Das Erbe des Professors Pirello. Arno Alexander

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das Erbe des Professors Pirello - Arno Alexander страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Das Erbe des Professors Pirello - Arno Alexander

Скачать книгу

lassen. Aber ich werde es ihnen nicht verraten. Also doch Whisky?“

      Man mußte es Fauve lassen, daß er einen guten Whisky besaß, und das war in Paris eine Sensation. „Und nun, Professor?“ fragte er. „Soll ich Sie untersuchen? Es würde mir ein Vergnügen sein, Sie in Stücke zu schneiden und so wieder zusammen zu nähen, daß nicht einmal Ihre Frau — Pardon!“ Eine große Verlegenheit breitete sich plötzlich auf seinem Gesicht aus. „Ich bin ein Tölpel. Ich wollte Sie nicht kränken. Im Gegenteil. Ich wollte gerade nicht davon sprechen —“

      „Schon gut“, sagte Riquet gerührt. Er verstand dankbar, daß Fauve ihm Beileidsbekundungen hatte ersparen wollen und daß ihm das Verhältnis des Professors zu Nicole de Saint-Roch zu spät eingefallen war. „Machen Sie sich nichts daraus, Fauve. Ich wollte Ihnen etwas zeigen.“

      Professor Riquet brachte aus seiner Brieftasche drei medizinische Fotografien zum Vorschein, die er bedächtig und nacheinander seinem Gastgeber hinüberreichte. Jules Fauve zog ein Monokel aus der Westentasche und klemmte es ins rechte Auge.

      „Sie tragen ein Einglas?“ wunderte sich der Professor.

      „Seit Jahren.“

      Er wandte seine Aufmerksamkeit den drei Bildern zu und betrachtete sie flüchtig. Dann sah er fragend auf:

      „Offen gestanden, auf den ersten Blick finde ich da nichts.“

      „Das ist klar“, sagte Riquet ruhig. „Dazu müssen Sie erst wissen, daß diese Aufnahmen vom gleichen Gewebestück in Abständen von zwei Tagen aufgenommen sind, alle drei also in vier Tagen —“

      „Was?“ rief Fauve. „Riquet! Sind Sie sicher? Pardon! Natürlich sind Sie sicher. Aber das ist ja —“

      Seine Stimme wurde leiser und heiserer. Er brach ab und legte die Fotos langsam auf den Tisch. Das Gebirge seiner Stirnfalten wanderte zu den schwarzen Haaren hinauf. Dabei fiel das Monokel heraus. Aber das war ein berechneter Effekt, Fauve fing es mit der Hand auf und ließ es verschwinden. Aus weit aufgerissenen Augen starrte er den Professor an.

      Riquet erwiderte den Blick ebenso starr. Sein Mund hatte sich zu einem Strich zusammengepreßt. Es war eine Verständigung zwischen ihnen vorgegangen, über die sie kein Wort zu verlieren brauchten.

      Plötzlich sprang Fauve auf und lief im Zimmer hin und her. Und wie um die Wiederholung der Ereignisse zu vervollständigen, wiederholte Riquet die Frage, die er seinem Assistenten gestellt hatte: „Haben Sie das schon einmal gesehen?“

      Fauve blieb stehen. „Warum fragen Sie?“ sagte er. „Wollen Sie mich fragen, ob ich den Test auf Pirellos Injektion noch beherrsche?“

      Riquet schwieg. Er saß steif, als hätte er ein Rückgrat van Gußeisen. Fauve lief quer durch das Zimmer und blieb vor ihm stehen. „Von wem ist das Gewebestück?“

      „Von Monsieur de Saint-Roch“, sagte Riquet kalt.

      „Mann! Wissen Sie, was das bedeutet?“ Abermals schoß Jules Fauve davon.

      Riquets Lippen öffneten sich nur um einen Spalt. Dann sagte er: „Warum fragen Sie?“

      „Sie meinen“, sprach Fauve mühsam beherrscht von der Tür her, „wir sollten die Exhumierung des Ministerialrates beantragen. Denn anders ist der Test nicht durchzuführen.“

      Riquet zog stumm die Schultern hoch.

