Die Winterkönigin - Ein historischer Roman. Maria Helleberg

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Die Winterkönigin - Ein historischer Roman - Maria Helleberg

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sah mit den Augen ihres Vaters, daß die Burg gut lag und man von hier aus alle Wege in den Norden Norwegens beherrschen konnte.

      Wenn doch nur Håkon endlich kommen würde.

      An seiner Statt kam ein Kurier und brachte Briefe von ihrem Vater. Mitunter vergaß er in seinen Briefen, wem er eigentlich schrieb, und gab Befehle oder stellte Fragen. Diese leitete sie dann an Frau Merete weiter. Er erzählte auch nur wenig davon, wie es König Magnus in Schweden ergangen war, aber aus dem bißchen konnte sie erkennen, daß er sich offensichtlich noch immer auf der Flucht befand. Warum kam er dann nicht nach Akershus, wunderte sie sich. Er sollte auf jeden Fall Blanka mitbringen. Blanka würde es nicht dulden, daß Frau Merete die norwegische Königin verprügelte.

      Aber Frau Merete verbat es sich, über Blanka zu sprechen, und so wappnete sich Margarete mit Geduld.

      In einem der Briefe erwähnte Vater, beinahe wie in einem Nebensatz, daß ihr Bruder Kristoffer seiner »Entkräftung« erlegen und in Roskilde begraben worden sei. Er habe Glück gehabt und ein englisches Grabmal bekommen können, das günstig zu erstehen gewesen sei. Im Vergleich zu den Grabmalen der englischen Könige sei dies zwar nicht so prächtig, aber es sei besser als alles andere, was er zuvor in Dänemark gesehen habe.

      Vater hatte Kristoffer damit zwar das Begräbnis eines Thronerben zukommen lassen, aber sie konnte zwischen den Zeilen seine schuldbewußte Erleichterung über Kristoffers Tod lesen. Er habe ferner, schrieb Vater weiter, die Absicht, nun bald nach Krakau zu reisen, zur Hochzeit des Kaisers, seines Freundes. Auf dem Weg könne er neue Freundschaften schließen, alte auffrischen und die Kunst des Burgenbaus studieren. Auf seinem Heimweg habe er vor, dem Papst in Avignon einen Besuch abzustatten.

      In dem Brief klang es so, als sei der Papst ein enger Freund von ihm und hätte ihn auf Knien gebeten vorbeizukommen, um einige wichtige Dinge für ihn zu erledigen. Ihr Vater war Ritter des Heiligen Grabes in Jerusalem und hatte das geteilte Reich seines Vaters zurückerobert. So kannte der Papst ihren Vater, dachte Margarete, aber er wußte nicht, wie arm und bedroht er war.

      Sie wurde weder zum Begräbnis noch zur Reise eingeladen. Aber immerhin hatte er ihr davon erzählt.

      Sie las seine Sätze wieder und wieder, bis sie sich ihre Bedeutung wirklich eingestanden hatte. Da spülte eine Welle des Zorns durch ihren Körper.

      Warum hatte er sie nicht gebeten, mit auf die Reise zu kommen? Warum hatte er sie nicht früher von den Geschehnissen unterrichtet? Warum wurde Kristoffer überhaupt in Roskilde begraben und nicht wie sein Großvater in Ringsted oder gar in Sorø? Warum hatte er ihr das Recht abgesprochen, bei Kristoffer zu sein? Vater hatte gewiß Ingeborg einen Boten geschickt und sie und ihren Mann und Schwiegervater, Albrecht von Mecklenburg, den neuen König von Schweden, zu sich gebeten. Mit denen wollte er sich gut stellen.

      Daheim in Dänemark war vor kurzem ihr einziger Bruder gestorben, und sie konnte noch nicht einmal ihrem Vater einen Brief schreiben. Sie konnte nur im Dunkeln sitzen, die Arme eng um ihre Beine geschlungen, und versuchen sich an die Vergangenheit zu erinnern.

      Es war noch nicht einmal ein Jahr vergangen seit ihrer Hochzeit in Kopenhagen, von der sie sich so viel versprochen hatte. Und nun saß sie hier, allein. Ihre einzige Gesellschaft bestand aus Ingegerd und Frau Merete, die nur ihre Gebete aufsagte, schlug und strafte, geizte und sparte und graue Wollkleider nähte.

      Nun war ihr Vater gezwungen, einen Erben einzusetzen. Die Mecklenburger drängten ihn bestimmt schon. Sie hatten Glück gehabt. Sie würden wohl Ingeborgs Sohn zum Thronfolger machen. Er war bestimmt ein hübscher kleiner Junge. Und wer würde dann nach dem Tod ihres Vaters Dänemark regieren? Ingeborg, ihr Mann und deren Söhne. Lauter Deutsche, deutsche Hauptmänner als Landesherren und Gebieter über die Burgen, deutsche Bischöfe. So war es schon einmal gewesen, damals, als das Reich aufgeteilt und ausgeblutet wurde. Ihr Vater und ihre Lehrer hatten ihr von diesen schrecklichen Jahren erzählt, in denen Bürgerkrieg, Hungersnöte und Krankheiten herrschten. Das Elend währte so lange, bis ihr Vater Dänemark zurückgewonnen hatte.

