Tag kommen würde, wäre sie bereit, den Kampf mit den Mecklenburgern aufzunehmen. Und sie würde kämpfen, bis sie sich ergäben.

      Noch blieb ihr nur, um ihre Schwiegermutter zu trauern, die aus ihrem Leben gegangen war. Blankas zwei kleine, gichtgeplagte Hunde aus Namur suchten überall wimmernd nach ihr und wollten weder fressen noch trinken. Sie wimmerten auch noch, wenn sie sich am Fußende des Bettes zusammengerollt hatten und schliefen.

      »Wenn Håkon zurückkehrt und sich hier niederläßt, darf ich dann bei euch bleiben?« fragte Ingegerd eines Nachts, als sie zusammen im selben Bett schliefen.

      »Wir werden dich nicht entbehren können, wenn Håkons Söhne und Töchter großgezogen werden«, sagte Margarete und fand, daß sie wie Frau Merete klang. »Dann haben wir endlich einen richtigen Hof, wie damals zu Hause. Wir werden Frauengemächer haben und Frauen, die ornamentieren«, fügte sie hinzu. Sie wußte gar nicht genau, was dieses Wort bedeutete, aber sie hatte so eine Vorstellung davon, daß Königin Blanka ihre Tage als junges Mädchen mit ebensolchen Dinge zugebracht hatte.

      »Wir werden Turnierspiele veranstalten und Musiker auftreten lassen«, plapperte sie weiter, »dann öffnen wir den Kronsaal und laden alle norwegischen Adligen ein. Es wird Tanz geben auf dem Burgberg, und französische Köche sollen uns verwöhnen. Wir werden Kirchen bauen lassen und zur Messe nach Oslo fahren. Es wird alles gut.«

      »Aber ich soll ins Kloster«, unterbrach sie Ingegerd.

      Margarete wurde abrupt aus ihren Träumen gerissen. Ingegerd lag neben ihr, lang, schmal und steif vor Furcht, Margarete konnte nicht an sie herankommen. Wir liegen hier wie zwei Skulpturen auf einem Grab, dachte sie.

      Als sie ein ganz kleines Mädchen war, hatte Vater ihr alle Gräber in Ringsted und Sorø gezeigt, die Grabmale aller Familienmitglieder, auf die er sehr stolz war. Damals schon hatte sie gedacht, wie schrecklich es sei, sein Abbild dort verewigt zu haben. In Hunderten von Jahren würden die Menschen noch vorbeigehen und ihre steinernen Familienmitglieder anstarren. Das Schlimmste daran war aber, daß sie im Boden eingelassen waren. So wollte sie nicht begraben werden, da war sie fest entschlossen.

      Unter der Decke suchte sie nach Ingegerds Hand, und dann lagen sie ganz still, Hand in Hand. Aber das war auch keine Lösung, dachte Margarete. Frau

Скачать книгу