Spitzenteams der Zukunft. Richard de Hoop

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Spitzenteams der Zukunft - Richard de Hoop Dein Business

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verschärfen würde, obwohl die bestehenden Geräte noch fast neu waren und obwohl klar war, welchen Ärger mit dem bisherigen Lieferanten das geben würde. Lara kommunizierte ihren Plan klar und transparent an alle. Sie glaubte fest an diesen Befreiungsschlag. Doch sie verschwieg niemandem die Risiken. Vor allem verschwieg sie nicht, dass dieser Plan eine Zeit lang Einschränkungen an anderen Stellen bringen würde. Alle sollten die Wahrheit kennen. Und dann sollten alle mitentscheiden.

      Lara nahm sich Zeit für viele Gespräche. Nacheinander stellte sie allen im Haus Fragen wie: Seid ihr opferbereit? Wollt ihr diesen Weg gehen? Oder wollt ihr, dass wir es anders versuchen? Hat jemand eine bessere Idee? Schließlich stimmten alle dem Plan zu. Auch diejenigen, die für die aktuelle Misere verantwortlich waren. Sie fühlten sich nicht an den Pranger gestellt. Niemand zeigte mit dem Finger auf sie. Sie konnten sicher sein: Es geht ausschließlich um eine Lösung. Und: Das Vertrauen ist nicht erschüttert! Jeder hat bis jetzt so gehandelt, wie er glaubte, es sei das Beste. Jetzt machen wir es gemeinsam noch besser. Die Vergangenheit lassen wir ruhen. So ging der Plan schließlich auf. Lara hatte sich bei allen ein Ja abgeholt. Jetzt zogen alle an einem Strang. Die Krisensituation und die Notwendigkeit, dass alle Opfer bringen mussten, schweißte die Belegschaft erst recht zusammen. Nach drei bis vier Jahren ging es der Klinik wirtschaftlich so gut, dass das Management über einen zweiten Standort nachdachte.

      Die eigenen Fähigkeiten kennen, die Fähigkeiten der anderen kennen und dann beides einsetzen – das ist das Erfolgsrezept von Teamvirtuosen. Lara wusste, dass sie sehr gut Menschen zusammenbringen und auf ein gemeinsames Ziel einschwören kann. Ihr war auch klar, dass sie eine hohe soziale Kompetenz besitzt und in Konflikten ausgleichend wirkt. Diese Fähigkeiten setzte sie ein, um beim Turnaround ihrer Klinik die Führung zu übernehmen. Ihre ruhige Selbstgewissheit sorgte dafür, dass alle – auch die Medizinprofessoren – ihre Autorität anerkannten.

      Ein weiterer Baustein für Laras Erfolg bestand darin, dass sie einen Grundkonflikt auf der Ebene der Teamrollen erkannte: Da gab es die hochintelligenten, innovativen Mediziner, die ziemlich eigensinnig agierten und sich mit den anderen zu wenig abstimmten. Dieses Verhalten ist in meinem Modell typisch für die kreative, aber eigenbrötlerische »Gitarre«. Auf der anderen Seite gibt es im Gesundheitswesen viele praktisch eingestellte, disziplinierte Arbeiter. Diese »Bässe« ergreifen kaum die Initiative und rufen deshalb auch selten laut »Stopp!«, wenn etwas schiefläuft.

      Lara hat nicht irgendwelche Teams geformt, sondern welche, in denen jetzt die früher fehlenden »Instrumente« gespielt werden. Sie wusste, dass einerseits mehr Kommunikation, andererseits mehr kritisches Hinterfragen nötig war. Im Team sollten zukünftig Instrumente wie »Trompete« oder »Harfe« erklingen, die genau für solche Eigenschaften stehen. Teamvirtuosen zeichnet es aus, dass sie am Klang ihres Teamorchesters schnell hören, welche Instrumente gerade fehlen. Und wenn sie eine Führungsrolle im Team einnehmen, dann sorgen sie dafür, dass jemand diese Instrumente spielt.

      Together forever and never apart: Virtuosen sind keine Solisten

      Wie werden Normalos zu Teamvirtuosen? Keine Frage: Es hat mit Arbeit zu tun! Auch das ist wieder genau wie in der Musik: Ohne Fleiß kein Preis. Musik kann die große Leidenschaft eines Menschen sein – und doch muss er üben, üben, üben bis zur Meisterschaft. Von nichts kommt nichts. In den Teams der Zukunft ist es genauso. Die Arbeit muss Spaß machen, klar, sonst hat alles keinen Sinn. Mit Spaß allein wird aber niemand zum Teamvirtuosen. Die Bereitschaft, sich anzustrengen, zu trainieren, sich zu engagieren, muss hinzukommen. Auch in Zukunft werden wir in einer Leistungsgesellschaft leben. Nichts wird uns einfach so in den Schoß fallen. Am Ende der Anstrengung steht aber auch das gute Gefühl, gemeinsam etwas Sinnvolles geschafft zu haben.

