Bekenntnisse. Augustinus von Hippo

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Bekenntnisse - Augustinus von Hippo Die Schriften der Kirchenväter

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geschrieben als jenes Bewußtsein, daß wir da einem andern tun, was wir selbst nicht leiden wollen. Wie bist du doch so geheimnisvoll, du großer, einziger Gott, der du schweigend in den Höhen thronst und nach deinem unwandelbaren Gesetz mit Blindheit unerlaubte Leidenschaften strafst. Wenn ein Mensch, der nach dem Ruhme der Beredsamkeit strebt, umgeben von einer großen Menschenmenge vor dem menschlichen Richter steht und nun gegen seinen Feind mit dem grimmigsten Haß losgeht, so hütet er sich mit ängstlicher Sorgfalt, etwa durch eine falsche Konstruktion Unkenntnis der Grammatik zu verraten; aber in der Wut seines Herzens einen Menschen aus der menschlichen Gesellschaft hinwegzureißen, davor schreckt er nicht zurück.

      19. Die Fehler des Kindes sind auch die Fehler der späteren Jahre.

      Auf der Schwelle solcher Sitten lag nun ich armer Knabe; und dieses Kampfplatzes Ringkunst brachte es mit sich, daß ich mehr einen Barbarismus fürchtete als den Neid gegenüber denen, die sich keinen solchen Sprachfehler zuschulden kommen ließen, wenn ich deren beging. Ich erzähle dies und bekenne dir, mein Gott, was mein Lob ausmachte bei denen, deren Wohlgefallen mir damals als Beweis meiner ehrenvollen Lebensführung galt. Denn ich sah nicht den Schlund der Schande, in den „ich geschleudert war, fern von deinen Augen“38. Konnten sie etwas Häßlicheres sehen als mich, da ich sogar meiner Umgebung mißfiel, wenn ich aus Hang zum Spiel, in der Leidenschaft, Schauspiele zu besuchen und in spielsüchtiger Unruhe nachzuahmen, den Erzieher, meine Lehrer und Eltern durch unzählige Lügen hinterging? Auch bestahl ich Keller und Tisch der Eltern, entweder aus persönlicher Naschhaftigkeit oder um mich meinen Spielgenossen gefällig erweisen zu können und mir dadurch ihre Spielgesellschaft, ihnen selbst zum Vergnügen, zu erkaufen. Im Spiele aber erschlich ich mir häufig betrügerische Siege, selbst besiegt von eitler Gier nach Auszeichnung. Nichts aber konnte ich bei anderen so wenig leiden und tadelte ich heftiger, wenn ich sie ertappte, als das, was ich anderen tat; wurde ich aber ertappt und getadelt, so raste ich lieber als daß ich nachgab. Ist das noch kindliche Unschuld? Nein, o Herr, das nicht, ich flehe dich an, mein Gott. Denn im Wesen bleibt es doch dasselbe, ob man als Knabe Erzieher und Lehrer um Nüsse, Kugeln und Sperlinge oder als Mann Präfekten und Könige um Geld, Landgüter und Sklaven betrügt - nur folgen später der Rute schwerere Strafen. Der Demut Bild hast du also, unser König, in der kindlichen Gestalt uns vorgehalten, als du sagtest: „Ihrer ist das Himmelreich“39.

      20. Augustinus dankt für das Gute, das ihm schon in der Kindheit zuteil geworden.

      Und dennoch Dank dir, o Herr, dir, dem erhabensten und besten Schöpfer und Lenker des Weltalls, dir, unserm Gotte Dank, auch wenn ich nach deinem Willen nur das Alter eines Knaben gelebt hätte. Denn auch damals lebte ich und existierte und empfand und trug Sorge für die Unversehrtheit meines Herzens, des Nachbildes der geheimnisvollen Einheit, die mich geschaffen. Mein inneres Empfinden wache über die Gesundheit meiner Sinne, und selbst bei geringfügigen Ursachen und beim Nachdenken über Unbedeutendes hatte ich meine Freude an der Wahrheit. Betrug haßte ich, über ein treffliches Gedächtnis verfügte ich, an Sprachfertigkeit nahm ich zu, Freundschaft tat mir wohl, Schmerz, wegwerfende Behandlung, Unwissenheit floh ich. Was ist doch nicht alles an so einem Lebewesen wunderbar und preiswürdig? Aber das alles sind Geschenke meines Gottes, nicht ich habe sie mir gegeben: ewige Güter sind es, die mein Ich ausmachen. Gut ist also auch der, der mich geschaffen; er selbst ist mein Gut, und ihm juble ich zu wegen all der Güter, die er schon dem Knaben verliehen. Darin bestand ja meine Sünde, daß ich nicht in ihm selbst, sondern in seinen Geschöpfen mich und was es sonst an Freude, Größe und Wahrheit gibt, suchte; so mußte ich in Schmerz, Beschämung und Irrtum verwickelt werden. Dank dir, meine Süßigkeit, meine Ehre und meine Zuversicht, Dank dir für deine Geschenke, mein Gott; aber erhalte sie mir auch! Denn so wirst du auch mich erhalten, und deine Güter werden vermehrt und vervollkommnet werden, und ich selbst werde bei dir sein, da ich ja auch mein Sein dir verdanke.

