Nebra. Thomas Thiemeyer

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Nebra - Thomas Thiemeyer Hannah Peters

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des Stern zu bringen. Können Sie mir die liefern? Nein. Hat Ihre Reise dazu beigetragen, dass wir diesem Ziel ein Stück näher kommen? Nein.« Feldmann hob die Hand, als Hannah Widerspruch einlegen wollte. »Und kommen Sie mir bitte nicht mit Ihren angeblich so neuen Erkenntnissen über die Plejaden und die Sonnenbarke. All das haben wir schon lange vorher gewusst – oder zumindest vermutet. Es ist so viel im Vorfeld darüber geschrieben und berichtet worden, dass der Beweis unserer These bestenfalls noch dazu taugt, bei einigen Fachleuten ein Anheben der Augenbraue zu bewirken.« Er setzte sich wieder und schüttelte den Kopf. »Es fällt mir schwer, Ihnen das zu sagen, aber Ihre Anstellung hat sich für mich bisher noch nicht ausgezahlt.«

      »Ich weiß nicht, was Sie wollen«, protestierte Hannah. »Ich habe die Materialanalyse für Sie abgeschlossen. Die metallurgischen Gutachten liegen vor, ebenso die Bewertungen über Alter, Ursprung und Funktionsweise der Scheibe. Ich habe bewiesen, dass die Scheibe kein Importprodukt ist, sondern tatsächlich hier gefertigt wurde. Dass die spezielle Lage und Größe der Horizontbögen nur den Schluss zulässt, dass die Scheibe in unseren Breiten eingesetzt wurde. Sie ist praktisch eine Miniaturausgabe der jungsteinzeitlichen Kreisgrabenanlage von Goseck, ein tragbares Sonnenobservatorium. Vor diesem Hintergrund dürften die Ergebnisse auch den letzten Kritiker zum Schweigen gebracht haben.«

      »Leider nicht. Sie wissen doch selbst, wie das ist: Den endgültigen Beweis für die Echtheit können wir nur erbringen, wenn wir es schaffen, die Scheibe in eine Reihe von Funden einzuordnen, die in einem Bezug dazu stehen. Parallelfunde – Münzen, Tontafeln, Stanzungen, Ritzungen oder Reliefe – irgendetwas, auf denen das verdammte Ding zu sehen ist.« Er zuckte die Schultern. »Segen und Fluch zugleich, dass wir es hier mit einem Unikat zu tun haben.«

      »Aber wenn es überhaupt Abbildungen gibt, so kann es Jahre dauern, sie zu finden. Ich kann keine Wunder vollbringen.«

      »Das ist schade, denn genaugenommen war das der Grund, warum ich Sie eingestellt habe.« Er lehnte sich zurück. »Ihr Ruf im Aufspüren ungewöhnlicher Funde ist Ihnen vorausgeeilt. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass Ihre Anstellung an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. Wenn Sie mir nicht liefern können, was ich von Ihnen erwarte, werden sich unsere Wege wieder trennen.«

      Hannah stand wie vom Donner gerührt.

      »Sie wollen mir das Projekt entziehen?«

      »So leid es mir tut.«

      »Aber …«

      »Frau Dr.Peters, ich verstehe Ihren Unmut, aber Sie müssen sich in meine Lage versetzen. Sie haben gute wissenschaftliche Basisarbeit geleistet, gewiss. Aber das hätte auch jemand anderer vollbringen können. Jemand aus meinem Stab. Das wäre bei weitem billiger gewesen. Ihre Anstellung hat mich einen Haufen Geld gekostet, und dafür möchte ich Resultate sehen.«

      Hannah ballte die Fäuste. Sie konnte vor Wut kaum atmen. Sie hatte so viel herausgefunden, und jetzt wollte Feldmann jemand anderen engagieren, der sich ins gemachte Nest setzte? Jemanden, der von ihrer Forschungsarbeit profitierte und womöglich den ganzen Ruhm für sich erntete? Ausgeschlossen.

      Obwohl sie innerlich kochte, zwang sie sich zur Ruhe. Mit Feldmann einen Streit vom Zaun zu brechen brachte nichts. Er saß am längeren Hebel. Ihr Vertrag lief am ersten Juni aus. Ihr blieben also noch knappe sechs Wochen, um ein kleines Wunder zu vollbringen. Verdammt wenig Zeit. Sollte es ihr nicht gelingen, irgendetwas auszugraben, das ihre Weiterbeschäftigung in seinen Augen rechtfertigte, so würde sie alles verlieren: Die versprochene Prämie und ihr Forschungsauftrag wären dahin. Sie würde die Himmelsscheibe höchstens noch wie ein ganz gewöhnlicher Museumsbesucher hinter Panzerglas zu sehen bekommen.