      Allmählich schien Fauve seine Erregung zu meistern. Er setzte sich wieder, trank seinen Whisky aus, schenkte sich ein neues Glas ein und stürzte es hinterdrein. „Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen?“

      „Der Patient kam viel zu spät zu uns. Eigentlich hätte er drei Monate früher Schmerzen haben müssen. Mir fiel das zwar auf, aber schließlich stirbt heute jeder sechste Franzose an Krebs, und was wir darüber wissen, ist herzlich wenig. Einer meiner Assistenten hat sich dafür interessiert und den Fall beobachtet. Kurz und gut: ich habe Tausende von Fällen gesehen. Aber eine so sprunghafte Entwicklung der Geschwulst kenne ich nur durch — Pirello. Haben Sie Ihre Aufzeichnungen von damals noch?“

      Fauve fuhr handbreit auf seinem Stuhl in die Höhe. „Natürlich nicht: Ich habe sie genauso vernichtet wie Sie! Das wissen Sie! Und niemand außer Ihnen und mir —“

      „Niemand? Wirklich?“ fragte Riquet.

      Ein Schweigen trat ein, das wohl eine Minute dauerte. In dieser Minute ging eine sonderbare Veränderung mit Fauve vor. Sein Gesicht wurde hart, starr. Man hätte sagen können, daß er plötzlich Riquet ähnlicher wurde. Nach einer Minute sagte er: „Könnten Sie sich morgen nachmittag eine Stunde Zeit nehmen?“

      Jetzt war es der Professor, der verwundert den Kopf hob. „Ja — und?“

      „Es ist da eine sehr merkwürdige Geschichte. Eine überaus merkwürdige Geschichte“, sagte Fauve dunkel. „Sie liegt ein Vierteljahr zurück. Ob sie mit diesem Fall etwas zu tun hat, weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall hat sie etwas mit Professor Pirello zu tun. Die Sache ist so ernst, daß ich sie Ihnen jetzt und hier nicht schildern kann. Ich möchte das morgen tun. Aber im Beisein eines Rechtsanwaltes. Oder noch besser eines Kriminalbeamten. Oder am allerbesten gleich beider.“

      „Was sagen Sie da?“ Professor Riquet beugte sich in maßlosem Erstaunen etwas vor und starrte seinem Gegenüber ins Gesicht.

      Aber Dr. Fauve schien sein volles Gleichgewicht wiedergefunden zu haben. Nur wirkte er jetzt bedeutend sachlicher und betonter als sonst. Er zündete sich eine Zigarette an. Dann nickte er.

      „Ja. Wenn Sie diese sonderbare Geschichte morgen hören, werden Sie mich verstehen. Es muß nicht zu meinem Schutz so sein, sondern vielleicht ebenso zu Ihrem Schutz. Vielleicht sogar mindestens ebenso zu Ihrem Schutz. Das hat nicht das Geringste mit einem mangelnden Vertrauen Ihnen gegenüber zu tun. Sie werden das morgen sofort sehen. Ich kann Sie bis dahin nur bitten, mir zu glauben.“

      „Ich habe nicht den geringsten Anlaß, Ihnen nicht zu glauben“, sagte Riquet, und es klang, wahrscheinlich unbewußt, etwas frostig. Er stand auf. „Wollen Sie mich bitte Zeit und Ort wissen lassen?“

      2. Kapitel

      Die Zeit war 17 Uhr 30 des nächsten Tages, der Ort das Büro des Rechtsanwaltes Lieuwe, nicht sehr weit von der Praxis Fauves in der Rue St. Honoré. Diese Nähe der beiden Niederlassungen war nicht ganz ohne Beziehung, denn Lieuwe war, ähnlich wie Fauve, ein Mann, dessen Kunden größtenteils zur gutzahlenden und zugleich kapricenhaften Gesellschaftsschicht von Paris zählten. Schon deshalb mußten sie beide ihre Räume in diesem Viertel haben.

      Die Räume des Rechtsanwaltes erfüllten jeden, der sie betrat, mit Wohlgefühl und Bewunderung. Sie waren allesamt mit alten Möbeln vollkommen stilrein eingerichtet. Und was hier nicht echt war, war jedenfalls hervorragend imitiert und deshalb kaum billiger. Lieuwe selbst paßte hierher mit seiner Silbermähne und seinen gepflegten Händen mit dem Siegelring, den er nach altertümlicher Sitte auf dem rechten Zeigefinger trug, als hätte er alle fünf Minuten damit wirklich ein Staatsdokument zu siegeln.

      Das viktorianische Zimmer, in dem er sie empfing, erreichte den Höhepunkt der Stilreinheit dadurch, daß hier kein elektrisches Licht brannte, sondern ein Dutzend Kerzen auf silbernen Leuchtern. Auch Riquet und Fauve paßten hierher — sogar Fauve, der sich zu diesem Anlaß in einen dunklen Anzug geworfen und nicht einmal einen Strohhut mitgebracht hatte. Auch der Portwein paßte

Скачать книгу