      Vielleicht kennen Sie aus meinem ersten Buch die Untersuchung des schwedischen Psychologen Anders Ericsson, der sich mit Spitzenleistungen in Sport und Musik beschäftigt hat. In einer Langzeitstudie unter Schülern an Konservatorien zeigte sich, dass alle, die später Virtuosen waren, mindestens 7500 Stunden geübt hatten. Möglicherweise kennen Sie auch die »10.000-Stunden-Regel«, die der Autor Malcolm Gladwell in seinem Buch Überflieger propagiert. Gladwell sagt: Außergewöhnlich erfolgreiche Menschen – egal auf welchem Gebiet – haben sich mindestens 10.000 Stunden mit einer Sache beschäftigt. Fleißig, ausdauernd und diszipliniert.

      Ich finde solche Untersuchungen spannend, möchte hier aber auch eines deutlich machen: Weder allein durch Üben noch durch alleine Üben wird jemand zum Virtuosen! Neben all diesen Stunden Ausdauer braucht ein Virtuose noch zwei weitere Dinge: erstens Talent und zweitens andere Menschen. Ja, es stimmt: Man kann durch Üben eine Menge erreichen, manchmal fast alles. Dennoch haben Menschen unterschiedliche Talente. Wer übt und übt und übt, obwohl er zu einer Sache nur wenig Talent hat, der wird irgendwann vielleicht durchaus erfolgreich damit sein. Glück und Erfüllung erfährt dieser Mensch am Ende aber wahrscheinlich nicht.

      Fleiß und Disziplin sind wichtig. Noch wichtiger ist, dass wir unsere wirklichen Talente und Neigungen erkennen und entwickeln. In Spitzenteams gibt es immer Mitglieder, denen das nicht nur für sich selbst gelingt. Sondern die auch die Talente der anderen Teammitglieder erkennen und fördern. Unsere Casting-Shows suggerieren manchmal, jeder hätte für alles Talent. Das ist nicht die Realität. Wir haben alle Talente, aber eben unterschiedliche. Irrsinnig viel Fleiß in etwas zu stecken, was am Ende keine Erfüllung bringt, ist bitter. Nehmen Sie zum Beispiel den australischen Schwimmstar Ian Thorpe, der heute wegen Depressionen behandelt wird und Probleme mit Drogen hat. Oder nehmen Sie Andre Agassi, der von seinem Vater getrieben wurde, aber anscheinend selbst nie richtig Lust auf Tennis hatte.

      Ein weiterer Punkt ist fast noch wichtiger: Teamvirtuosität kann sich nur im Team entwickeln! Virtuosen sind keine Solisten. Zwar kann jeder bei sich selbst anfangen, an seinen Talenten zu arbeiten und diszipliniert zu üben. Erst im Zusammenspiel von Individuum und Gruppe entfaltet sich dann aber die wahre Virtuosität. Stellen Sie sich einmal vor, die Welt der Musik bestünde nur aus Stücken für Soloinstrumente beziehungsweise Solostimmen. Dann würde quer durch alle Genres nur ein Bruchteil dessen existieren, was Musik so großartig macht. Im Zusammenspiel entfaltet sich erst das ganze Potenzial der Musik. Und in der Zusammenarbeit in Wirtschaft und Gesellschaft entfaltet sich das volle Potenzial des Menschen.

      Es gilt deshalb das Grundprinzip: Werde selbst besser, um die Qualität deines Teams zu erhöhen! Jeder, der alleine etwas eingeübt und einen Fortschritt erzielt hat, sollte sich sofort wieder Feedback von der Gruppe holen. Denn individuelle Fähigkeiten sind immer nur so gut, wie sie sich im Zusammenspiel mit dem Team einsetzen lassen. Nach jeder Schulung oder Fortbildung ist deshalb ein Reality-Check angesagt: Was bringt das jetzt dem Team?

      Feel the Beat

      

Richten Sie Fortbildungsmaßnahmen konsequent an den Talenten und Bedürfnissen Ihres Teams aus. Sorgen Sie stets dafür, dass neue Fähigkeiten Einzelner sofort im Team angewandt und produktiv gemacht werden können.

      Das Bewusstsein für individuelle Talente und das Wechselspiel zwischen Individuum und Gruppe sind heute in den meisten Organisationen noch eher schwach ausgeprägt. Typisches Beispiel: Brainstorming. Zu solchen Kreativmeetings werden üblicherweise alle möglichen Mitarbeiter verdonnert, ohne Rücksicht darauf, ob sie zu einem solchen kreativen »Spinnen« überhaupt Talent haben. Ganz zu schweigen davon, ob ihnen so etwas Spaß macht. Da sitzen dann etwa die »Bässe«, die fleißigen Arbeiter, im Brainstorming, langweilen sich und ärgern sich im Stillen, weil ihre Arbeit liegenbleibt. Wer dagegen im Team gerne »Klavier«, »Gitarre« oder »Trompete« spielt, hat nicht nur Talent zum Brainstorming, sondern auch richtig Spaß daran. Das andere Extrem zum übertriebenen Brainstorming-Kollektivismus sind dann die vermeintlichen Genies auf dem Chefsessel und die einsamen Entscheider in den Unternehmen, die ihre Ideen nie mit anderen austauschen, sondern einfach anordnen, was sie für richtig halten. Auch davon gibt es heute noch viele.

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