Perry Rhodan: Andromeda (Sammelband). Uwe Anton
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»Die Ärztin wird ohnehin wenig Zeit haben«, fügte Rhodan hinzu.
»Danke«, stieß Zim endlich hervor. Er hatte es eilig, die Zentrale zu verlassen, und war Augenblicke später im Antigravschacht verschwunden.
»Musste das wirklich sein?«, fragte die Kommandantin verhalten. »Wir brauchen einen Emotionauten, auf den wir uns in jeder Situation verlassen können, keinen verliebten ...« Offenbar fand sie den richtigen Ausdruck nicht.
»... Gockel«, half Rhodan aus.
Coa Sebastian zog die Stirn kraus, fragte aber nicht nach der Bedeutung dieses Wortes. »... keinen verliebten Piloten, der nur eines im Sinn hat.«
»Kann es sein, dass du Zim unterschätzt?«, wollte Rhodan wissen. »Der Junge hat mein volles Vertrauen.«
»Seine Fähigkeiten zweifle ich nicht an«, erwiderte die Kommandantin. »Wahrscheinlich wird er einer von den ganz großen Emotionauten, über den man noch in Jahrhunderten spricht. Es wäre nur bedauerlich, würde eine Liebesaffäre seine Karriere behindern.«
Rhodan kannte Coa Sebastian nicht anders als fachlich höchst kompetent, in menschlicher Hinsicht aber kühl und zurückhaltend. Das Kommando über die JOURNEE verdankte sie ausschließlich ihrer Befähigung und vielleicht gerade dieser Kühle, die sie in jeder Situation Ruhe bewahren ließ. Von der Besatzung wurde sie als Vorgesetzte respektiert, ins Privatleben aber nicht mit einbezogen.
Rhodan wechselte deshalb abrupt das Thema. »So lange die Zeitbarriere besteht, werden wir keine Unterstützung aus der Milchstraße erhalten. Wir wissen nicht, was uns erwartet, aber die Überfälle der Kastuns müssen schnellstmöglich aufhören. Also bin ich für alles dankbar, was die Besatzung motiviert.«
Das nur von einem wenige hundert Meter hohen Wall umgebene Areal des Raumhafens durchmaß knapp 15 Kilometer, die nächste Stadt befand sich rund 30 Kilometer südlich davon entfernt.
Über Normalfunk waren die örtlichen Behörden informiert worden, wie es an Bord des Frachters aussah und dass Hunderte von Verletzten auf Behandlung warteten. Etliche der Schwerstverletzten waren in ein künstliches Koma versetzt worden und mussten dringend operiert werden. Kurz nach der Landung waren sechs Medogleiter erschienen, doch hätte es einer viel höheren Anzahl von Rettungsfahrzeugen bedurft, um wirkliche Entlastung zu schaffen.
Aller Hangars und Schleusen des Raumfrachters standen mittlerweile offen; das Schiff wurde mit planetarer Atmosphäre geflutet. Noch während des Abtransports der ersten Schwerstverletzten landeten unter der Bodenschleuse des 600 Meter durchmessenden Kugelraumers Lasten-Antigravplattformen. Der Ausbau zerstörter Antriebsaggregate wurde ebenfalls unter Hochdruck betrieben. Doch selbst eine industrialisierte Welt wie Ka-Tygo war nicht darauf vorbereitet, für Hunderte großer Raumer geeignete Landeplätze zur Verfügung zu stellen. Deshalb wurden Reparaturen schnellstmöglich ausgeführt und die betreffenden Raumer in einen stabilen Orbit geschickt, um dem nicht enden wollenden Zustrom neuer Opfer der zerstörungswütigen Kastun-Kriegsschiffe aufnehmen zu können.
Die JOURNEE hatte mehrere Space-Jets als Beiboote an Bord. Perry Rhodan setzte die diskusförmigen Schiffe ein, um die Flüchtlinge aus dem Frachter in ihre neuen Quartiere zu bringen. Gemeinsam mit mehr als der Hälfte seiner Crew beteiligte er sich an der Evakuierung.
Die meisten Tefroder an Bord des Frachters waren am Ende ihrer Kräfte angelangt. Ihnen standen die Strapazen – vor allem die durchlittenen Schrecken und das Entsetzen über den Untergang ihrer Heimatwelt – in die Gesichter geschrieben. Rhodan kannte solch menschliches Leid zur Genüge. Familien waren auseinander gerissen worden und würden nie wieder zueinander finden. Kinder schrien nach ihren Eltern, Mütter und Väter irrten wie in Trance, aber mit der verzweifelten Hoffnung, wenigstens einen Angehörigen zu finden, durch das endlose Labyrinth des Frachters.