      Zweites Buch

      1. Er erinnert sich seiner Jugend und ihrer Fehler.

      

       Inhaltsübersicht.

       Augustinus beweint sein sechzehntes Lebensjahr, in welchem er nach dem Abgang von der Schule zu Madaura während seines Aufenthaltes zu Hause sich in einen Abgrund von Sinnlichkeit, in ein völlig zügelloses Leben gestürzt hat. Mit besonderer Strenge beurteilt er dabei einen damals gemeinsam mit Kameraden begangenen Diebstahl.

      Ich will die schimpflichen Taten meiner Jünglingsjahre und die fleischlichen Verirrungen meiner Seele mir in die Erinnerung zurückrufen, nicht weil ich sie liebe, sondern damit ich dich, mein Gott, umso mehr liebe. Nur aus Liebe zu deiner Liebe tue ich es, wenn ich in der Bitterkeit des Wiedergedenkens jene überaus nichtswürdigen Wege noch einmal wandle, damit ich deine Süßigkeit schmecke, du nie trügende Süßigkeit, du glückselige, sichere Süßigkeit und mich sammle aus der Zerstreuung, in die ich Schritt um Schritt geraten bin da ich mich von dir, dem Einen, abwandte und in vieles verlor. Denn einst, in meiner Jugend, glühte ich vor Begierde, mich an den niedrigsten Genüssen zu sättigen; verwildern ließ ich mich in wechselnden und lichtscheuen Liebeleien, so daß meine Schönheit schwand und ich zur Eiterbeule in deinen Augen wurde, während ich doch mir selbst gefiel und den Augen der Menschen zu gefallen bestrebt war.

      2. Das sechzehnte Lebensjahr verfließt in glühender Sinnlichkeit.

      Und was anderes erfreute mich da, als zu lieben und geliebt zu werden? Aber nicht Seelenbande im lichtvollen Reiche der Freundschaft hielten mich; nein, aus der sumpfigen Begierde des Fleisches und dem Strom der Sinnlichkeit stiegen Nebel auf, die mein Herz so umwölkten und verfinsterten, daß es nicht mehr den hellen Glanz der Liebe von der Dunkelheit der Sinnenlust unterscheiden konnte. Wirr wogte beides in mir, riß meine widerstandsunfähige Jugend durch die Abgründe der Leidenschaften und versenkte sie in einen Strudel von Schandtaten. Mächtig schwebte dein Zorn über mir, ohne daß ich es wußte. Taub war ich geworden infolge des Kettengeklirres meiner Sterblichkeit; das war die Strafe für die Hoffart meiner Seele. Doch immer weiter entfernte ich mich von dir, ohne daß du mir ein Ziel setztest; hin- und hergeschleudert wurde ich, ich schwelgte, ich zerfloß und wallte über in meinen sinnlichen Ausschweifungen, und du schwiegst dazu, o meine späte Freude! Damals schwiegst du, und immer weiter entfernte ich mich von dir, und immer neue Saaten der Schmerzen entsprossen ohne Frucht meiner stolzen Verworfenheit und ruhelosen Ermattung.

      Wer hätte auch meine Zerrissenheit endigen, wer dem flüchtigen Reiz, den jede neue Erscheinung hervorrief, ein festes Ziel setzen, wer ihrem süßen Zauber Einhalt tun sollen, daß die unruhigen Wogen meiner Jugendzeit im Hafen der Ehe sich brachen und ich mit dem Zwecke, Kinder zu erzeugen, so wie dein Gesetz, o Herr, es vorschreibt, zufrieden war? Du lässest ja unserem dem Tode verfallenen Geschlechte Samen erwachsen, wie du auch mit sanfter Hand die Dornenqualen, die dein Paradies nicht kennt, milderst. Denn deine Allmacht ist nicht fern von uns, auch wenn wir von dir entfernt sind. Oder hätte ich wenigstens genauer auf die Stimme geachtet, die aus deinen Wolken drang: „Den Stachel des Fleisches werden solche haben; ich aber schone euer“40 und: „Es ist gut für den Menschen, kein Weib zu berühren“41, ferner: „Wer kein Weib hat, sorgt für das, was Gottes ist, wie er nämlich Gott gefalle; wer aber durch die Ehe gebunden ist, sorgt für das, was der Welt ist, wie er dem Weibe gefallen möge“42. Hätte ich also wachsamer auf solche Stimmen geachtet, dann würde ich jetzt als „ein Verschnittener um des Himmelreichs willen“43- glücklicher deinen Umarmungen entgegenharren.

      Doch als ich meinem ungezügelten Triebe folgte und dich verließ, entbrannte ich Unglückseliger und überschritt alle von dir gesetzten Schranken des Erlaubten, ohne jedoch deiner Züchtigung zu entgehen; wer von den Sterblichen vermöchte dies auch? Denn immer warst du mir nahe

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