Abteilung G.. Arno Alexander
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„Und dann steckten Sie die Blume in Ihr Knopfloch?“ rief William entsetzt. Er glaubte Hearn kein Wort, aber allein die Vorstellung, der kleine Inspektor könne so gehandelt haben, machte ihn erbleichen.
„Natürlich. Meine Nichte soll doch mich und nicht Sie für ihren Onkel halten. Doch genug davon … Da! Sehen Sie die Lichter? Unser Dampfer kommt! Nehmen Sie sich zusammen. Sie sind hier, um mir zu helfen, meine Nichte würdig zu empfangen.“
William seufzte und gab es auf, Hearn zu widersprechen. Im stillen nahm er sich vor, ihn mit seiner Nichte so schnell wie möglich nach Hause zu schaffen und dann sofort zu verschwinden. Dieser kleine Inspektor mit seinen unberechenbaren Launen und Einfällen ging ihm auf die Nerven, und er beneidete seinen Bruder nicht, der unter diesem Vorgesetzten zu arbeiten hatte.
Der Dampfer hatte angelegt, und auf dem Kai wurde es lebendig. Alles drängte vor, jeder war ungeduldig und wollte als erster die Seinen begrüßen. Aber noch dauerte es eine Weile, ehe die ersten Fahrgäste die Zollschranken passierten. Nun aber wurde das Bild ganz bunt und wirr. Hier lagen sich Menschen in den Armen, bald schluchzend, bald lachend, dort sprachen andere eifrig mit glühenden Wangen aufeinander ein, als müßten sie unbedingt in diesen ersten Minuten alles berichten, was während jahrelanger Trennungszeit geschehen war.
Wie ein kleiner Felsblock inmitten brandender Wogen stand Hearn da und ließ seine winzigen Augen bald hierhin, bald dorthin wandern. Suchte er seine Nichte? Aber er kümmerte sich auch um Menschen, die bestimmt nicht seine Nichte sein konnten. Nichts schien er übersehen zu wollen, nichts war ihm so unwichtig, daß es sich nicht verlohnt hätte, einen prüfenden Blick darauf zu werfen. Seine Nichte? Er hatte die Brust, an der die Blume prangte, stolz vorgedrückt und überließ es dieser Rose, seine Nichte zu suchen.
Plötzlich gab es unweit von Hearn und William ein lautes Geschrei. Sofort wandte sich der Inspektor der Gegend zu, aus der diese auffallenden Laute kamen. Umringt von Neugierigen stand da der Filmschauspieler Ben Hawick neben einem Herrn mit sonnenverbranntem Gesicht, der eine hellgelbe Ledertasche in der Hand hielt. Aber Hawick kümmerte sich im Augenblick nicht um diesen Herrn; er war im Streit mit einem der Filmoperateure — gerade mit dem, der Hearn Auskunft erteilt hatte.
„Sie haben uns gefilmt!“ schrie Ben Hawick. „Ich verlange, daß Sie mir sofort die Filme aushändigen … Wie kommen Sie dazu, uns ohne unsere Erlaubnis hier einfach zu filmen, Sie …“
„Er wird Sie mit dem afrikanischen Würdenträger verwechselt haben!“ rief Hearn mit seinem dünnen Stimmchen dazwischen.
„Ich habe Sie nicht gefragt!“ schnaubte Hawick. „Also was ist? Geben Sie den Film heraus oder …“
Der Operateur wollte etwas antworten, aber Hearn drängte sich jetzt entschlossen vor.
„Sie haben zwar wieder nicht mich gefragt, Mr. Hawick“, sagte er freundlich, „aber ich will Ihnen dennoch antworten … antworten und helfen. Sie sollen Ihren Film bekommen. Ich bürge dafür. Ich, Captain … nein, Inspektor Hearn von der Kriminalabteilung. Ich beschlagnahme den Film … Im Namen des Gesetzes … Nein, junger Mann, nehmen Sie den Film nicht heraus. Ich möchte lieber den ganzen Apparat haben. Der Film könnte sonst beschädigt werden, und wir möchten doch wissen, ob Sie wirklich diese beiden Herren aufgenommen haben …“
„Ich protestiere!“ schrie Ben Hawick .„Ich habe keine Lust, meine Bilder in den Fingern der Kriminalpolizei zu sehen …“
„Das kann ich sehr gut verstehen“, antwortete Hearn ruhig und bescheiden. „Jedoch — und das ist wesentlich, Mr. Hawick — manchmal geht es danach, ob die Kriminalpolizei Lust hat oder nicht. Sie begreifen hoffentlich ebenso gut wie ich?“
„Wir sprechen uns wieder!“ sagte Hawick wütend, dann wandte er sich hastig um und war im nächsten Augenblick im Menschengewühl verschwunden.