      Margarete erwachte von einer zarten, ungewohnten Berührung. In den letzten Jahren hatte sie keiner gestreichelt, und auf einmal waren da diese weichen, zärtlichen Hände, die ihr das Haar aus dem Gesicht strichen. Der Zopf, den sie am Abend so stramm geflochten hatte, hatte sich gelöst.

      Verängstigt setzte sie sich auf und wollte schnell ihre Haare neu flechten, um einer weiteren Strafe zu entgehen. Aber es war nicht Frau Merete gewesen, die sie geweckt hatte. Ein Mann im Reisemantel saß auf ihrer Bettkante. Er zog seinen Hut vom Kopf, und sie erkannte ihn. Stürmisch warf sie sich an seinen Hals.

      »Meine süße kleine Frau!« sagte er und lachte. Er zögerte etwas, bevor er seine Arme um sie schlang, und sie wußte, daß er enttäuscht sein würde. Sie war nicht viel gewachsen, und ihre Brust war noch so flach wie am Hochzeitstag. Nach jedem Bad hatte sie ihren nackten, mageren Körper inspiziert. Aber er schien unveränderbar.

      In diesem Augenblick war ihr das vollkommen unwichtig. Håkon war wieder bei ihr, er atmete, er war echt und sorgte sich um sie. Das genügte ihr.

      »Laß mich dich richtig anschauen«, sagte er und löste erst seine und dann ihre Umarmung. »Bist du gewachsen seit dem letzten Mal?«

      Sie hatte Angst ihn zu enttäuschen, kletterte aber trotzdem vom Bett auf das Podest. Sie wollte sich nicht auf den Boden stellen, denn dann hätte er sehen können, wie klein sie war. Voller Angst sah sie zu ihm hoch.

      »Bleibst du bei uns?« platzte es aus ihr heraus. Er nahm seinen Mantel ab, und sie versank in seinem Anblick. Er hatte dieselben eleganten, feinen Bewegungen wie Blanka und war der schönste Mensch, den sie je gesehen hatte.

      »Wir bereiten einen Feldzug gegen Albrecht vor«, sagte er – wie zu sich selbst – und wandte sich zu ihr um. »Du weißt doch, daß Albrecht von Mecklenburg jetzt König von Schweden ist? Zusammen mit deinem Vater wollen wir ein Heer aufstellen, gegen ihn ziehen und dann meinen Vater als rechtmäßigen König wiedereinsetzen.«

      »Bleibst du denn jetzt bei uns?« fragte sie erneut.

      »Ich könnte dich mitnehmen. Frau Merete sagt, daß du wie ein Mann reiten kannst«, antwortete er. Sie konnte zwar sehen, daß ihm der Gedanke erst in diesem Moment gekommen war, freute sich aber dennoch über den Vorschlag. Er umfaßte ihre Taille, hob sie zu sich hoch und setzte sie auf sein Knie. Das war ein schöner Ort, sie lehnte sich an seine Brust und konnte seinen Atem spüren. Er war echt, und er gehörte ihr.

      »Hast du mich so sehr vermißt?« fragte er verwundert und nahm ihre Hand in seine, ohne zu wissen, was er damit anstellen sollte. Sie drückte ihr Gesicht an seinen Hals und schloß die Augen. Wie konnte er daran nur den geringsten Zweifel haben, sie hatte hier doch niemanden und nichts.

      König Magnus war nur noch Haut und Knochen. Er saß, in viele Mäntel eingehüllt, im Wohngemach von Frau Merete, das Essen und das Bier vor sich auf dem Tisch hatte er noch nicht einmal angerührt. Es waren die gleichen kargen Speisen, die auch ihr jeden Tag serviert wurden, seit sie auf Akershus angekommen war. Es war kein schöner Anblick, ihren Schwiegervater so gealtert zu sehen. Seine Augen waren gerötet und lagen tief in ihren Höhlen, in seinem feinen Gesicht lagen die Falten wie ein dichtes Netz um die Wangen.

      Håkon hatte Frau Merete gebeten, seiner Frau, der Königin, die besten Kleider anzuziehen. Aber Frau Merete wollte die guten Sachen, die Margarete aus Dänemark mitgebracht hatte, nicht verschleißen. Und darum stand Margarete also in denselben grauen Wollkleidern vor ihrem Schwiegervater, die sie jeden Tag trug, und ihr Haar war zu einem strammen langen Zopf geflochten. König Magnus starrte sie an, als könne

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