      Hannah sah Feldmann direkt in die Augen. Wie immer hatte er sein Pokerface aufgelegt. Hannah drehte sich um und schickte sich an, das Büro zu verlassen. An der geöffneten Tür hielt sie noch einmal kurz inne. »Haben Sie schon mal etwas von der Theorie gehört, dass es vielleicht mehr als nur eine Scheibe gegeben haben könnte?«

      Feldmann hob die Augenbrauen. »Was sagen Sie da?«

      »Nicht so wichtig. Nur so ein Gedanke.«

      Sie ließ die Tür hinter sich zufallen.

       [home]

      8

      Ohne sich bei ihren anderen Kollegen zurückzumelden, lief sie die Treppen hinunter und zur Vordertür hinaus. Die Hände in ihren Taschen geballt, überquerte sie den Marktplatz, vorbei an der Universität, immer weiter. Egal wohin, Hauptsache, raus. Die frische Luft half ihr, klare Gedanken zu fassen. Der Regen war mittlerweile in feinen Niesel übergegangen, der ihr Gesicht benetzte und ihre Haare durchdrang. Das schlechte Wetter war wie ein Spiegel ihrer Seele. Konnte Feldmann seine Drohung wirklich wahr machen? Natürlich konnte er. Die Frage war nur: würde er auch? Oder wollte er sie nur antreiben? Bei jemandem wie ihm konnte man nie genau sagen, was er beabsichtigte. Er war in dieser Hinsicht so undurchschaubar wie eine Sphinx. Was sollte sie tun, wenn er sie wirklich auf die Straße setzte? Gewiss, bei ihrer Reputation würde sie schnell einen neuen Job bekommen, aber keinen wie diesen. Die Himmelsscheibe von Nebra war etwas, wovon so ziemlich jeder Archäologe auf der Welt träumte. Sie repräsentierte alles, warum ein Mensch sich jemals mit Archäologie beschäftigt hatte.

      Mit energischen Schritten eilte sie durch die Stadt, immer Richtung Norden. Sie tat dies nicht bewusst, es passierte von ganz allein. Irgendetwas zog sie magisch an. Als sie von der Magdeburger- in die Ludwig-Wucherer-Straße einbog, legte der Regen noch einmal an Heftigkeit zu.

      Nach etwa zwei Kilometern tauchte vor ihr das Gebäude des Landesmuseums auf. Mit seinem quadratischen Grundriss, der an den südlichen Ecken von Rundtürmen flankiert wurde, wirkte es wie eine trutzige Burg. Wieder standen etliche Busse vor dem Haupteingang, Zeichen dafür, dass sich geschichtsinteressierte Reisegruppen und Schulklassen ins warme Innere des Museums geflüchtet hatten. Die Menschen kamen, um den Fund zu besichtigen, nachdem er von seiner langen Reise nach Spanien, Österreich und der Schweiz endlich nach Hause zurückgekehrt war. Der Fund, der Deutschland urplötzlich ins Blickfeld der Archäologie gerückt hatte. Man durfte sich keinen Illusionen hingeben: Die Himmelsscheibe von Nebra war und blieb der Angelpunkt der Ausstellung. Ohne sie war dies nur ein ganz gewöhnliches Museum.

      Patschnass stieg sie die breite Prachttreppe zum Haupteingang empor. Der Pförtner winkte ihr zu.

      »Was für ein Wetter«, sagte er mit einem Blick in den bleigrauen Himmel. »Da möchte man nicht mal seinen Hund vor die Tür scheuchen.« Er blickte auf Hannah, die wie ein begossener Pudel vor ihm stand. »Na, Mädel, du machst ja ein Gesicht, gegen das sich das Wetter wie ein Sommertag ausnimmt.«

      »Nimm’s mir nicht übel, Herbert, aber ich bin gerade nicht zum Plaudern aufgelegt. Ein andermal, in Ordnung?«

      »Ärger mit dem Chef, hm? Ich verstehe. Na denn immer ’rin in die gute Stube.« Er öffnete die Tür. Hannah ließ ein dankbares Lächeln über ihr Gesicht huschen, dann drückte sie sich an der Loge vorbei in den Ausstellungsbereich. Hier war es wenigstens warm. Das Museum war vor kurzem umgebaut worden, eine Maßnahme, die erst durch den überwältigenden Erfolg der Himmelsscheibe möglich geworden war. Dreihunderttausend Besucher, das war eine Zahl, die im Landtag für Aufsehen gesorgt hatte. In Dreierreihen hatten die Zuschauer um den Museumsklotz herum angestanden, um einen Blick auf das rätselhafte Objekt zu werfen. Der Landesregierung von Sachsen-Anhalt, der schlagartig klargeworden war, dass Archäologie nicht zwangsläufig ein Zuschussgeschäft sein musste, hatte etliche Millionen lockergemacht, um dem ältesten frühgeschichtlichen Museum Deutschlands eine

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