„Inspektor“, meinte William ratlos, als er sich neben Hearn durch die Reihen der Neugierigen zwängte. „Ich verstehe Sie immer weniger. Sie kommen hierher, um Ihre Nichte abzuholen, und dabei mischen Sie sich in höchst unwichtige Dinge ein …“
Hearn lächelte vergnügt und klopfte munter auf den Apparat, den er sich umgehängt hatte.
„Unwichtig? Haben Sie eine Ahnung, wie wichtig es für uns ist, gleich ein Lichtbild des Mannes zu haben, der besonders aus England geholt wurde, um die berüchtigte Bande Mc Carthys zu neuen Taten zu inspirieren. Leider wußten wir nicht, wann und auf welchem Wege er hierher kommen würde. Sonst hätten unsere eigenen Kameraleute ihn hier erwartet … Hm … Schauen Sie mal dorthin … Das junge Mädchen blickt immer meine Blume an. Scheint nicht zu wissen, ob sie weiß oder gelb ist. Wollen Sie nicht hingehen und ihr sagen, daß dies eine große, weiße Blume sein soll?“
„Ja, das will ich“, sagte William, denn er fürchtete, falls er ablehnte, würde Hearn es selbst tun und damit irgendwelche neuen Unannehmlichkeiten heraufbeschwören.
Neben drei Koffern von eindrucksvollen Ausmaßen stand im weißen Regenmantel ein schlankes junges Mädchen, dessen Gesicht blaß und abgespannt aussah. Unter dem kleidsamen schwarzen Hut hervor blickten William zwei blaue Augen ratlos und ängstlich entgegen. Hearns schlimmste Befürchtungen trafen zu, dachte William ein wenig schadenfroh, als er so nahe war, daß er nun auch die feinen Linien ihres Gesichtes und an den Seiten des Hutes das blonde, wellige Haar erkennen konnte.
„Sind Sie vielleicht die Nichte Inspektor Hearns?“ fragte er, nachdem er sich vorgestellt hatte
Freudig sah sie zu ihm auf und nickte schnell.
„Ja, und Sie sind …“
„Nein, ich bin nicht Ihr Onkel“, sagte er lächelnd.
„Ach, natürlich … Mein Onkel ist doch viel älter … Wie konnte ich das vergessen … Der Herr dort ist es?“
„Ja, der Herr dort“, antwortete William und winkte Hearn zu.
„Und Sie …?“ fragte sie erneut.
„Ach so … Ich … ich bin ein guter Bekannter … ja … Ihres Onkels …“
„Ist sie es?“ fragte Hearn, der inzwischen herbeigekommen war und musterte das Mädchen prüfend von oben bis unten. Seine Miene wurde dabei finster.
„Sie ist es“, bestätigte William.
„Meine liebe Nichte“, begann Hearn salbungsvoll. „Edith … So heißt du ja wohl … Hm … also, meine liebe Edith, ich begrüße dich … Bück dich … Na, so bück dich doch … Ich will dir einen Kuß auf die Stirn geben … So … Es ist ja ganz nett, daß du zu deinem Onkel gekommen bist … gewiß … wenn man es so betrachtet, ein naheliegender Gedanke … Aber wenn du in London geblieben wärst …“
„Verzeihen Sie“, fiel ihm William rasch ins Wort. „Sie haben mich gebeten, mitzukommen, damit ich Ihnen beistehe, Ihre Nichte würdig zu empfangen. So, wie Sie’s machen, ist es falsch. Das arme Kind bekommt ja Angst …“
„Ja, was soll ich denn tun?“ fragte Hearn stirnrunzelnd.
„Freuen sollen Sie sich!“
„Soll ich vielleicht einen