Manche wehrten sich dagegen, das Schiff zu verlassen. Für sie war die stickige Enge des Frachters zur letzten Zuflucht geworden, eine Hoffnung, an die sie sich mit letzter Kraft klammerten. Alles jenseits der schützenden Stahlwände setzten sie mit der Kälte des Todes gleich.
Perry Rhodan begleitete die Transportflüge. Die nahe Metropole zählte eineinhalb Millionen Bewohner und verfügte über bestens ausgestattete Kliniken. Jedoch hatten sie nie einen derartigen Ansturm Hilfsbedürftiger bewältigen müssen, wie in diesen Tagen. Während die Medoroboter rund um die Uhr Patienten betreuten und in den Operationssälen Assistenz leisteten, arbeiteten die Mediziner selbst bis zur Erschöpfung. Die Anlagen für Fernoperationen konnten nicht genutzt werden, weil nicht genügend Mediker zur Verfügung standen. Es herrschte Notstand.
Rhodan sah eines der Hospitäler und wusste, dass es nirgends auf Ka-Tygo anders aussah. Überfüllte Zimmer, auf den Korridoren Antigravliegen mit den leichteren Fällen. Wo immer die Aussicht bestand, Gliedmaßen zum Nachwachsen anzuregen, wurde auf langwierige Operationen verzichtet und amputiert. Psycho-Narkose versetzte schwere Fälle in eine Scheinwelt, in der Gegenreaktionen des Körpers so weit wie möglich unterbunden wurden.
Es mochte Zufall sein, dass Rhodan in einem der Klinik-Korridore der jungen tefrodischen Medizinerin begegnete. Er selbst hätte sie nicht einmal bemerkt, denn sie trat hinter ihm aus einem der Operationssäle, doch Raye Corona schloss schnell zu ihm auf. »Perry!«
Als er sich zu ihr umdrehte, fragte sie erwartungsvoll: »Ist Zim auch hier?«
»Ich glaube, er sucht dich noch auf der ILKIN. Momentan herrscht ein heilloses Durcheinander.«
Raye Corona nickte schwach. Der auf ihren linken Handrücken aufgeklebte Bildchip meldete sich mit einem grellen Blinken. Raye wechselte einige Worte mit einem unsichtbar bleibenden Gesprächspartner und hob dann erschöpft die Schultern. »Tut mir Leid, Perry, ich werde zur nächsten Operation gerufen. Falls Zim mich sehen will ...« Den Rest ließ sie offen und hastete weiter.
Rhodans stummes Nicken sah sie schon nicht mehr.
Wenig war von ihrer besonnenen, ruhigen Art geblieben. Ihr gehetzter Blick verriet dem Terraner, unter welchen Druck sie sich setzte. Die derzeitige Situation war aber auch alles andere als normal. Die Völker Andromedas würden sehr viel enger zusammenrücken müssen, als dies bislang der Fall gewesen war, wollten sie der unheimlichen Invasion widerstehen. Immer und zu allen Zeiten hatten Individuen ihr eigenes Wohl hinter das ihres Volkes gestellt.
Rhodan hoffte, dass die Invasoren Ka-Tygo verschonten. Ihr Ziel schien nicht mehr und nicht weniger als die vollständige Unterwerfung Andromedas zu sein.
Seine Gedanken schweiften zurück in die Jahre 2400 bis 2406 alter Zeitrechnung. Der Sprung der solaren Menschheit in die benachbarte Galaxis hatte etwas unglaublich Faszinierendes gehabt und war vom Kontakt mit immer neuen Lebensformen begleitet worden. Rhodan dachte an die gewaltigen Sonnentransmitter, die Andromeda und die Milchstraße miteinander verbunden hatten, an die anfangs erbitterten Auseinandersetzungen mit den Maahks und an herausragende Persönlichkeiten wie den Cheyenne-Indianer Don Redhorse. All das war längst Geschichte und nur der Beginn des wagemutigen Griffs nach den Sternen. Die Erbfeindschaft mit den Methanatmern war längst beigelegt und einer von gegenseitiger Achtung geprägten neuen Qualität gewichen.
Wehmütige Erinnerungen an seine zweite Frau Mory Rhodan-Abro und an die Geburt ihrer Zwillinge Suzan und Michael wurden wach. Er, Rhodan, war bei der Niederkunft mehr als zwei Millionen Lichtjahre entfernt gewesen, weil die Auseinandersetzungen um die Befreiung Andromedas ihren Höhepunkt erreicht hatten. Längst war es zu spät, Mory um Verständnis zu bitten. Vor